Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
Vom Netzwerk:
»Das ist der Weg, auf dem sie auf den Mond gehen …«
    »Wer?«
    »Na, die Toten. Deshalb gibt es hier keine …«

38
    Das Glück ist vorbei
    D ie Karawane des ehrwürdigen Chaïlsa hatte nicht an der verhängnisvollen Schlacht bei Ar-Nau teilgenommen – verhängnisvoll für beide Seiten. Nachdem er sich mit Mühe der Aufständischen von Ar-Ajafa und danach der von Ar-Ljata erwehrt hatte, verfehlte Chaïlsa die Postgaleere (was damals häufig vorkam) und erfuhr daher nichts vom Edikt des Herrschers, wonach sich alle Karawanen der Armada zur Bestrafung des aufständischen Palmenwegs anschließen sollten. Das hatte den Ehrwürdigen gerettet. Sich selbst überlassen, hatte er seine beiden Schiffe durch die nach dem unerhörten Regenguss blühenden Sande nach Sibra geführt, und man muss sagen, dass er rechtzeitig eintraf. Der Aufstand in Sibra wurde bekanntlich besonders grausam niedergeschlagen, und der ehrwürdige Chaïlsa hatte daran erheblichen Anteil.
    Als Mann, der auch vorher schon für beispiellosen Starrsinn und Unbarmherzigkeit gegenüber Feinden bekannt war, zeigte Chaïlsa darüber hinaus besonderen Eifer, weil er hoffte, sich vor dem Herrscher für sein früheres Versagen zu rehabilitieren. Diese Hoffnung trog. Als das nächste Edikt den Ehrwürdigen schließlich doch erreichte, traute er seinen Augen nicht. Das Edikt schrieb vor, den Bewohnern in den Oasen des Palmenwegs keinerlei Schaden zuzufügen und Geplänkeln mit örtlichen Banden auszuweichen. Natürlich konnte der Ehrwürdige weder etwas von der Bedingung wissen, die Ar-Scharlachi dem Herrscher gestellt hatte, noch von seiner Drohung, das Meerwasser auf der erstbesten Düne auszuschütten.
    Und dann erreichte ihn noch die Nachricht vom Untergang der Flotte bei Ar-Nau. Der einzige Trost war, dass die Armada Harwas in einem Sandsturm untergegangen war und man das keinesfalls als Schande betrachten konnte. Wenn der Samum das Schlachtfeld nicht berührt hätte, dann hätte das ruhmreiche Harwa die Aufrührer natürlich vernichtend geschlagen.
    Nach dieser betrüblichen Nachricht fuhren die Schiffe des Karawanenführers Chaïlsa zusammen mit den Resten der Flotte Sibras befehlsgemäß zu Ar-Naus Schatten. Die Bewohner der Oasen, verschreckt von den jüngsten Ereignissen, kamen den Truppen entgegen, erklärten ihren Gehorsam, zerstörten selbst die Tempel der Vier Kamele und verfluchten die Aufständischen, soweit sie sie nicht einfach auslieferten.
    Bei der ersten Rast schickte der Karawanenführer der Flotte, der ehrwürdige Ritau, einen seiner Männer zu dem ehrwürdigen Chaïlsa und befahl, sich sofort bei ihm einzufinden. Soviel von dem Boten zu erfahren war, ging es um einen von den Einwohnern ausgelieferten Aufrührer und Räuber, der sich zu seiner Rechtfertigung auf die Bekanntschaft mit dem Karawanenführer Chaïlsa berief. Ziemlich erstaunt und beunruhigt begab sich dieser zu dem Haus, in dem sich der ehrwürdige Ritau einquartiert hatte, und dort eingetreten, erkannte er in dem Gefangenen seinen kürzlichen Verbündeten Scharlach.
    »Ehrwürdiger!«, heulte der Räuber freudig auf. »Sag du ihnen, dass ich kein Aufrührer bin! Da!«, rief er, an Ritau gewandt, der ihm mit hochmütigem Gleichmut zuhörte. »Soll der ehrwürdige Chaïlsa es selbst sagen! Ich war doch bei seiner Karawane! Ich habe selbst gegen die Aufständischen gekämpft!«
    Auf Chaïlsas roter Stirn blähte sich eine straffe Ader. »Gekämpft?«, blaffte er, dass der ehrwürdige Ritau von dem Ausbruch unangenehm berührt war. »Das nennst du kämpfen? Feigling! Geflohen bist du wie ein Sandhase!«
    »Was blieb mir denn weiter übrig?« Scharlach presste die behaarten Pfoten inständig an die Brust. »Ar-Maura hatte angefangen, dich mit dem Katapult zu belegen! Und ich hatte ein Postschiff! Kein Rammsporn, keine Bewaffnung, nichts … Was sollte ich denn gegen Kriegsschiffe ausrichten?«
    Der ehrwürdige Ritau zog verwundert die linke Braue hoch, ließ den Blick vom Karawanenführer zum Räuber schweifen und zurück.
    »So«, ließ er sich schließlich vernehmen. »Soweit ich verstanden habe, war dieser Schurke tatsächlich dein Untergebener. Schön, ich will mich nicht in eure Angelegenheiten mischen. Ich übergebe dir diesen wackeren Kerl, und du sieh selber zu, wie du mit deinem ehemaligen Verbündeten klarkommst.«
    Der ehrwürdige Chaïlsa knirschte nur mit den Zähnen. Mit dem Karawanenführer der Sibra-Flotte war er schon lange überkreuz. Wäre nicht das jüngste

Weitere Kostenlose Bücher