Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
Er packte sein Schwert und baute sich vor den Zwergen auf. Wortlos legten die zwei Gestalten Pfeile und Schwerter vor ihm auf den Boden. Ein knappes Nicken genügte und Boris band den beiden die Arme auf den Rücken. Noah betrachtete die Gefangenen kühl, ließ sie nicht einen Moment aus den Augen. Anna runzelte die Stirn, von wegen gefährlich. Dass sich Noah nicht dumm vorkam.
»Ich höre«, tönte sein tiefer Bass, ruhig und bedrohlich. Einer der beiden räusperte sich und Anna reckte ihren Hals, um besser sehen zu können.
»Sei gegrüßt, Noah.«
Anna stutzte und seufzte tief. Hier kannte wirklich jeder jeden.
»Was soll der unfreundliche Empfang? Du weißt doch genau, dass wir uns hier im Wald aufhalten.«
Noah hob eine Braue und musterte den Zwerg abschätzig. Anna hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Klein, alt, gebückt, mit langem Bart und Zipfelmütze vielleicht. Diese beiden Männer allerdings hatten mit ihrer Vorstellung nichts als die Größe gemein. Sie waren sicherlich nicht größer als ein Meter, doch weder alt noch liefen sie gebückt, hatten keine langen Bärte oder trugen Zipfelmützen. Wie viele andere hier kleideten sie sich in unverwüstliche Lederhosen und baumwollene Oberteile. Und obwohl die Männer klein waren, wirkten sie wohl proportioniert, muskulös und kräftig. Sie waren recht jung und wirklich nicht abstoßend oder gar hässlich, im Gegenteil. Außerdem schienen sie nicht die Spur von Angst vor Noah zu haben, der offensichtlich nicht vorhatte, sein Schwert zur Seite zu legen.
»Natürlich weiß ich, dass ich euch Gesindel hier finden würde, Arved. Fast bin ich enttäuscht, dass ich nicht direkt am Waldrand über euch gestolpert bin.«
Er hob langsam sein Schwert und setzte es dem Zwerg an den Hals. Ein Schweißtropfen löste sich von dessen Stirn und lief ihm in die Augen. Der kleine Mann blinzelte.
»Und jetzt noch einmal, Arved, ich höre.«
Der Gefangene schluckte und Anna hielt die Luft an. So kannte sie Noah gar nicht. Was war nur mit dem friedfertigen, gutmütigen Rotschopf los? Konnte es sein, dass sie die Zwerge tatsächlich unterschätzte?
»Wirklich?« Arved schluckte nochmals. Anna war beeindruckt. Sollte er tatsächlich Angst haben, so gelang es ihm spielend, das zu verbergen. »Was möchtest du denn wissen, Noah? Dass Kyra uns beauftragt hat, die Passagen im Auge zu behalten? Damit musstest selbst du rechnen. Und dass euer Auftauchen hier im Wald nicht unbemerkt bleiben würde, ebenfalls.«
Noah riss den Zwerg unsanft auf die Füße. »Ist sie hier?«
Arved lächelte, doch hinter den freundlichen Augen glommen Kälte und Berechnung. Anna fröstelte. Das Hämmern ihres Herzens dröhnte in ihren Ohren.
»Was glaubst du denn, Noah?«
Plötzlich verlor der sonst so besonnene Najade seine Beherrschung. Noahs Schwert fiel zu Boden und seine Faust landete in Arveds Magen. Dieser ging mit einem überraschten Stöhnen in die Knie, doch Noah hatte ihn bereits wieder hochgerissen, vergeblich bemüht, seine Faust zu lösen.
»Du glaubst doch nicht im Ernst«, keuchte der blonde Zwerg, »dass ich dir das verrate, mein Freund. Schlag mich ruhig, solange du willst, Noah, niemals werde ich den Zorn der Magierin auf mich ziehen. Doch sie würde sich sicherlich fürchterlich freuen, dich wiederzusehen.«
Erin legte ihre schmale Hand auf Noahs massige Schulter. »Lass dich nicht provozieren, Bruder.« Sie war an seine Seite getreten, hatte sein Schwert aufgehoben und es ihm zurückgegeben.
Die Geschwister schienen die Rollen getauscht zu haben. Die impulsive Schwester hatte für einen Moment die Position ihres besonnenen Bruders übernommen. »Wir lassen sie hier in Boris’ Obhut und sammeln sie gemeinsam mit Julius auf dem Rückweg wieder ein. Wer weiß, vielleicht können wir sie ja zu Hause überreden, uns zu verraten, wo sich die Magierin befindet.«
Boris zog einen schmalen Dolch aus seinem Ärmel, ließ sich zwischen den Zwergen auf dem Boden nieder und blitzte Arved drohend an.
»Auf jeden Fall müssen wir uns beeilen.« Erin schnitt eine finstere Grimasse. »In weniger als einer Stunde sollten wir die Passage erreicht haben. Und mit etwas Glück können wir Anna, Alex und Ed so viel Rückendeckung geben, dass sie sie unversehrt betreten können. Sind sie erst fort, dann wird auch Kyra verschwinden.«
Kapitel 19
Sappirus
E s dämmerte, der blassblaue Himmel schmiegte sich sanft an das dunkle Wasser des Sees. Hier war der Wald zu Ende. Edmund
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