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Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
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stirnrunzelnd.
    »Ja«, sage ich.
    »Ich vermute, du wirst das in einem von deinen grässlichen Büchern schreiben«, sagt Mum.
    »Und?«, lasse ich nicht locker.
    »Na ja, kann schon sein«, räumt Mum widerwillig ein. »Doch, es gab da ein paar kleine Probleme, und deshalb wollten die Mädchen alle nicht mit ihm ausgehen, und das hat dann zu größeren Problemen geführt.«
    »Nämlich?«, frage ich.
    Mums Blick durchbohrt mich. »Na, zu größeren Problemen eben«, antwortet sie ominös.
    Mum war fast sechzehn, als der Mau-Mau-Aufstand im Januar 1960 endgültig niedergeschlagen war. Weniger als hundert Europäer waren ums Leben gekommen. Offiziellen britischen Quellen zufolge sollen britisches Militär und Mau-Mau-Rebellen über elftausend schwarze Kenianer getötet haben, aber in einem Artikel in der Zeitschrift African Affairs aus dem Jahr 2007 schätzt der Demograph John Blacker die Gesamtzahl der toten Schwarzkenianer auf fünfzigtausend, die Hälfte davon Kinder unter zehn Jahren. Der Aufstand war niedergeschlagen, aber Meldungen von Gräueltaten britischer Soldaten und weißer Siedler machten Schlagzeilen in Großbritannien, und die Briten verloren die Lust an ihrer Kolonie. »Die Unabhängigkeit war nicht mehr aufzuhalten«, sagt Mum.
    Als Vorbereitung auf die Selbstverwaltung Kenias drängten die afrikanischen Führer auf die Rücksiedlung der während des Aufstands in den Arbeits- und Konzentrationslagern inhaftierten Kikuyu. Im Juli 1960 erschien eine Delegation der Regierung auf der Farm der Huntingfords und bat meine Großeltern, eine Kikuyu-Familie aufzunehmen. Mein Großvater ließ den Blick über seine kleine Farm mit dem frisch gepflanzten Windschutz und den zu Feldern gepflügten Hügeln schweifen und sagte: »Warum eigentlich nicht?«
    Und so baute die Familie Njoge sich ihre neue Heimstatt windwärts von Martin Angletons kleiner strohgedeckter Hütte. Martin ging dem Wind nach und hieß sie auf der Farm willkommen. »Und bald darauf fingen die Leute im Club an, meinen Vater zu hänseln, und wollten wissen, ob er das Aufgebot schon bestellt habe.« Mum zwinkert mir zu, als hätte sich das Sensationelle dieses Moments noch kein bisschen abgenutzt. »Es stellte sich heraus, dass Martin sich kurzerhand mit Mary Ngoje verlobt hatte.« Mum kneift die Augen zusammen. »Tja, die Hochzeit ging problemlos über die Bühne. Jeder brachte ein Stück Fisch oder was auch immer mit. So war es – das neue Kenia.« Und nach einer Pause: »Also, sag, was du willst, wir waren fortschrittlich.« Sie sucht nach dem anderen Wort. »Ja«, sagt sie schließlich, »richtig egalitär waren wir.«
    1961 – in dem Jahr, in dem sie siebzehn wurde – beschloss man, dass mit Mum etwas geschehen müsse. »Meine Eltern wollten, dass ich etwas Nützliches lerne, und solange ich in Kenia war, wurde da nichts draus.« Sie schickten sie auf Mrs. Hoster’s Kolleg für junge Damen in London und quartierten sie in einem Frauenwohnheim in Queensgate ein. »Ich werde das nie vergessen – sobald man die Tür öffnete, stank es entsetzlich nach verkochtem Kohl«, sagte Mum. »Später müssen sie das alles mit Dunstabzugshauben in die Ozonschicht hinausgeblasen haben, denn heute ist es ja nicht mehr ganz so schlimm, aber damals hat ganz England nach verkochtem Kohl gestunken.«
    Mrs. Hoster’s Kolleg für junge Damen war ein hochangesehenes Institut gegenüber dem National History Museum in South Kensington, »geleitet von einem Haufen gruselig madamiger Lesben. Auch wenn sie ein paar wirklich vornehme Schülerinnen hatten.« Sie schließt die Augen und zählt sie an zwei Fingern ab. »Prinz Philips Assistentin ist dort gewesen – aus Liebe zur Noblesse. Und die Schwester des Dalai Lama – aus Liebe zur Sache.«
    Jeden Vormittag setzte man die Schülerinnen in Mrs. Hoster’s Kolleg für junge Damen hinter Remington-Schreibmaschinen. »So an die zwei Tonnen Stahl, und dann haben sie Schallplatten mit Marschmusik aufgelegt, und wir mussten zum Rhythmus der Coldstream Band tippen. Klickedi-klack, klickedi-klack.« Dann gibt Mum eine Kostprobe ihres eigenen Tempos: »Ich dagegen – ping, Pause – ping, Pause – ping, Pause. So kam es aus meiner Ecke.« Und nachmittags Stenographie. »Tja, hinterher konnte ich selber nicht mehr lesen, was ich geschrieben hatte – es sah aus wie die Krakeleien einer Wahnsinnigen.«
    Mum seufzt. »Ich brauchte länger als alle anderen für den Kurs, weil ich nicht die mindeste Lust hatte, Sekretärin

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