Unter dem Georgskreuz
schritten… Er öffnete die Tür. »Bleib bitte hier, Kate.« Er umarmte sie noch einmal, und sie lehnte sich vor und küßte ihn. Dann trat er zurück und sah die anderen an. »Kümmert euch gut um sie.« Er konnte sie kaum erkennen. »Tut es mir zuliebe.«
Matthew grinste: »Worauf Sie sich verlassen können, Sir!« Doch das Lächeln erreichte nicht seine Augen.
Ferguson stand neben ihm auf der Straße. »Gott schütze Sie und gebe Ihnen eine gute Reise, Sir Richard!«
Bolitho stand ganz unbewegt. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und schritt durch die Tür.
Sie sah ihm mit schmerzenden Augen nach, fürchtete, den Moment zu verpassen, da er sich umdrehen und zurückblicken würde. Er hatte recht. Man erwartete ihn bereits. Blaue Uniformen und scharlachrote. Formelle Worte, unbewegte Stimmen. Achtung vor ihrem Mann, einem Admiral Englands.
Aber dann drehte er sich doch um, hob langsam seinen Hut und verbeugte sich in ihre Richtung. Als sie wieder hinsah, war er verschwunden.
Sie wartete darauf, daß Ferguson in die Kutsche kletterte, und bat ihn: »Sagen Sie Matthew, er möge denselben Weg zurückfahren.«
»Das Schiff wird auf einem Bug weit nach draußen segeln, ehe es wendet, Mylady«, sagte Ferguson. »Wir werden nicht viel von ihm sehen können.«
Sie lehnte sich in ihren Sitz zurück. »Ich werde ihn schon sehen.« Sie blickte auf die Bauernhäuser, an denen sie vorbeifuhren. »Und er wird es wissen.«
Kapitäne
Als acht Glasen vom Glockengalgen im Vorschiff herüberwehten, kletterte Kapitän James Tyacke aus dem Niedergang auf das breite Achterdeck. Die Luft war – wie alles um ihn herum – naß und kalt und klebrig. Ein unbeweglicher Vorhang aus dichtem Nebel schien das Schiff umfangen zu haben und es festzuhalten. Er drückte die Hände fest hinter dem Rücken zusammen und lauschte auf das Stakkato der Hämmer und das gelegentliche Quietschen der Blöcke, wenn irgendein Teil des Riggs nach oben zu den oberen Rahen gehievt wurde. Der Blick verschwand dort im Unwirklichen: Die Großstengen und die Bramrahen waren vom Nebel wie abgeschnitten, so als sei die Fregatte
Indomitable
in einem Geistergefecht entmastet worden.
Er zitterte und haßte das hiesige Wetter, weil er inzwischen mehr an die afrikanische Sonne und die klaren blauen Horizonte des Südens gewohnt war.
Er blieb an den leeren Finknetzen stehen und blickte nach unten ins Wasser. Leichter hatten am Rumpf festgemacht, und wie Wasserläufer bewegten sich Boote hierhin und dorthin, verschwanden schnell im Nebel oder tauchten ebenso plötzlich auf.
Dies also war Halifax auf Neuschottland. Ein geschäftiger, wichtiger Hafen und eine hübsch anzuschauende Stadt, nach dem bißchen beurteilt, das er bisher gesehen hatte. Er berührte die Netze, die an diesem trostlosen Tag kalt wie Eisen waren. Doch sicherlich nicht mehr lange, sagte er sich. Die Arbeiten wären bald abgeschlossen. Angesichts des bitteren Winterwetters und der Bedürfnisse all der anderen Kriegsschiffe, die hier Schutz gesucht hatten, war das ein Rekord, auf den man stolz sein konnte. Vor sechs Monaten waren sie nach dem wilden Gefecht mit den beiden amerikanischen Fregatten hier eingelaufen.
Unity
, die größte Prise, war bereits nach England unterwegs, wo sie alle gebührende Aufmerksamkeit erfahren würde. Sie war im Gefecht so böse zugerichtet worden, daß sie nur den Atlantik überqueren konnte, wenn die Pumpen tagaus, tagein arbeiteten.
Er preßte die Zähne aufeinander, um ein Klappern zu unterdrücken. Andere Kommandanten hätten sich zum Schutz vor der Kälte sicher in ihren dicken Bootsmantel gehüllt. James Tyacke konnte sich mit solch einem Gedanken nicht anfreunden. Die Männer der
Indomitable
mußten in ihrer alltäglichen Kleidung die Arbeit verrichten, darum hielt er es nicht für richtig, Vorteile aus seiner Stellung zu ziehen. Damit wollte er seine Männer keineswegs beeindrucken. Es war nur seine ganz persönliche Art, sich zu geben.
Ähnlich hielt er es mit den Finknetzen. Normalerweise wurden die Hängematten dort sauber gestaut, sobald die Männer ihren neuen Arbeitstag antraten. Und dort blieben die Hängematten auch den ganzen Tag über. Im Kampf boten sie den Rudergängern und den Offizieren auf dem Achterdeck den einzigen Schutz vor fliegenden Splittern. Doch das Leben auf einem Schiff des Königs war hart genug, dachte Tyacke. Die einzige Wärmequelle in den beachtlichen hundertachtzig Fuß des Schiffes war in der Kombüse. Da hätten am
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