Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
tobte durch die Welt, und nichts konnte ihr widerstehen, weder Gesetz noch Gewohnheit oder Vernunft. Bäume und Laub hatten schrecklichen, verrückten Pflanzengewächsen Platz gemacht, deren Form keinen Sinn ergab, und zwischen ihnen bewegten sich Wesen, die aussahen wie lebendige Krebsgeschwüre, geschwollen und eitrig. Es gab dunkle Formen, so groß wie Häuser, die durch den verwandelten Wald auf die Burg zusprangen, um sie abzureißen und ihre Steine unter ihren Füßen zu zertreten, und Dämonen, Dämonen überall.
Dann, inmitten der Vision der zukünftigen Dinge, keuchte Tiffany, als sie sich selbst sah. Sie sah ihren Körper, der auf einen gewundenen Ast aufgespießt war; das Ende des Astes platzte aus ihrem weit geöffneten Mund und die Rinde war glitschig von ihrem Blut. Sie lebte noch, mit offenen Augen und für immer leidend …
Hinter ihr öffnete sich die Tür, sie wirbelte herum, und die Angst in ihr brach in einem Schrei aus ihr heraus, den sie nicht zurückhalten konnte. Dann sah sie, dass es Chance war, und die letzten Spuren der Sicht schwanden. Sie warf sich in seine Arme und hielt sich zitternd an ihm fest, während sie die Tränen mit Mühe unterdrückte. Chance hielt sie verwundert fest und tat sein Bestes, beruhigende, tröstende Geräusche von sich zu geben.
Langsam beruhigte sie sich und bekam sich mit reiner Willenskraft wieder unter Kontrolle. Sie hielt sich etwas länger an Chance fast, als nötig gewesen wäre. Sie fühlte sich zum ersten Mal, seit sie in die Waldburg gekommen war , sicher. Aber dennoch brachte sie sich schließlich dazu, ihn sanft wegzuschieben, und er ließ sie sofort los.
„Was hast du? Was ist passiert? Hast du etwas gesehen?“
„Ja. Eine Vision der Zukunft. Oder dessen, was die Zukunft sein könnte.“
„Eine so schreckliche Vision, dass sie dich zum Schreien gebracht hat? Was hast du gesehen?“
Tiffany schüttelte entschlossen den Kopf. „Sie war nicht sicher. Die Zukunft verändert sich ständig. Es war mehr eine Warnung, eine Vorhersage, was geschehen könnte, wenn wir es nicht verhindern.“
„Was können wir denn tun?“
„Ich weiß nicht.“
„Mach dir keine Sorgen“, sagte Chance entschlossen. „Ich lasse nicht zu, dass dir etwas geschieht. Niemals.“
Tiffany lächelte ihn an und wünschte, sie könne ihm glauben.
Falk und Fischer frühstückten gemeinsam in Ruperts alten Gemächern. Fischer begann den Tag wie immer mit zwanzig Minuten harter Leibesübungen, gefolgt von einem kräftigen Mahl. Speck, Eier, Würstchen und ein Krug des guten, starken Kaffees aus dem Süden. Es gab sogar Röstbrot zu den Spiegeleiern. Perfekt. Fischer kämpfte sich mit gesunde m Appetit durch alles hindurch und gab während des Kauens glückliche, zufriedene Geräusche von sich. Fischer glaubte daran, den Tag frisch in Angriff zu nehmen, mit offenen Augen und aufmerksam auf alles, was der Morgen bringen mochte. Vorzugsweise etwas, das sie schlagen konnte. Sie war bereits angezogen, und ihr Schwertgurt lag griffbereit.
Falk hingegen trug noch seinen Morgenmantel. Er saß ihr zusammengesunken gegenüber und versuchte, ausreichend Energie für ein Kratzen zu sammeln. Er hatte sich nicht rasiert, und sein Haar stand in alle Richtungen ab. Falk war ein Morgenmuffel. Er sah düster zu, wie Fischer ihr Essen verschlang, und seine Miene zeigte kaum verborgenes Entsetzen. Falk frühstückte eine Schüssel voll Kleiemüsli und ein kleines Glas Fruchtsaft; alles, was sein Körper so früh am Morgen ertragen konnte. Fischer redete fröhlich über das, was sie an diesem Tag vorhatten, und Falk antwortete mit Grunzen und ab und zu einem leisen Stöhnen. Falk wachte meist erst auf, wenn er etwa eine Stunde außerhalb seines Bettes verbracht hatte. Darum hatten sie immer ihr Bestes getan, die Morgenschicht in Haven zu meiden. So früh am Morgen konnte man direkt vor Falk eine Bank ausrauben, ihm mit einer Keule eins überziehen und seine Hose anzünden, ohne dass er es merkte.
In Haven hatte Fischer Falk meist unter die Dusche geschubst, das Wasser angestellt und ihm dann Gesellschaft geleistet. Das half für gewöhnlich. Allerdings beinhalteten die Wasserleitungen in der Burg anscheinend noch keine Duschen, was der Grund sein könnte, warum Falk noch immer in entschieden grummeliger Stimmung war, als er und Fischer etwas später aufbrachen, um für heute mit den Befragungen zu beginnen. Falk war angezogen, rasiert und wach und sah aus, als ob er jeden Teil davon
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