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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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rotgesichtigen Herrn und seine Dame zu verabschieden. »Ich bin Ihnen für Ihren Besuch äußerst dankbar, Euer Gnaden.« Ebenso schnell verschwand das Lächeln wieder. »Also wann?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich kehre zum Geschwader von Sir Richard Bolitho zurück!«
    Wieder legte sie die Hand an die Brust, wie überrascht, wehrlos. »Nach Amerika? In den Krieg?«
    Er lächelte. »Das Los von Seeleuten, Madam!«
    Wieder drehte sie sich um, als zwei Damen den Raum verließen. Sie lächelten wie alte Freunde, doch die eine sah Avery sehr neugierig an.
    »Wer war denn das?« wollte Avery sofort wissen.
    Sie griff nach seinem Arm. Entweder hatte sie die Gäste vergessen oder die Konsequenzen waren ihr egal.
    »Das war die Frau Ihres Admirals, Lady Bolitho. Kannten Sie sie nicht?«
    Avery schüttelte den Kopf. »Dies ist nicht meine Welt.« Er sah zur Tür hinüber. »Ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen, Mylady. Ich wollte Sie nicht stören. Das war nicht meine Absicht.« Er sah plötzlich Zweifel in ihrem Blick.
    »Haben Sie eine Kutsche?«
    »Die kann ich mir jederzeit rufen. Ich fahre nach Chelsea.«
    Irgend jemand rief ihren Namen, aber sie schien nicht hinzuhören. Sie sagte: »Meine Kutsche kann Sie dorthin bringen – und sehr viel bequemer.« Sie hielt seinen Arm fester. »Bitte.« Und dann gab es kein Verstellen mehr.
    »Bitte bleiben Sie!«
    »Ich denke, wir müssen Lady Mildmay sehr dankbar sein für ihre große Gastfreundschaft. Und für die Hingabe, mit der sie sich immer für die einsetzt, die im Leben weniger Glück haben.«
    Sie verbeugte sich mit sicherem Lächeln. Als sie sich wieder aufrichtete, sah sie ihm gerade in die Augen.
    »George, bitte, geh erst morgen!«
    Es war Wahnsinn. So ein Wahnsinn wie der, den sie alle immer wieder teilten. Das Donnern der großen Kanonen, Schreie und Schrecken der Schlacht. Was sollte er erklären, wie sich hier zurückziehen? Doch sie war schon zwischen den übrigen Gästen verschwunden.
    Avery bewegte sich durch die Zimmer, bis er den Garten fand, in dem schon Dämmerung herrschte.
    Wahnsinn also. Sei es drum.
    Die Kutsche hielt auf dem Kamm der Anhöhe. Die Pferde stampften auf der groben Straße. Die kühle Morgenluft machte ihnen nichts aus.
    Bolitho drehte sich ihr zu, hielt ihre Hand unter dem schweren Mantel und fragte sich, warum die Zeit so schnell und so gnadenlos vergangen war.
    »Wir sind bald da, Kate!«
    »Ich weiß. Ich erinnere mich.«
    Sie hatten von Falmouth den ganzen Weg ohne Zwischenaufenthalt fahren können, aber sie hatten die Nacht in einem Gasthaus kurz vor Liskeard verbracht. Bolitho war sich der Gefahr bewußt, sein Schiff wegen verspäteter Ankunft zu verpassen – oder wegen irgendeines Unfalls unterwegs. Daß die Tide auf niemanden wartet, hatte man ihm eingeprägt, seit er mit zwölf Jahren zum ersten Mal auf See gegangen war. Oder vielleicht sogar noch früher, da er als Kind seinem Vater und den Männern des Ortes gelauscht hatte, die von und auf der See lebten. Ohne Pause hätte er Catherine so weit nicht reisen lassen wollen.
    Sie hatten das Gasthaus Turk’s Head früh verlassen. Beide wollten kein Frühstück. Selbst in so einem kleinen Ort konnte er seinem Ruhm nicht entrinnen. Vor dem Gasthaus warteten Leute, winkten und riefen ihm Glück- und Segenswünsche nach. Catherine hatte darauf wie immer reagiert. Die Freundlichkeit der Leute brach ihr fast das Herz. Es ging nicht um die nächste oder übernächste Woche. Sondern um heute.
    Die anderen aus seiner »kleinen Familie« würden schon an Bord sein: Avery, zurückgezogener als je zuvor nach seinem Londoner Aufenthalt. Yovell mit seiner Bibel und seinen Büchern – unbewegt wie eh und je. Ozzard, der sich nie etwas anmerken ließ. Und natürlich Allday. Allday zeigte wirklich Trauer, weil er Frau und Kind zurücklassen mußte. Doch er zeigte auch etwas anderes: Stolz oder eine gewisse Befriedigung, weil er immer noch gebraucht wurde und er an seinen wahren Platz im Leben zurückkehren konnte.
    Er hatte die ganze Nacht mit Catherine gesprochen. Die
Royal Enterprise
war ein schnelles Transportschiff, sehr viel schneller als die meisten Handelsschiffe. Sie transportierte gewöhnlich bedeutende Passagiere in die Teile der Welt, die ihre Lordschaften ausersehen hatten. Diese Reise würde – wenn das Wetter es zuließ – drei bis vier Wochen dauern. Die Kommandanten solcher Schiffe waren sehr erfahren und holten aus den herrschenden Winden immer das beste für eine

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