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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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und dessen besonderes Talent für die Falknerei ihm seinen Namen gegeben hatte. Seine besten Reiter leisteten dem Sultan von Ijar schon lange Jahre treue Dienste, solange sie jung und kampfestüchtig waren.
    Das traf auch auf Rashad zu, dessen Name in etwa »rechtschaffenes Verhalten« bedeutete und der diesem alle Ehre machte, so wie vor ihm sein Vater Fahd und sein Großvater Husam al-Din. Eine fadendünne Narbe, weiß auf seiner goldbraunen Haut, die eine seiner buschigen Brauen spaltete; eine weitere, die sich zwischen seinen tiefliegenden dunklen Augen entlangzog, bis an die Wurzel seiner starken, hervorspringenden Nase, und ähnliche Male auf seinen großen, kräftigen Händen, die das bunte Teeglas umfasst hielten, verrieten, dass er sich seinen Platz als Hauptmann der Söldner des Sultans von Ijar tapfer erkämpft hatte. Er galt nicht nur als guter Krieger, der des Sultans Karawanen unbeschadet nach Aden brachte und wieder zurück, sondern auch als Mann von großer Klugheit und Vernunft. So wunderte sich niemand über den Respekt, den der Sultan dem so viel jüngeren Hauptmann entgegenbrachte und mit dem er ihn um seine Meinung bat. Gespannt warteten die anderen auf Rashads wohl überlegte Antwort.
    »Die Wege hinunter zur Küste, durch das Gebiet von Lahej und nach Aden hinein sind hart umkämpft«, ließ er sich schließlich vernehmen. Seine Stimme klang tief und voll, aufgeraut von Sand und Wind. »Karawanen ohne bewaffnete Begleitung kommen kaum mehr unversehrt hinein. Große Schwierigkeiten machen die anderen Stämme aus den Bergen, die sich als Beschützer den Karawanen andienen, die am meisten bezahlen und, wenn es sich anbietet, noch unterwegs die Seiten wechseln.«
    »Wie verhalten sich die faranj? «, wollte der Sultan wissen.
    »Die meisten der Kämpfe entziehen sich ihrer Kenntnis, weil sie kaum über den Rand des Kraters hinausblicken. Es sei denn, der Sultan von Lahej bittet sie um Hilfe; dann stellen sie zwei, drei Mann, und deren Erscheinen genügt, um die Karawane von Lahej ungestört nach Aden hineinzubringen.« Rashads Miene war undurchdringlich; allein ein kaum merkliches Emporschnellen seiner versehrten Augenbraue verriet, wie er darüber denken mochte.
    Der Sultan nickte vor sich hin, als er überlegte, seine Worte sorgfältig abwog, bis er verkündete: »Wir können nicht länger hinnehmen, dass Lahej mithilfe der faranj auf unsere Kosten und auf die unserer Brüder immer fetter wird, womöglich noch sein Herrschaftsgebiet ausdehnen will. Dagegen müssen wir etwas tun.« Mit lauten Zurufen bekundeten die Sheikhs ihre Zustimmung zu diesem Beschluss ihres Sultans. Als sie wieder verstummt waren, wandte sich der Sultan erneut an den Hauptmann. »Wie können wir das bewerkstelligen, Eurer Einschätzung nach?«
    Rashad schwieg, seinen Blick in das halbvolle Teeglas versenkt.
    »Ihr kennt doch das Denken und Handeln der faranj aus eigener Erfahrung«, fasste der Sultan ohne Eile nach. »Ihr habt unter Ihnen gelebt, Ihr sprecht ihre Sprache.«
    Rashad al-Shaheen hatte viel gesehen, war als Begleitschutz für die Händler Ijars mit seinem Vater nach Somalia gereist, nach Ägypten bis hinauf nach Cairo, kaum dass er als Halbwüchsiger in den Kreis der Männer aufgenommen worden war. Er kannte Aden noch aus der Zeit vor der Besetzung durch Commander Haines, hatte zu jenen Männern gehört, die sich in den unruhigen ersten Jahren der Anwesenheit der Briten widersetzt hatten, und sein Vater hatte diesen Widerstand mit dem ehrenvollen Tod eines Kriegers bezahlt. »Ich habe nur immer wieder einige Zeit in Aden verbracht, wenn meine Männer die Karawanen dort wohlbehalten hingebracht hatten und wir auf den Abmarsch einer anderen Karawane gewartet haben. Und meine Kenntnisse ihrer Sprache reichen kaum über das Nötigste hinaus«, zeigte Rashad sich unter einer leichten Verneigung in Richtung des Sultans bescheiden. Der Sultan lächelte. Dieser Zug an ihm war einer der Gründe, weshalb er den Hauptmann über alle Maßen schätzte, doch, wie Allah wusste, bei Weitem nicht der entscheidende.
    Rashad stellte sein leeres Teeglas auf dem Boden ab und ließ seine Handgelenke mit den enganliegenden Ledermanschetten entspannt auf den Knien seiner untergeschlagenen Beine ruhen, machte mit lockeren Händen verhaltene und doch bestimmte Gesten. »Ein offener Angriff wäre vergeblich und nutzlos obendrein. Auch ist nicht zu erwarten, dass die faranj je mit Lahej brechen werden. Dafür liegen Aden und Lahej zu

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