Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
Höfling bis zum niedrigsten Diener wollte niemand in Falks und Fischers Nähe sein. Sie senkten die Stimmen, drehten die Köpfe weg und gingen in verschiedene Richtungen davon, und sobald sie glaubten, in sicherer Entfernung zu sein, unterhielten sie sich angeregt, aber leise miteinander.
„Ich habe mich schon gefragt, wann du es merken würdest“, sagte Fischer.
„Sie haben Angst vor uns“, sagte Falk. „Warum? Schön, wir haben gestern einen eindrucksvollen Auftritt hingelegt, aber nur die Schuldigen müssen uns fürchten. Wir sind hier, um die Unschuldigen zu schützen. Sie sollten uns nicht fürchten.“
„Jeder ist an irgendetwas schuld“, sagte Fischer.
Falk dachte ein Weilchen darüber nach. „Auch wir?“, fragte er schließlich.
Die Krypta der Waldkönige lag tief unter dem Felsgestein, auf dem die Waldburg erbaut war. In ihre staubige Umarmung zu treten war wie ein Spaziergang zurück in die Vergangenheit, auf dem man das Erbe und das Blutrecht, aus dem Prinz Rupert entsprungen war, wieder entdeckte. Die riesengroße Halle dehnte sich vor dem Mann, der jetzt als Falk bekannt war, aus; ihre immense Länge wurde von magischen blauen Flammen an den Wänden beleuchtet, die niemals flackerten oder dunkler wurden, solange die Waldlinie überlebte. Als er im Rahmen der einzigen Tür stand, war das Erste, was Falk bemerkte, die Stille. Es war wie auf dem Meeresgrund. Es gab hier keine Geräusche bis auf jene, welche die Lebenden mitbrachten. Der riesigen Ausdehnung der Halle mit dem Blick zu folgen, war fast schwindelerregend, so als würde man über eine steil abfallende Klippe hinab sehen. Die bloße Größe der Gruft hatte ursprünglich vielleicht beeindruckend wirken sollen, aber jetzt, vierzehn Generationen später, erwies sie sich einfach als praktisch. In ordentlichen Reihen lagen die toten Könige und ihre Familien in ihren kalten Steinbetten, die sich bis in die Ferne erstreckten, gegen Zeit und Verfall, aber nicht gegen die Vergesslichkeit untreuer Nachkommen geschützt.
Als man Prinz Rupert als kleines Kind hier heruntergebracht hatte, um seine Mutter zur Ruhe zu betten, hatte er lange Zeit danach gedacht, dass das hier das wirkliche Leben nach dem Tod war, wohin man ging, wenn man tot war; ein Ort mit kaltem, blauem Licht und endloser Grabesstille. Er glaubte, wenn jeder gegangen war, würden sich die Toten aus ihren marmornen Särgen erheben und sich in der endlosen Halle leise miteinander unterhalten. Er hatte jahrelang Alpträume gehabt. Jetzt fand er die Krypta seltsam tröstlich. Ein Ort des Friedens, wo niemand mehr etwas von einem verlangte. Er war wieder hier, nachdem er Jahrzehnte weggewesen war, und es schien ihm ein guter Ort, um die Ewigkeit umgeben von seiner Familie zu verschlafen.
„Verdammt“, sagte Fischer flüsternd. „Die ist ja riesengroß. Im Hügelland haben wir nichts Vergleichbares. Aber schließlich gibt es uns auch noch nicht so lange. Ich wette, man könnte Stunden damit verbringen, sich nur die Namen anzuschauen. Wie viele Verwandte von dir sind hier unten?“
„Ich glaube, das weiß niemand“, sagte Falk. „Einst wäre das hier Teil des Rundganges des Seneschalls gewesen. Er oder seine Leute hätten aufgeschrieben, wo und wer jeder war und was sie Wichtiges getan hatten, und jemand wäre dafür verantwortlich gewesen, frische Blumen hinzustellen und die alten wegzuräumen. Aber ich schätze, hier unten wurde es einfach zu voll. Zu viele Grabstätten, zu viel Arbeit, bis einer meiner Vorfahren entschieden hat, dass so viel Zeit besser mit dem Dienst an den Lebenden genutzt werden sollte. Außer zu Beerdigungen kommt niemand mehr hier herunter, und niemand bleibt hier länger außer denen, die müssen.“
„Die Halle scheint ewig weiterzugehen“, sagte Fischer. „Ich kann das Ende von hier nicht erkennen. Wie finden wir Haralds Grabstätte?“
„Der Spürer des Seneschalls sollte uns geradewegs hinbringen“, sagte Falk. „Als Neuankömmling sollte er nicht allzu weit von der Tür entfernt liegen.“
Sie folgten dem hüpfenden Licht den breiten Mittelgang der Halle entlang und kamen an unzähligen leeren Marmorplatten vorbei, die auf die Toten des Waldes warteten, die noch kommen würden. Es war unerträglich lautlos, und das einzige Geräusch war das gedämpfte Klatschen ihrer Stiefel auf dem Steinboden. Es war ein sehr leises Geräusch an einem so großen Ort. Das magische Licht um sie herum flackerte nie und spiegelte sich fahl in der
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