Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
verspreche ich dir. Es sei denn, du bittest mich darum.«
Anna schnappte nach Luft. Wie bitte?
»Für den Rest«, fuhr Alexander fort, »entschuldige ich mich nicht. Es ist zu gefährlich für dich. Wenigstens bist du endlich ehrlich zu dir selbst.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und seine Augen wurden weich. Sanft umfasste er ihr Kinn und hob ihr Gesicht. »Und doch hast du unrecht. Mich verlierst du nicht. Es sei denn, ich zähle nicht zu den Menschen, die dir etwas bedeuten.«
Was zum Teufel sollte sie darauf antworten? Sie öffnete den Mund, als Alexander ihr wiederum zuvorkam.
»Lass uns das Kriegsbeil begraben, Anna. Wenigstens, bis wir wohlbehalten drüben angekommen sind. Wenn du mich dann nicht mehr wiedersehen möchtest, werde ich aus deinem Leben verschwinden. Auch das verspreche ich dir.«
Er trat einen Schritt zurück, sah ihr tief in die Augen und die passende Antwort, die sie eben noch parat hatte, war ihr entfallen.
»Was den Platz in meinem Herzen angeht, Anna Peters, da kannst du dich anstrengen, wie du willst. Dort entkommst du mir nicht.«
Es kam nicht oft vor, doch für einige Sekunden verschlug es ihr die Sprache. Anna verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn von oben bis unten. Die schwarzen Haare fielen ihm über die Augen, die jetzt wieder übermütig zu funkeln schienen.
»Das werden wir ja sehen, Alex.« Sie strich ihm die Haare aus der Stirn. »Bis wir drüben sind.«
Seine Mundwinkel zuckten, als er ihre Hand ergriff. »Bis wir drüben sind, Anna.«
Kapitel 18
Aufbrechen
I mmer wieder suchte Anna das dichte Unterholz nach den leuchtenden Augen des Fenris ab. Bislang waren sie problemlos vorangekommen. Boris schritt erhobenen Hauptes voran, neben ihm ein mindestens ebenso großer, kahlköpfiger Riese. Schnellen Schrittes marschierten die beiden Krieger Seite an Seite, an ihren Gürteln hingen riesige Schwerter. Zudem hatten sie Pfeil und Bogen geschultert und erhellten mit ihren Fackeln den Weg. Das schwache Licht hüpfte bei jedem Schritt leicht auf und ab. Erin lief an Annas Seite, gefolgt von Noah, Edmund und Alexander. Drei weitere Krieger bildeten die Nachhut.
»Jeder kann die Fackeln sehen, Erin.«
Nicht zum ersten Mal beschwerte sich Anna flüsternd bei ihrer Freundin und stets erhielt sie die gleiche Antwort.
»Wir brauchen Feuer, um den Fenris abzuwehren.«
Wieder jagte Annas Blick suchend ins Unterholz. Musste sie ihr Weg ausgerechnet wieder durch einen Wald führen? Doch der dichte Baumwuchs erstreckte sich angeblich bis zum Ufer des Sappirus Sees. Erin folgte Annas Blick und griff nach ihrer Hand.
»Er wird uns nicht angreifen, Anna. Wir sind zu viele. Die Krieger meines Vaters würden ihn spielend vertreiben. Er zieht wehrlose Opfer vor. Hab keine Angst.«
Erin hatte gut reden. Wenn sie ehrlich war, hatte sich die Grenze zwischen Angst und Panik bereits beim Aufbruch aufgelöst. Bridget zauberte auf die Schnelle noch ein wahres Festessen und gemeinsam speisten, tranken und redeten sie. Doch so viele Fragen blieben unbeantwortet. Es war zum Verzweifeln. Sie wusste, dass die beiden Geschwister gemeinsam mit den Kriegern zurückkehren würden, während Edmund sie durch die Passage begleiten sollte. Oskar war bei Nico geblieben. Alexanders zottliger Freund bedeutete ein unüberschaubares Risiko, das sie nicht eingehen konnten. Außerdem war es ein Abschied auf Zeit. Alexander würde, wenn der Rest der neunzig Tage verstrichen war, nach Silvanubis zurückkehren. Anna seufzte. Wenn alles gut ging, würde sie heute Abend in ihrem eigenen Bett hinter dem Laden einschlafen. Theoretisch hatte sie alles verstanden. Wie sie die Passage finden wollten, wo sie wieder hinauskamen. Sie kannte die Stelle genau. Der Mondsee, so hieß sein Zwilling in der alten Welt, lag am anderen Ende der Stadt. Ein friedliches Fleckchen, von Krieg und Bomben unversehrt. Wie sie sicher durch die Passage gelangen würden, blieb ihr allerdings ein Rätsel. An all die möglichen Hindernisse, Gefahren und Schwierigkeiten wollte sie lieber nicht denken, von dem scheußlichen Nebel ganz zu schweigen.
Der Abschied von Richard und Bridget gestaltete sich mehr als flüchtig. Sie umarmten sich kurz und Bridget hatte sie mit einem hastigen »Bis bald« geradezu zur Tür hinausgeschubst. Es war das erste Mal, dass Anna die Fröhlichkeit ihrer tatkräftigen, mütterlichen Freundin aufgesetzt erschien. Entschieden schob sie den Gedanken beiseite. Heute Abend würde sie
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