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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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brannte auch dort Erdöl. Ar-Scharlachi ging schweigend durch die auseinanderstrebende Menge hindurch, blieb unmittelbar über dem Rammsporn stehen und blickte nach vorn.
    »Vorm Feuer sind wir geflohen, und zum Feuer sind wir gekommen«, kicherte jemand unsicher hinter seinem Rücken.
    Sogleich begann die Menge zu murmeln.
    »Was, Scharlach?«, sagte jemand herausfordernd. »Es gibt also stärkeren Zauber als deinen! Da sind wir ständig nach Süden gefahren, und jetzt sind wir, wo wir waren …«
    Ar-Scharlachi drehte sich wie vom Donner gerührt um. Eine Sekunde lang glaubte er dem Sprecher sogar. Er stellte sich vor, die Rohre hätten einen riesigen Bogen beschrieben und sie wieder zu den Ruinen der nickenden Hämmer geführt.
    Die anderen verstummten ebenfalls für einen Moment, dann ertönte ein zufrieden spöttisches Gelächter.
    »Hört euch den an!«
    »Man sieht gleich, dass er aus der Stadt ist!«
    »Schau doch auf die Sterne! Bist du denn nie nachts durch die Wüste gefahren?«
    Der Ausgelachte schüttelte verängstigt den Kopf. »Wer ist hier aus der Stadt?«, rief er verzweifelt. »Pass du nur auf, wer aus der Stadt ist …! Und ob ich gefahren bin! Mehr als du! Weißt du, wie das manchmal ist? Du fährst immerzu nach Osten, und dann kommst du von Westen her an denselben Ort! Ist es etwa nicht so?«
    Man schwieg, dachte nach.
    »Das ist doch alles Unsinn!«, sagte Ar-Scharlachi laut, äußerst unzufrieden mit sich selbst. Er hatte es ja fast geglaubt. »Die Rohre verlaufen von den nickenden Hämmern nur nach Süden. Im Norden gibt es keine. Da brennt etwas anderes … Na schön. Ruhepause für alle, und morgen sehen wir weiter.«
    Er drehte sich um und ging mit betont gelassenem, sicherem Schritt zum Deckhaus. Auf halbem Wege blieb er stehen und reckte ungläubig die Hand in den Wind. Gegen das Heck wehte ein nicht besonders starker, aber gleichmäßiger Wind.
    »Obwohl …« Ar-Scharlachi schwankte. »So ein Windchen darf man nicht ungenutzt lassen … Also, alle Mann an Deck«, befahl er, obwohl sowieso schon alle dort standen.
    Der Wind trug den Samum die ganze Nacht hindurch gleichmäßig südwärts und legte sich erst gegen Morgen. Der Feuerschein voraus war größer geworden, vor seinem Hintergrund zeigten sich zwei nicht besonders hohe Felsbarrieren, zwei schwarze, rundgipflige Schatten zur Rechten und zur Linken. Die in Mondlicht getauchten Rohre führten in den schmalen Durchgang zwischen den Felsen, und in dieser Lücke bemerkten die Männer im Ausguck mehrfach Ausbrüche hellroter Flammen.
    Ar-Scharlachi und Aliyat, die Ard-Gew abgelöst hatten, blieben bis Tagesanbruch im Deckhaus. Anders ging es nicht, die Stimmung der Besatzung verhieß nichts Gutes.
    »Das wäre komisch«, murmelte Ar-Scharlachi besorgt, als spräche er mit sich selbst, »wenn sich plötzlich zeigt, dass da überhaupt kein Meer ist …«
    Aliyat warf ihm einen misstrauischen Blick zu. Die Rudergänger hinter ihnen hielten den Atem an.
    »Wie das?«
    »Die Rohre …«, antwortete er und zuckte wie ausweichend mit einer Schulter. »Die können sonst wohin führen! Wer hat denn gesagt, dass sie unbedingt zum Meer verlaufen müssen?«
    »Du hast das doch gesagt!«
    »Eben …« Er seufzte. »Vielleicht haben sie dort nur irgendein Vorratslager … Da stehen mitten in der Wüste Tanks und weiter nichts …«
    »Und was dann?«
    »Hm …« Ar-Scharlachi verfiel in langes Nachdenken. Eine Antwort blieb er Aliyat schuldig.
    Es tagte, die Felsbarrieren rechts und links rückten immer näher, gewannen allmählich an Tiefe, während sie in trübes Blau getaucht wurden. Der Himmel über ihnen wurde schwarz und ballte sich zu Wolken. Die silbrigen Rohre zur Rechten schmiegten sich eng an die Felsen. Hätte sich der Samum zufällig auf der anderen Seite befunden, hätten sie schon haltmachen müssen. Links von den Rohren aber war mehr als genug Platz, zudem hatte man den Eindruck, der Sand sei hier absichtlich geglättet und geebnet worden: Die vom Wind angewehten kleinen neuen Dünen waren regellos verstreut.
    Danach machten die Rohre, der Form des Sandweges folgend, zwei Schlangenbögen. Es war windstill geworden, und die letzten paar Hundert Schritte musste der Samum mit Muskelkraft zurücklegen. Es war schon ganz hell.
    Außer den Männern, die in den Hängesitzen an der Antriebstrommel lagen, waren alle an Deck gekommen – sogar die, die eigentlich schlafen sollten. Und kein Wunder: Derlei hatte noch niemand gesehen. Die

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