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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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nur lesen konnte, wenn man ihn umdrehte und hineinspähte, eine Adresse und ein Name. Das genügte.
    Sie war schon auf dem Weg zum Ausgang, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Sie drehte sich langsam um und zog die rechte Faust aus der Manteltasche, um zuschlagen zu können.
    Ein großer Mann im Blaumann, mit dickem Rollkragenpullover darunter und einer Mütze mit Ohrenschützern, fasste sie am Arm und zog sie zur Seite. »Du siehst blass aus.« Es war Ludwig Rinke.
    »Netter Zufall, spart mir die Gebühr«, sagte er. »Komm mit raus. Hier stehen zu viele Leute rum.« Er bückte sich und hob einen Werkzeugkasten hoch. Er trug dicke Arbeitshandschuhe.
    Immerhin einer, der sich bemüht, mir das Gefühl von Geborgenheit zu geben, dachte Klara und fummelte eineManoli aus ihrer Manteltasche. Rinke führte sie zu einem Glühweinstand am Straßenrand.
    »Weniger rauchen, mehr essen«, sagte er. »Du bist schmal geworden.«
    »Deus ex machina«, sagte Klara. »Zum zweiten Mal.«
    »Wir waren doch verabredet, oder? Hat besser geklappt als gedacht. Wo bist du untergekommen?«
    »Momentan ein Hotel. Gefällt mir aber nicht. Jetzt habe ich eine Adresse im Wedding.«
    »Und das Himmelfahrtskommando? Um was geht’s?«
    »Material sammeln, der Holländer, das Feuer, das ganze Wie und Warum.«
    »Sie haben dich auf van der Lubbe angesetzt?« Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und schaute sie zweifelnd an. »Was ist dabei?«
    »Deine Leute wollen ihn denunzieren, genau wie die anderen.«
    »Unsinn!«, fuhr Klara ihn an.
    Rinke wirkte leicht irritiert und schaute an ihr vorbei. »Dass du mir bloß keine Schande machst, Klara.«
    »So ein Quatsch.«
    »Schon gut. Du gehst deinen Holzweg, ich geh meinen. Apropos …« Er hob seine Blechkiste. »Die Arbeit ruft.«
    »Und du, wo wohnst du?«
    »Billige Absteige. Aber ich habe eine Wohnung in Aussicht, in der ich werkeln kann.« Er zögerte, schien einen inneren Disput auszufechten und nannte ihr eine Adresse in Kreuzberg. »Merk dir das, für alle Fälle«, fügte er unwirsch hinzu. »Wenn du kommen musst, dann ohne deine Stalinisten. Die Wohnung gehört einem Freund, der ist sehr allergisch, was deine Bande betrifft. Ich nenne ihn Genosse A.« Rinke lachte. »Sollte nur er da sein, kannst du ihm vertrauen. So, ich muss weiter, die Arbeit ruft, großer Auftrag.« Er grinste.
    »Auftrag?«
    Rinke stieß ihr den Ellbogen in die Seite. »Wie nennst du es, wenn du eine Sache erledigst, Berufung?«
    »Wie lange?«
    »Ein paar Tage, ein paar Wochen? Ich habe vor, ein politisches Signal zu setzen.«
    »Du? Soll das ein Scherz sein?«
    »Scherz, Ironie, tiefere Bedeutung, wer weiß? Ich hatte schon immer ein Faible für menschliche Schwächen bei den Starken. Und es lohnt sich.«
    Er zahlte die Brause und verabschiedete sich. »Wenn wir uns aus den Augen verlieren und unser Briefkasten hier nicht funktioniert, lies die Vossische . Die nehmen Annoncen zügig rein. Wenn ich Berlin verlasse, wirst du es irgendwie erfahren.«
    »Wohin?«
    »Weiß man das in diesen Zeiten? Und sonst bin ich immer für dich da. Mach’s gut!« Er beugte sich zu ihr, umarmte sie linkisch und eilte, den Werkzeugkasten in der Hand, zwischen Automobilen, Droschken, Omnibussen und Straßenbahnen auf die andere Seite, wo er vom Schatten der wogenden Masse aufgesogen wurde. Klara war völlig perplex.
    Sie nahm die Straßenbahn in den Wedding. Busse mochte sie nicht, schon gar nicht die Doppeldecker, wo man oben saß wie in einer Konservendose.
    Eine Tischlerei im Hinterhof, das Schild hing vorn zur Straße über der Durchfahrt, matt angestrahlt von einer Straßenlaterne, die Torflügel waren noch geöffnet. Ein Laster stand schräg halb in der Durchfahrt, halb auf dem Gehweg, Bretter und ein nagelneuer Schrank auf der Ladefläche. Die Ausfahrt wurde von einem Lieferwagen blockiert, der einige Beulen aufwies. Im Vorbeigehen bemerkte Klara ein Hakenkreuz, das verkehrt herum in den Lack unterhalb des Griffs der Hecktür geritzt war.
    Es hätte ihr eine Warnung sein sollen. Kaum hatte sie sich durch den schmalen Raum zwischen Wand und Kotflügel geschoben, sprangen von rechts und links zwei Männer auf sie zu, packten sie an den Armen und zerrten sie gegen die Wand.
    »Stillgestanden« und »Schnauze halten« wurde sie angeblafft.»Hände über den Kopf!« Klara tat es. Eine Taschenlampe blitzte auf, gleichzeitig ein Schlag in die Magengrube, der glücklicherweise von Jacke und Mantel gedämpft wurde. Trotzdem

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