Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
dass er beinahe die Kontrolle verloren hatte, und bewegte sich vorsichtig vorwärts, die leere Hand vor sich ausgestreckt. Er hatte eine Schachtel Streichhölzer dabei, aber eines anzuzünden hätte bedeutet, die Axt wegzulegen, wenn auch nur für einen Moment, und noch war ihm nicht wirklich danach, das zu tun. Außerdem, wer wusste schon, was Licht in so einer Finsternis anziehen mochte?
Dann gab es in einiger Entfernung ein Licht, direkt vor ihm. Ein helles Glühen entstand, unheimlich und unnatürlich, und aus dem wachsenden Licht trat ein Gesicht aus Falks Vergangenheit, als er einen anderen Namen und eine andere Legende gehabt hatte. Aus dem hellen Licht kam ein toter Mann geschritten, König John der Vierte, einst Herrscher über das Waldkönigreich, einst Falks Vater, als er noch Prinz Rupert gewesen war. Der König sah aus wie in den letzten Momenten vor der letzten großen Schlacht, um die Waldburg gegen die vormarschierende Dämonenarmee zu verteidigen. Er war voll gerüstet, der Brustpanzer mit eingeätzten Schutzrunen verziert, und in der Hand trug er das große, fürchterliche Schwert Felsbrecher, eine der alten und mächtigen Höllenklingen. Wenn Felsbrecher sprach, erzitterte die Welt. Das Haar des Königs war grau, und sein Gesicht war gezeichnet von Alter, Schmerz und Verlust, aber er hielt sich immer noch gut und stand aufrecht und stolz und zutiefst königlich da. Falk hatte es immer schlimm gefunden, dass sein Vater erst am Ende seines Lebens wirklich gelernt hatte, ein König zu sein. Er hielt stand, als sein Vater sich ihm näherte und schließlich vor ihm stehenblieb. John betrachtete seinen Sohn von oben bis unten, und sein Blick war unverhohlen verächtlich.
„Ich weiß, wer du bist“, sagte König John.
„Natürlich“, sagte Falk. „Ich schätze, den Toten bleibt wenig verborgen. Was tust du hier?“
„Deine Schande hat mich aus dem Grab erweckt“, sagte John brüsk. „Du hast mich enttäuscht. Du hast mich im Stich gelassen, du hast Harald im Stich gelassen, und du hast deine Pflicht dem Land gegenüber nicht wahrgenommen. Ich habe dich auf diese Welt gebracht, also liegt es in meiner Verantwortung, dich wieder daraus zu entfernen.“
Er sprang vor, schwang Felsbrecher mit beiden Händen, und Falk riss im letzten Augenblick die Axt hoch, um den Schlag abzublocken. Sie umkreisten einander langsam.
Fischer war auch eine Weile in der Dunkelheit verloren, bevor sie die Angst und Panik auf dieselbe Weise beiseiteschob wie Falk. Auch sie sah, wie sich das helle Licht bildete und ein bekanntes Gesicht herauskam und auf sie zuging. Sie nahm Kampfhaltung ein, das Schwert ausgestreckt, und Prinz Harald blieb in höflichem Abstand zu ihr stehen. Er sah genauso aus wie in ihrer Erinnerung: groß, athletisch, klassisch gutaussehend. Er war in eine runenverzierte Rüstung gekleidet und trug in der Hand die Höllenklinge, die als Blendflamm bekannt war. Wenn dieses schreckliche Schwert sprach, dann brannte die Welt. Harald betrachtete sie langsam, sein Gesichtsausdruck war kalt und gefühllos.
„Was tust du hier?“, fragte Fischer beinahe wütend. „Ich war an deinem Grab. Habe deine Nachricht gehört. Ich werde deinen Mörder finden.“
„Du solltest nicht hier sein“, sagte Harald, und seine Stimme war nicht viel lauter als ein Flüstern. „Dein Wissensdurst und dein unbefugtes Betreten haben dich an einen Ort gebracht, wo die Toten wandeln. Hier kann man alte Kränkungen rächen und alte Schmerzen lindern. Wenn du in der Burg geblieben wärst, Julia – wenn du bei mir geblieben wärst und mich geliebt hättest, wäre ich noch am Leben. Ich hätte dir nie trauen sollen.“
Dann griff er an, und die lange, todbringende Schneide der Höllenklinge beschrieb einen weiten Halbkreis. Fischer fing sie mit ihrem eigenen Schwert ab, und in der Finsternis sprühten Funken, als sie den Schlag abwehrte. Die beiden Schwerter schlugen immer wieder aufeinander, während Fischer und Harald einander umkreisten und Angriffe starteten, die auf keiner Seite Gnade enthielten. Die ganze Zeit dachte Fischer: „Das kann nicht Harald sein. Das würde er nicht tun. Was noch wichtiger ist, Harald hat mir nie vertraut. Er hat in seinem ganzen Leben niemandem vertraut. Da die Höllenklinge mein gewöhnliches Schwert längst zerbrochen hätte, ist das hier nicht Harald.“
Sie trat zurück, ohne ihre Deckung zu vernachlässigen, aber nicht willens, den Kampf fortzusetzen, ehe sie nicht sicher war, gegen
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