Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
»Wie schwer ist es, eine Passage in der Nacht zu durchschreiten?«
Edmund zog die Brauen hoch. »Ich weiß es nicht, aber mit Alexander und Anna zusammen …« Er schüttelte den Kopf. »Keine gute Idee. Wir können die Nacht jedoch ausnutzen und die Passage bei Tagesanbruch erreichen. Gib uns eine Handvoll Krieger mit, Richard, die den Passageneingang sichern, dann könnte es klappen.«
Anna ermahnte sich, das Atmen nicht zu vergessen. Nachts? Durch den Wald? Nein, danke.
»Du sagtest, es gibt eine Passage, die nicht jeder kennt. Wie weit ist es bis dorthin?«, hörte sie Richard fragen.
Edmund holte tief Luft. »Es gibt eine, die ist nicht einmal weit von hier entfernt.«
Richard runzelte die Stirn. »Wo?«
Edmund vermied es, Anna direkt anzusehen. »Am See. Um genauer zu sein, im See.«
Anna stöhnte auf. Das war ein Witz. Im Wasser? Ohne sie. Das kam nicht infrage.
»Und du bist sicher, dort existiert eine Passage?« Selbst Richard schien nicht ganz überzeugt zu sein.
Edmund nickte matt. »Ich habe sie schon einmal benutzt. Sie ist offen, glaub mir.« Er drehte sich zu Anna um. »Keine Sorge. Du musst nicht schwimmen. Es geht nur ein kleines Stückchen ins Wasser hinein. Die Passage beginnt bereits am Ufer und weiter als knietief musst du nicht durch den See waten.«
Na, das waren doch mal gute Neuigkeiten, nur ein Stückchen ins Wasser. Anna verdrehte die Augen. Ob Edmund erwartete, dass sie jetzt erleichtert lächelte?
»Also gut. Bis zum See dauert es höchstens vier Stunden.« Richard sah Edmund aufmerksam an. »Ihr werdet auf die Pferde verzichten. Zu Fuß seid ihr unauffälliger. Noah und Erin, ihr begleitet die drei. Außerdem stelle ich euch eine Handvoll meiner besten Krieger zur Verfügung. Die Gruppe darf nicht zu groß sein. Boris, warte!«
Damit war er zur Tür hinaus. Zu Fuß, im Dunkeln, zum See … Ob der Fenris schon auf sie wartete?
»Es wird jedes Mal ein wenig leichter, Anna.« Edmund stand neben ihr und betrachtete sie mit verschränkten Armen. »Glaube mir, selbst wenn du die Passage noch nicht allein durchschreiten kannst, so wird dir der Nebel dieses Mal nicht ganz so stark zu schaffen machen.«
Anna erschrak. Der Nebel. Sie hatte Tage, Wochen gebraucht, um buchstäblich wieder auf die Beine zu kommen. Sollte sie es schaffen und tatsächlich unversehrt die Passage hinter sich lassen, würde es eine Weile dauern, bis sie sich erholt hatte. Anna schwieg eine Weile und rang mit sich. »Vielleicht ist es doch besser, wenn wir uns verstecken.«
Sie fühlte eine Hand auf ihrer Schulter. »Kyra wird nicht eher aufgeben, bis sie einen von uns hat. Du bist hier nicht mehr sicher. Warum glaubst du mir nicht endlich?«
Anna wirbelte herum und stieß den Stuhl um, als sie aufsprang. Alexander hatte recht, verdammt! Ihr gefiel es hier. Sie hatte eine Familie gefunden, die sie in ihr Herz geschlossen hatte. Man mochte sie so, wie sie war, mit allen Ecken und Kanten. Sie fühlte sich mehr zu Hause als irgendwo anders. Und jetzt wollte man sie fortschicken. Und dann Alexander! Er brachte sie völlig durcheinander. Noch nie hatte sie für jemanden so viele widersprüchliche Gefühle auf einmal empfunden. Irgendwie war es ihm gelungen, sich in ihr Herz zu schmuggeln. »Ich glaube dir, Alex. Ja, es gefällt mir. Ja, ich würde liebend gern hierbleiben. Ja, verdammt, ich bin es leid, die zu verlieren, die mir etwas bedeuten. Bist du jetzt zufrieden?« In ihren Augen brannten Tränen. »Aber ich entscheide über mein Leben. Immer nimmt mir jemand die Entscheidung ab. Du verstehst das nicht!« Ihre Stimme kippte, sie senkte den Kopf.
»Würdet ihr mich bitte einen Moment mit Anna allein lassen?« Er bemühte sich sichtlich, so ruhig wie möglich zu sprechen.
Noah seufzte und zog die anderen mit sich hinaus. »Lasst euch Zeit und regelt, was immer zwischen euch steht, bevor wir aufbrechen. Es wird so schon schwierig genug.«
Die Tür fiel leise in Schloss, als sich Alexander langsam zu Anna umdrehte. »Zumindest kannst du mir nicht davonlaufen.«
Ihr Kopf fuhr herum.
»Ich möchte mich entschuldigen, Anna.«
Sie blinzelte.
»Ich möchte mich entschuldigen«, wiederholte er. »Es tut mir leid, dass meine Gefühle mit mir durchgegangen sind. Ich bitte dich um Verzeihung dafür, dass ich dich nicht gerade sanft davon überzeugt habe, mir zuzuhören. Auch für …« Nun kam er doch ins Stocken, freute sie sich. »… für den Kuss entschuldige ich mich. Es wird nicht wieder vorkommen, das
Weitere Kostenlose Bücher