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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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hervor. »Schilde an die Bordwand! Kurs auf die Galeere!«
    Die Galeere wurde ohne Verluste und geradezu lächerlich leicht erbeutet. Nachdem er mit einem flachen Spiegelschild einen Haltebefehl signalisiert hatte, beschrieb der Samum einen Bogen und näherte sich von der sonnenabgewandten Seite. Der Treiber der Galeere war über diese Forderung anscheinend sehr verwundert, gehorchte aber. Während auf dem vierrädrigen Einmaster die Segel eingeholt wurden, konnte der Samum eine Kette von vierzig Kampfschilden absetzen, zu der freilich auch elf Matrosen gehörten, die außer der ersten Position vom Spie gelkampf keine Ahnung hatten. Aber auf dreißig Schritt Entfernung, auf festem Grund stehend und noch dazu mit einem unbeweglichen Ziel hätten auch sie treffen müssen.
    Damit war eigentlich alles schon erledigt: Wenn man sich in solcher Lage befindet, kann man ohne zu zögern kapitulieren. Doch der Treiber der Galeere hatte selbst nach diesem offensichtlichen Manöver noch nichts begriffen. Als der dreist herankommende Ar-Scharlachi verlangte, dass Offiziere und Mannschaft das Schiff verließen, wurde auch dieser Befehl ausgeführt. Wie sich herausstellte, glaubte der Treiber, man wolle seine Galeere mitten in der Wüste nach Schmuggelware durchsuchen. Während den Aufsehern die Schlüssel abgenommen wurden, drohte er Ar-Scharlachi mit Entlassung und Ungnade, womit er für erhebliche Belustigung bei der Mannschaft des Samum sorgte, doch bald strömten aus den Luken brüllend die befreiten Schiffsläufer, und es kam der bittere Augenblick der Erkenntnis. Erst da fiel dem unglückseligen Treiber auf, dass an beiden Masten des Schiffes, das ihn angehalten hatte, Fetzen sonnengebleichten Stoffes wehten und keineswegs die verblichenen grünen Wimpel von Harwa, wie er zuvor geglaubt hatte.

10
    Die blendende Aliyat
    S ie beschlossen, kein Risiko mehr einzugehen, beide Schiffe fort von dieser gefährlichen Wegkreuzung zu fahren und sich irgendwo in den Dünen zu verbergen, zumal am Horizont abermals ein trübes Wölkchen erschienen war, und zwar größer als das erste. Allerdings kroch es quer zu ihnen, ohne näher zu kommen, und gab keinen Grund zur Sorge.
    Nachdem sie sich ein paar Meilen weit entfernt hatten, legten sie sich in eine Senke zwischen zwei Sandkämmen, die von den Wurzeln knotiger Sträucher gehalten wurden, und widmeten sich der Beute.
    Einen Teil des Proviants, den sie an Bord des Weißen Skorpion (so hieß die Galeere) fanden, luden sie auf den Samum um. Die erbeutete Fracht jedoch weckte Irritation. Wie sich herausstellte, transportierte die Galeere Kampfschilde nach Sibra. Nur Schilde, weiter nichts.
    »Was sollen wir damit machen?«, fragte Ar-Scharlachi ratlos, während er den auf den Sand geworfenen Stapel von in dicken Stoff eingewickelten Scheiben betrachtete.
    »Notfalls versuchen wir, sie in Turkla zu verkaufen«, meinte Aliyat mit starkem Zweifel in der Stimme.
    »Wem?«
    »Die Kimirer sind auf Kampfschilde scharf. Sie kaufen sie auf und verkaufen sie dem Staat. Selber verstehen sie in Kimir ja keine zu machen …«
    Der neben ihnen hockende Kommandeur der Spiegelkämpfer, Iliysa, wickelte den Stoff ab, stellte die funkelnde metergroße Scheibe auf die Kante und stieß einen Pfiff aus, als er sie eingehend betrachtet hatte.
    Ar-Scharlachi wandte sich ihm zu. »Was ist?«
    Ohne zu antworten, hob Iliysa den Schild an die Brust, wobei er ihn mit beiden Händen hielt, und schickte mit fließender Bewegung einen hellen ovalen Lichtfleck über den Hang und zurück. Dann noch einmal, aber in veränderter Richtung. Er machte »hm« und stapfte, bis zu den Knöcheln im Sand einsinkend, mit dem Schild auf den Kamm der Düne. Ar-Scharlachi und Aliyat wechselten Blicke und folgten ihm.
    Iliysa blieb zwischen dem knotigen, kleinblättrigen Strauch werk stehen, das ihm kaum bis zum Gürtel reichte. Das scharfe Auge an den Zielstreifen gepresst, richtete er den Schild auf etwas ziemlich weit Entferntes. Dann entspannte er sich und wandte Ar-Scharlachi das dunkle, faltenzerfurchte Gesicht zu. Auf der Schläfe hob sich rosa die zarte Haut auf einer abheilenden Verbrennung ab.
    »Also solche habe ich noch nicht gesehen«, teilte Iliysa mit, der sichtlich seine Verwunderung zügelte. »Unsere Schilde sammeln das Licht in einem dreißig Schritt entfernten Punkt, der hier aber brennt …« Er betrachtete den glänzenden Schild respektvoll und schüttelte den Kopf.
    »Weiter, was?«
    »Ja, fast hundert

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