Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
hochsprühen. Die hohen Fontänen der schwereren Kanonen wühlten durch die Seen und verschwanden ganz plötzlich. Eine Breitseite also doch, ins Nichts gefeuert.
    Keen sagte: »Sie wollten nicht auf uns feuern!« Er sah sich um. »Sie wußten, daß wir sie zerstören würden.«
    »Der Bluff hat nicht gewirkt«, antwortete Adam. Er bemerkte, wie die eigenen Mannschaften sich über die Kanonen hinweg ungläubig anschauten. Zwei Männer langten sogar über die Läufe der Achtzehnpfünder hinweg, um sich die Hände zu schütteln. Das hier war kein Sieg, aber es war wenigstens auch kein blutiger Mord.
    »Signal an sie:
Beidrehen!
Enterkommandos, bereithalten!«
    Adam rief laut: »Klar zum Feuern! Wir lassen uns auf nichts ein!« Er tippte an den Hut, als er sich an Keen wandte: »Ich werde mit nach drüben entern, Sir!«
    Keen sah an ihm vorbei. Etwas, das wie ein tiefer Seufzer klang, war von den Seeleuten und Seesoldaten zu hören.
    »Sie hat die Flagge gestrichen, Gott sei Dank!«
    Ritchie, der alte Master, strich sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Armes Mädchen. Ich glaub, mehr als das kann niemand aushalten.«
    Adam schaute ihn überrascht an. Ein harter Berufsseemann ohne falsche Gefühle hatte all das, was sie dachten, mit einfachen Worten ausgedrückt.
    »Kümmern Sie sich vor allem um St. Clair und seine Tochter. Die letzten Stunden werden sie ganz schön mitgenommen haben«, sagte Keen.
    Adam sah die Boote. Sie wurden hochgehievt und an Steuerbord zu Wasser gelassen. Urquhart hatte sie gut gedrillt. Die Kanonen könnten immer noch feuern, ohne von ihnen behindert zu werden.
    »Ich kümmere mich um beide, Sir!« Er starrte nach drüben. Mit flappenden Segeln drehte die Reaper in den Wind. Es hätte auch alles anders enden können – einen Augenblick später. Dennoch… Was hatte der Master gesagt? Worte wie auf einem Grabstein: Für das Schiff, nicht für die Männer, die es verraten hatten.
    In Dwarslinie pullten die Boote der
Valkyrie
zur
Reaper
hinüber. Die Spannung war mit Händen zu greifen. Wenn die drüben sich entschlössen, doch noch Widerstand zu leisten, könnten sie die Segel wieder trimmen und davonsegeln – oder es wenigstens versuchen.
    Adam sah sich die Boote genau an. Der Hauptmann der Seesoldaten, Loftus, war in seinem scharlachroten Umhang weithin sichtbar und bot jedem Scharfschützen ein leichtes Ziel. Auch seine eigenen Epauletten waren leicht auszumachen. Dennoch lächelte er. Gulliver, Sechster Offizier, schaute schnell zu ihm herüber. Offensichtlich tröstete ihn, was er sah. Er sagte: »Das wird die Rechnung ausgleichen, Sir!«
    Er sprach wie ein Veteran vieler Schlachten und war ganze zwanzig Jahre alt.
    »
Reaper
, ahoi. Wir kommen an Bord. Legen Sie die Waffen nieder.«
    Adam berührte unter seinem Uniformrock die Pistole. Jetzt kam es darauf an. Irgendein Heißsporn, der nichts mehr zu verlieren hatte, könnte diese letzte Gelegenheit nutzen. Boot nach Boot machte längsseits fest. Er spürte ein seltsames Verlassensein, denn dieser auf- und absteigende Rumpf verdeckte die
Valkyrie
vollständig.
Kein Risiko eingehen.
Aber würde Keen seinem Flaggschiff Feuer befehlen, wenn so viele seiner eigenen Leute hier an Bord wären?
    Ein ganz neues Gefühl, ein totes Schiff. Sie kletterten nach oben und stiegen mit erhobenen Waffen in die Gangway. Vom anderen Ende des Schiffes schwärmten Seesoldaten bereits in den Bug. Sie hatten schon eine Karronade umgedreht und sie auf die schweigenden Männer gerichtet, die unten auf dem Kanonendeck standen.
    Seine Männer traten zur Seite, um ihn durchzulassen. Jetzt, da sie die Flagge gestrichen hatte, musterte er sie mit anderen Augen. Die Kanonen, die blindlings ins Wasser gefeuert hatten, rollten ruhelos hin und her, nicht geladen und verlassen. Räumer und Schwämme lagen, wo man sie hatte fallen lassen. Adam ging nach achtern an das große Doppelrad, das zwei seiner Männer in Besitz genommen hatten. Die Geiseln, inzwischen befreit und offensichtlich unverletzt, hatten sich um den Besanmast gesammelt. Auf dem Kanonendeck standen sich die Männer der
Reaper
in zwei deutlich getrennten Gruppen gegenüber – offensichtlich die Meuterer auf der einen, das amerikanische Prisenkommando auf der anderen Seite.
    Zwei amerikanische Leutnants erwarteten ihn.
    »Gibt’s noch andere Offiziere an Bord?«
    Der Ältere der beiden schüttelte den Kopf. »Dies Schiff ist Ihres, Kapitän Bolitho!«
    Adam ließ sich die Überraschung nicht anmerken.

Weitere Kostenlose Bücher