Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)
von dieser symbiotischen, verzauberten Stillzeit.
Johanna hat, als ihr ältester Sohn ein halbes Jahr alt wurde, wieder angefangen, voll zu arbeiten. Ihr Mann ist das zweite halbe Jahr mit dem Kind zu Hause geblieben.
Martina, meine Nachbarin, war zwei Wochen nach der Geburt in ihre Anwaltskanzlei zurückgekehrt. Eine Kinderfrau hat ihre Tochter tagsüber betreut.
Cora hat nach drei Monaten auf ihrer alten Stelle als Redakteurin wieder angefangen und ihren Sohn acht Stunden täglich in eine Kita gegeben.
Melanie war drei Jahre zu Hause und hat dann eine Teilzeitarbeit begonnen.
Karina hört jetzt, wo ihre Tochter fünf und ihr Sohn acht ist, erst mal wieder auf zu arbeiten, weil sie am Rande der Erschöpfung ist und so nicht weitermachen will.
Meine Freundinnen haben ihre Entscheidungen aus den unterschiedlichsten Gründen getroffen.
Aus finanziellen Zwängen. Aus Lust am Arbeiten. Aus Lust am Zu-Hause-Bleiben. Aus der Überlegung, den Anschluss im Beruf nicht verlieren zu wollen, oder aus der Überzeugung heraus, ein Kind sei in seinen ersten Jahren am besten zu Hause bei seiner Mutter aufgehoben.
Oder schlicht aus Überforderung, weil Kind und Karriere eben nicht ohne weiteres vereinbar sind.
Das sind die Fragen, die ich mir oft stelle:
Wie will ich in Zukunft als Frau mit Kind leben?
Wie viel Mutter möchte ich sein? Wie viel Mutter kann ich sein, ohne dass es zu sehr auf Kosten meiner Arbeit und meines Einkommens geht?
Wie viel Mutter muss ich sein, damit mein Kind keinen Schaden nimmt?
Im «Spiegel» las ich ein mich beruhigendes Interview zu diesem Thema mit der Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert. Darin sagt sie:
Wir vertreten das Konzept der «hinreichend guten» Mutter. Sie muss eben nicht perfekt sein. Sie legt nicht, was viele immer noch denken, in den ersten zwei oder drei Jahren mit jeder ihrer Taten unwiderruflich das Fundament für alles, was später aus dem Kind wird. Und sie muss auch nicht, wie es lange Doktrin war, mit Haut und Haar und Tag und Nacht ausschließlich für den Nachwuchs da sein. Mütter, entspannt euch!
Es kommt auf die Qualität der Bindung des Kindes zur Mutter an. Und dafür ist vor allem eines wichtig: dass sie seine wirklich wichtigen emotionalen Bedürfnisse wahrnimmt. Dies wiederum gelingt ihr oft sogar besser, wenn sie das Kind auch mal abgeben kann – wer über ein zuverlässiges Betreuungsnetz verfügt, ist eine bessere Mutter mit mehr Humor, mehr Spielideen, einem feinfühligeren Umgang.
Aber es gibt natürlich auch Frauen, die ein Problem damit haben, ihr Kind abzugeben. Zweifel, Schuldgefühle – darunter leiden immer noch viele Frauen, gerade in der westdeutschen Gesellschaft mit ihrem Muttermythos. Solche Unsicherheiten spiegeln sich in einer messbar brüchigeren, oft ambivalenten Bindung zum Kind wider. Was Kinder brauchen, ist eine Mama, die entspannt ihre Rolle ausüben kann, und das kann sie nur in einem gesellschaftlichen Klima, in dem es zur Selbstverständlichkeit gehört, sein Kind auch anderen anvertrauen zu können.
Es ist doch so: Mütter möchten berufstätig sein und Kinder haben. Das geht nur mit Betreuungsnetzwerken. Also müssen wir Wissenschaftler herausfinden, welche Art von Betreuung am wenigsten Risiken fürs Kind mit sich bringt.
Im November
Mein Sohn ist so derart begeistert vom Essen, dass er sich kurz nach seiner ersten Mahlzeit unbemerkt zwei Zähne zulegte, um für die Delikatessen dieser Welt frühzeitig gerüstet zu sein. Damit ist er in seinem PEKiP-Kurs der Erste mit Zähnen.
Ich weise oft und gerne darauf hin, auch um von den immer noch etlichen kahlen Stellen auf seinem Kopf abzulenken.
Generell, so hat sich mittlerweile rausgestellt, bevorzugt Schlomo große Portionen. Gesunde Sachen wie etwa Hirsebrei nimmt er nur zu sich, wenn sie mit sehr viel süßem Obstbrei getarnt werden. Gemüse pur lehnt er ab. Spuren dieser Abneigung finden sich auf dem Sofa, dem hellen Teppich und auf den Hemden meines Mannes. Es scheint ein Gesetz zu sein, dass Babys sich besonders gerne dort übergeben, wo man die Speisereste am besten sehen kann.
Bei unserem Sohn habe ich sogar den Eindruck, dass er regelrecht darauf wartet, bis man ihn mal zufällig über das einzige helle Stückchen Teppich im ganzen Haus hält oder ihn sein Vater, auf dem Weg zu einer Hochzeit, noch mal kurz auf den Arm nimmt. «Hui, ein Smokinghemd, da kotze ich doch gleich mal drauf!», scheint Baby zu denken und freut sich dann auch sehr über den
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