Unter dem Räubermond
daran, dass die Mannschaft des Samum größtenteils aus ehemaligen Matrosen und Schiffsläufern bestand und nicht aus langjährigen Räubern wie auf dem Weißen Skorpion . Die waren in der Tat schwer zu bändigen.
Nachdem er Lako verabschiedet hatte, beschloss Ar-Scharlachi, für alle Fälle bei Aliyat vorbeizuschauen, wobei er insgeheim hoffte, sie sei aus Mangel an Übung inzwischen betrunken und eingeschlafen. Drei Schritt vor ihrer Kajüte blieb er abrupt stehen. In der Kajüte wurde gekeucht und gestöhnt.
»Mehr! Mehr!«, schrie Aliyat böse. »Los! Mach! Stärker!«
Sie ist verrückt geworden, dachte Ar-Scharlachi, und kalter Schweiß brach ihm aus. Er riss an der Tür, die nicht einmal verschlossen war.
Wie erwartet, bot sich im schwindenden grauen Licht, das durch das kleine Fenster fiel, seinen Augen ein auf dem Teppich zappelnder mehrteiliger Wust aus weißem Stoff dar, aus dem weibliche Knie ragten, rund wie der böse Mond, und ein zwischen ihnen wippender Jungenhintern.
»Was soll das?«, rief Ar-Scharlachi leise und schlug die niedrige Tür hinter sich zu. »Hättet wenigstens den Riegel vorschieben können, ihr Idioten!«
Der Räuber sprang auf, wobei er männliche Vorzüge von bemerkenswerten Ausmaßen erkennen ließ, und starrte den Anführer aus weißen, wahnsinnigen Augen an. Er wich zu rück, stieß mit dem Rücken an die Wand, und plötzlich tauchte in seiner Hand eine schmale Messerklinge auf.
Jetzt war es an Ar-Scharlachi zu erschrecken. Eine Sekunde lang blickten sie einander schweigend an. Gleich wird er sich auf mich stürzen, schoss es Ar-Scharlachi durch den Kopf.
»N-na … Wo bist du denn?«, fragte Aliyat mit betrunkener, grober Stimme und warf sich beim Versuch aufzustehen hin und her.
»Gib!«, befahl Ar-Scharlachi abgehackt und streckte die Hand aus.
Der Räuber zog die zitternde Oberlippe hoch (er trug keinen Schleier) und presste sich noch enger gegen die Wand.
»Gib das Messer her!«, wiederholte Ar-Scharlachi so gebieterisch wie möglich und machte einen Schritt nach vorn, obwohl ihm vor Angst das Herz bis zum Halse klopfte.
Dem Anführer noch immer in die Augen blickend, lächelte der junge Räuber wie irre, dann schluchzte er auf und schnitt sich mit einer einzigen Bewegung die Kehle durch.
20
Die Ergebensten
Z wei kräftige, finstere Räuber saßen direkt auf dem Fußboden unter den vorgeschobenen Holzriegeln der Heckluke. Eigentlich sollte man auf Wache stehen, aber das fiel ihnen noch etwas schwer, und wäre eine Kontrolle gekommen, hätten sie das schon von Weitem gehört. Die dünnen Trennwände des Schiffes ließen den Schall nicht nur durch, sondern schienen ihn sogar noch zu verstärken. Und sie bewachten ja auch nicht den äußeren Zugang zur Luke – das war Aufgabe der Deckwache –, sondern den inneren – für den Fall, dass ein Räuber, um sich einen Krug zu verschaffen, versuchte, das Schiff zu verlassen.
Das gelbe reglose Flämmchen aus dem tönernen Lämpchen warf schwachen Lichtschein auf die schweren Köpfe, die Falten der weißen Kittel und einen längs der Trennwand liegenden, in einen Teppich eingewickelten Gegenstand.
»Wir mühen uns hier ganz umsonst«, murrte einer der Räuber, ein gewaltiger Kerl mit umgestülpten roten Augenlidern. »Kein Mensch wird sich hier blicken lassen. Wie sie gehört haben, was passiert ist, sind sie gleich zahm geworden …«
»Tjaa …«, sagte der andere gedehnt und niedergeschlagen, wobei er auf das blickte, was in den mit dunklen Flecken bedeckten Teppich eingewickelt war. »Hör mal, Gorcha, wieso liegt der überhaupt hier? Man müsste ihn rausbringen und begraben.«
»Solche werden nicht begraben«, erwiderte Gorcha unzufrieden. »Wenn wir draußen in der Wüste sind, werden wir ihn aus der Luke werfen … Denk doch, mit dem Weib des Anführers herummachen – was ist denn das? Für so was, weißt du, wird man im Sand eingegraben … Du kannst also davon ausgehen, dass er recht getan hat, sich die Kehle durchzuschneiden …«
»So? Ich habe aber gehört, er hat sich mit dem Messer auf Scharlach gestürzt, und der hat ihn …«
»Wer? Der?« Gorcha warf einen abfälligen Blick auf den Teppich. »Also das glaube ich nicht.«
»Und außerdem …« Der Räuber senkte die Stimme. »Außerdem habe ich gehört, sie hat ihn selber in die Kajüte gezerrt … Da werden sie wohl nicht lügen, die Wände sind dünn, man hört alles …«
Gorcha hüstelte. »Und sogar wenn«, sagte er streng. »Man muss doch
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