Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
Vom Netzwerk:
»sämtliche Allergien aufzählen« sorgte er dagegen für große Heiterkeit: » FRAUEN UND ALKOHOL .« Und als er schließlich den Rest der Ehemaligen begrüßte, die sich vor dem Empfangstresen nach und nach einfanden, war er von so überschäumender Herzlichkeit, dass sich anschließend einige Damen mit windschiefen Hüten und Geldgürteln zwischen die Topfpflanzen zurückzogen.
    »Let’s have a party!«, rief Dad und reichte Tante Glug einen klebrigen Drink. Glug hatte an bizarren Holzfiguren Halt gesucht und schien zum ersten Mal ins Grübeln über dieses Treffen zu kommen.
    Währenddessen applaudierte Mum den Tänzern und bog ihre Hüften mal hier-, mal dorthin. »Asanta sana«, rief sie. »Was für herrliche Stimmen, was für ein schönes Lächeln ihr alle habt.« Angefeuert von meiner Mutter tanzten die Volkstänzer in den Sonnenschein hinaus. Sie schien in akuter Gefahr, sich ihnen anzuschließen. »So«, sagte Dad, der eine Chance sah, der ganzen Peinlichkeit ein Ende zu machen, »jetzt ist es gut, Tub.« Und vor lauter Eifer, ihr zu beweisen, dass vierzig lange Ehejahre ihm nichts von seiner Ritterlichkeit hatten rauben können, schlug er ihr aus Versehen die Tür zum Garten an den Kopf, als er sie für sie aufriss. Mum hielt sich das Auge und torkelte in das rote Blumenrohrgewächs.
    Tante Glug starrte in ihren klebrigen Drink. »Wie sich das Zeug wohl mit Prozac verträgt?«, murmelte sie.
    Außer unserer kleinen Truppe und ein paar amerikanischen Geologen, die in Uganda nach Öl gesucht hatten, waren keine Gäste im Hotel. Und die anderen Hotels entlang der Küste waren kaum besser ausgelastet. Ein paar Strichjungen kämmten die Strände nach betagten Europäerinnen ab, fanden aber nur zwei Interessentinnen: eine italienische Matrone mit einem Teint wie Leder und eine Französin mit arthritischen Knien. Weil weniger Hotelgäste als sonst üblich da waren, zwischen denen man untertauchen konnte, kamen einem die alten Frauen doppelt verzweifelt und die Strichjungen doppelt ausgenutzt vor. »Warum um Himmels willen können die nicht mit einem guten Buch ins Bett gehen wie jeder andere auch?«, fragte Mum und senkte den Blick auf ein Glas kühles Tusker.
    Auch jenseits der Touristenmeile wirkte alles noch wie erstarrt und geschockt von dem Angriff auf das Paradise Hotel. Unser Swahiliführer, Mr. Faraji, machte mit uns einen Rundgang durch Fort Jesus und den Gewürzmarkt und zeigte uns das alte arabische Viertel, aber man hätte glauben können, eine Seuche wäre durch den Ort geschwemmt und hätte das lebendige, pulsierende Gedränge der alten Hafenstadt fortgespült. »Oje«, sagte Mum, »wie still und wie traurig.«
    »Sehr still und sehr traurig«, pflichtete Mr. Faraji ihr bei.
    Und so fingen Mum und Mr. Faraji an, ein Zwei-Personen-Kommando zur Wiederbelebung Mombasas zu bilden. Nichts vermochte ihrer Begeisterung über alles, ihrer Neugier auf alles, ihrer Entschlossenheit, von allem tief beeindruckt zu sein, Abbruch zu tun. Mum kaufte Gewürze und Tücher, Körbe und Schnitzereien, Perlen und Postkarten, während Mr. Faraji mit den Händlern feilschte, um ihr den besten Preis zu sichern. Mum bewunderte jeden Winkel der Stadt, strich mit den Fingern über das Holz alter Türen, scherzte mit den Ladenbesitzern und kaufte jedem, der ihr etwas anbot, Lebensmittel ab. Mr. Faraji bat sie inständig, nicht alles zu essen, was von Straßenhändlern kam.
    »Warum denn nicht?«, sagte sie und schleckte sich die Finger ab.
    Ich versicherte Mr. Faraji, dass Mum eine überzeugte Allesfresserin war. Sie hatte schon plattgefahrene, von der Straße gekratzte Schlangen und Schenkel von wilden Fröschen verspeist. Und einmal hatte sie sogar im landumschlossenen Sambia der sozialistischen Ära den Verzehr eines Krabbencocktails überlebt, und wenn der sie nicht umgebracht hatte, würden die paar amöbenruhrträchtigen Leckereien in Mombasa es erst recht nicht schaffen.
    Während wir durch das alte arabische Viertel schlenderten, wollte Mr. Faraji jedem von uns einen Zweig duftender wilder Targetes unter die Nase halten. Mum schüttelte den Kopf. »Oh nein«, sagte sie. »Ich wäre sehr gekränkt, wenn jemand an meinem Haus vorbeigeht und an Kräutern schnüffelt.« Sie stieg über ein gebrochenes, gluckerndes Rohr. »Und meine Abflüsse stinken mindestens so widerlich wie der hier.«
    An einem Nachmittag nahm Mr. Faraji uns mit zu einem Strand in der Nähe des Hafens. Es handelte sich um das Gelände eines ehemaligen

Weitere Kostenlose Bücher