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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Kutsche oder irgend etwas, das ihn als respektable Person auswies. »Sie erwartet Ihren Besuch?« Das klang nicht wie eine Frage.
    Avery hörte Musik, Klaviermusik, und nach einer plötzlichen Stille Applaus.
    »Nein, wohl eher nicht. Ich…«
    »Was ist, Mrs. Pepyat? Ich dachte, ich –«
    Avery nahm seinen Hut ab. »Es tut mir leid, Mylady.« Sie stand neben der großen geschwungenen Treppe, eine Hand am Busen, als überrasche oder ärgere sie seine Ankunft.
    Sie sagte: »Sie führen Ihren Kalender schlecht, Mister Avery.« Dann lächelte sie und trat ihm grüßend entgegen.
    »Fehlt Ihnen irgend etwas?«
    Sie reichte ihm ihre kühle Hand, und er küßte sie. »Ich bin an Bord befohlen worden, Mylady. Ich werde bald nach Cornwall aufbrechen.« Das Klavier ertönte wieder.
    »Ich werde gehen«, sagte Avery, »Sie haben Gäste.«
    Sie maß ihn mit fragenden Blicken aus blauen Augen.
    »Nein, nein, das ist Mr. Blount – er kommt aus Highgate und spielt für uns. Wir sammeln Geld für das Seemannshospital in Greenwich.« Sie hob die Schultern. »Es ist angenehm, auf diese Weise alte Freunde wiederzusehen oder, wenn Sie so wollen, alte Bekannte…« Sie lächelte.
    »Sie mögen Musik, Mr. Avery? Sie ist von Mozart, sehr
en vogue
, wie mir scheint.«
    Avery hörte genauer hin. »Ja, seine Phantasie in Cmoll.« Ihre gehobenen Brauen bemerkte er nicht. »Ich habe im Chor gesungen. Und der Organist meines Vaters hat uns anschließend immer ein Stück vorgespielt.«
    Er mußte gehen. Jedenfalls war die beeindruckende Mrs. Pepyat ganz offensichtlich dieser Meinung.
    »Nehmen Sie dem Herrn Hut und Mantel ab.« Ein Lakai erschien von irgendwoher und nahm beides entgegen. Damit war ihm der Rückzug abgeschnitten.
    Sie schob ihren Arm unter seinen und führte ihn durch eine hohe Tür.
    »Wir bleiben hier an der Säule sitzen. Sehen Sie? Niemand hat uns bemerkt.«
    Er saß neben ihr. Obwohl sie seinen Arm losgelassen hatte, konnte er ihre Berührung noch fühlen. Der Raum war voll. Die Damen, einige jung, andere nicht mehr so jung, lauschten aufmerksam. Hier und da wippte ein Fuß in teurem Schuh im Takt der Musik mit. Die Herren waren zumeist älter. Er sah einige rote Uniformen, höhere Offiziere, die grimmig dreinblickten, doch sich innerlich langweilten. Blount war ein kleiner Klavierspieler, sehr jugendlich. Doch sein Gesicht hätte aus einem alten Ölbild stammen können.
    Sie lehnte sich an ihn. Zwei Frauen drehten sich sofort um, um sie zu beobachten. »Erfrischungen gibt es gleich. Dann muß ich mich auch etwas um die anderen Gäste kümmern.«
    Sie war ihm jetzt sehr nahe, so nahe, daß er den Duft ihres Haares aufnahm, ihr Parfüm. Und er bemerkte das Auf und Ab ihres Busens.
    »Bin ich die, an die Sie sich erinnern, Mr. Avery?« Sie mockierte sich über ihn – oder doch nicht?
    Er senkte seine Stimme: »Ganz genau dieselbe.«
    Sie drehte sich um. Die Musik verklang. Leute erhoben sich, um zu applaudieren, einige sicherlich aus Freude, andere erleichtert, daß das nun endlich vorbei war.
    Eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Avery bemerkte die reichen Kleider, die geschmackvolle Aufmachung und das Lächeln der Herren, als jetzt Wein gereicht wurde. Er fragte sich, wieviel von der heutigen Sammlung wohl wirklich in das Seemannshospital fließen würde – und war über seinen eigenen Zynismus entsetzt.
    Er blieb an der Säule stehen und nahm einem vorbeigehenden Lakaien ein Glas Wein ab. Sie bewegte sich sehr sicher zwischen ihren Freundinnen. Er hörte sie lachen und bemerkte, wie zwei Soldaten sie anstrahlten.
    Er trat zur Seite, als der einzige Marineoffizier, eine Dame am Arm, kurz mit Lady Mildmay sprach und dann verschwand – wie auf der Flucht.
    Dann stand sie wieder neben ihm, ließ ihre Blicke durch den Raum schweifen. »Langweilen Sie sich auch nicht, Mr. Avery?«
    »Der Offizier. Ich kannte ihn.«
    »Vizeadmiral Bethune. Ja, er stieg auf wie ein neuer Stern am Himmel.« Die Worte schienen ihr Freude zu machen.
    »Und das war seine Frau.« Sie sah nicht so aus, wie er erwartet hatte. Vielleicht war er auch nur falsch informiert. Sie sah ihn direkt an. »Es ist nicht seine Frau. Nach allem, was man so hört, kann man es ihm nicht übelnehmen. Er ist sehr attraktiv, wenn ich als Frau das sagen darf.«
    Auch andere brachen jetzt auf, hatten offensichtlich ihre Pflicht getan. Plötzlich fragte sie: »Abkommandiert, sagten Sie. Wann müssen Sie aufbrechen?« Sie lächelte und verneigte sich, um einen dicken

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