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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Dokument, doch trotz Siegel und Geheimhaltung hatte die Besatzung der
Indomitable
den Inhalt gekannt oder jedenfalls geahnt. Solche Intuition war unheimlich, aber nicht ungewöhnlich.
    Er hörte Blöcke quietschen und das Trillern einer Bootsmannspfeife, als ein weiteres volles Netz mit Vorräten für die
Alfriston
gehievt und über Bord in ein Boot geschwenkt wurde, das für die Brigg bestimmt war. Ihm fiel es schwer, auf die gewaltige blaue Leere des Ozeans hinter dem Fenster zu blicken. Sein Auge schmerzte, und er würde es am liebsten reiben, obwohl man ihn gerade davor gewarnt hatte. Er lebte damit, daß sich der Zustand des Auges ständig verschlechterte.
    Er versuchte, sich auf Keens präzise Beurteilung vom Aufbringen und Nehmen der
Reaper
zu konzentrieren. Ihm war nichts entgangen, auch nicht seine eigene Ratlosigkeit, als er erkannt hatte, daß die Geiseln an Deck geführt wurden, um als lebender Schutz vor der gegnerischen Breitseite zu dienen. Keen hatte Adams Rolle sehr gelobt und wie er mit den Männern umgegangen war, mit den Amerikanern ebenso wie mit den Meuterern.
    Doch seine Gedanken wehrten sich gegen die verdammte Pflicht, die offizielle Post zu lesen. In der Leinwandtasche mit Keens offizieller Depesche lagen einige Briefe, auch einer von Catherine, der erste seit ihrer Trennung in Plymouth vor drei Monaten. Er hatte ihn an sein Gesicht gehalten und eine Spur von ihrem Parfüm wahrgenommen.
    Avery meldete: »Das letzte Boot legte gerade ab, Sir Richard!« Er klang verklemmt und bedrückt. Vielleicht hatte auch er auf einen Brief gehofft, obwohl Bolitho sich nicht daran erinnerte, daß er je einen bekommen hatte. Seine einzige Welt, genau wie die von Tyacke, war das Leben an Bord.
    Wieder wandte sich Bolitho Keens ausführlichem Bericht zu. Er las zum zweiten Mal die Informationen über David St. Clair und dessen Tochter, beide Gefangene an Bord der
Reaper
. Sie waren von dem Schoner herübergebracht worden – doch sicher nicht nach einem zufälligen Treffen? St. Clair handelte im Auftrag der Admiralität. Keen hatte außerdem erwähnt, daß er die königliche Werft in Kingston und eine Schiffsbau-Anlage in York aufsuchen wollte, auf der gerade ein Kriegsschiff mit dreißig Kanonen seiner Vollendung entgegenging. Die abschließenden Arbeiten hatten sich wegen eines Disputs mit den Marinebehörden der Provinz, die sie später übernehmen sollte, verzögert. St. Clair, im Umgang mit Bürokraten erfahren, hatte gehofft, die Dinge zu einem schnellen und befriedigenden Ende zu führen. Flottenkapitäne hätten sicher einige Mühe zu verstehen, warum um ein so kleines Schiff so viel Aufhebens gemacht wurde. Doch Keen hatte von St. Clair erfahren, daß dieses Schiff – in Dienst gestellt – das größte und mächtigste auf den Seen sein würde. Kein amerikanisches Schiff würde ihm widerstehen können – und die Großen Seen würden weiter unter britischer Oberhoheit bleiben. Würden andererseits die Amerikaner sie angreifen und nehmen, fertig oder unfertig, wären die Folgen verheerend. Es wäre das Ende der britischen Provinz oberes Kanada. Ein einziges Schiff! Die Amerikaner wußten von ihr seit der Kiellegung. In diesem Licht erschien St. Clairs Gefangennahme noch weniger als ein zufälliges Unglück. Sein Auftrag war auch bekannt – er sollte also beseitigt werden. Bolitho dachte an den wilden Kanonendonner, die traurigen Wrackreste der
Royal Herald.
    Er wandte sich an Yovell: »Lassen Sie unsere Tasche auf die
Alfriston
bringen. Die wollen sicher schnell wieder unterwegs sein.« Er dachte an den riesigen Kommandanten der Brigg und fragte sich, was er wohl gefühlt haben mochte, als er von der Eroberung der
Reaper
erfahren hatte und daß ihr einziger Widerstand Schüsse ins Wasser gewesen waren.
    Ozzard schaute durch die andere Tür herein. »Der Kommandant ist auf dem Weg hierher, Sir.«
    Tyacke trat ein und sah den ungeordneten Haufen Papier auf Bolithos Tisch. Wahrscheinlich hat auch er es so eilig wie der Kommandant der
Alfriston
, wieder in Fahrt zu kommen, dachte Bolitho.
    Mühelos konnte er sich seine Schiffe auf diesem großen, leeren Ozean vorstellen: zweihundert Seemeilen südwestlich der Bermudas die Fregatten
Virtue
und
Attacker –
nur lichte Punkte auf der Kimm zu beiden Seiten. Wenn sie nicht gewartet hätten, hätten die Amerikaner den bereits versammelten Geleitzug angegriffen. Ihre mächtigen Fregatten hätten ihn zerstört oder zur Übergabe gezwungen, ohne sich um die

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