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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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geschafft«, meinte Henßler. »Wer war noch beteiligt?«
    Berghaus machte eine vage Handbewegung.
    »Ich will wissen, was genau da gewesen ist«, erklärte Klara. »Das ist mein Auftrag. Wenn ich ohne Ergebnis zurückkomme, nimmt mich keiner ernst. Und dann können Sie Ihr Angebot vergessen.«
    Berghaus schaute Henßler auffordernd an.
    »Ich weiß nichts Genaues, aber ich wüsste, wen man fragen könnte, der vielleicht beteiligt war oder vermittelt hat.«
    »Van der Lubbe? An wen?«
    Henßler warf den SA-Offizieren einen unsicheren Blick zu. Der Brigadeführer schüttelte den Kopf: »Mit diesem Lump haben wir nichts zu tun.«
    Berghaus wandte sich an Klara: »Wie lange brauchen Sie bis Kopenhagen?«
    »Zwei Tage.«
    »Dann gebe ich Ihnen noch zwei, um herauszufinden, was Sie herausfinden sollen. Mit Henßlers Hilfe dürfte Ihnen das kaum schwerfallen.«
    Henßler grinste schief. Dir werde ich keinen Ring mit Betäubungsgift angedeihen lassen, dachte Klara grimmig, ein Schlagring wäre angebrachter.
    Die SA-Offiziere machten sich wieder über das Büffet her. »Sie haben gar nichts gegessen, Frau Schindler«, stellte Berghaus fest. »Sollen wir Ihnen etwas einpacken lassen?«

    Der Motor des Opels, den Henßler chauffierte, klapperte ähnlich unregelmäßig wie Klaras Herz. Gelegentlich hatte sie das Gefühl, dass ihr die Luft wegblieb. Sie versuchte, gleichmäßig und tief ein- und auszuatmen, und schob das Fenster der Beifahrertür auf, um frische Luft zu bekommen. Langsam wurde es besser.
    Henßler gab ruckartig Gas und kam mit der Gangschaltung nicht gut zurecht. Na ja, dachte Klara, einer, der hinkt, fährt eben so.
    Die Villa, in die man sie gebracht hatte, lag an einem See, das hatte sie bemerkt, als sie im Morgengrauen durch den Vorgarten zur Auffahrt vor der Garage gegangen waren. Irgendwann ein Schild: Potsdam.
    »Ist das der Wannsee?«
    »Hier gibt’s viele Seen.«
    »Wie heißt der?«
    »Das ist die Havel.«
    Dann aber doch ein Schild: Wannsee. Ein anderes: Schlachtensee. Sie hätte sich mal nach dem Schild der Straße umschauen sollen. Jetzt war es zu spät. Aber ehrlich gesagt, in dieses Haus wollte sie sowieso nicht mehr zurück. Das leichte Zittern, das sie an sich bemerkte, kam wahrscheinlich nicht vom Aufputschmittel, sondern von der Angst. Sie war entführt worden, fremder Gewalt ausgeliefert gewesen.
    »Stopp mal eben!«
    Zwei Minuten stand sie würgend am Straßenrand. Wie gut, dass sie nichts gegessen hatte. Danach ging es ein bisschen besser.
    Sie schob ihre kalten Hände in den Muff der Frau mit den Netzhandschuhen. Das erste Mal. So ein Ding würde sie normalerweise nicht benutzen. Ihre Fingerspitzen stießen gegen etwas Hartes. Ein Stück Karton, zusammengeknüllt, eine Visitenkarte. Klara faltete sie auseinander und schaute verstohlen darauf, sodass Henßler nichts davon merkte: Dr. Herbert Albrecht, Volkswirt, Mitglied des Reichstags, eine Berliner Adresse war angegeben. Was hatte die rätselhafte Ausländerin mit einem Abgeordneten zu tun? War sie dochnur ein Flittchen? Und wenn schon, was hat das zu sagen? Wir müssen alle irgendwie durchkommen.
    Im dichter werdenden Großstadtverkehr ging es durch Zehlendorf nach Charlottenburg. Henßler schien es zu genießen, mit dem Auto unterwegs zu sein. Er summte vor sich hin und bemühte sich, am Straßenrand stehenden Lieferwagen, den Straßenbahnen und Fahrradfahrern elegant auszuweichen. Hin und wieder warf er ihr einen freundlich gemeinten Blick zu. Mir musst du nichts beweisen, dachte Klara, ich kann dich nicht ausstehen.
    Zwischendurch hielten sie an, um an einem Kiosk Zigaretten zu kaufen. Sie erreichten den Wedding. Hier hingen noch rote Fahnen mit Hammer und Sichel.
    Henßler hielt an.
    »Was tun wir hier?«, fragte Klara.
    »Wir treffen den Mann, der van der Lubbe in den Reichstag geführt hat.«
    »Ich denke, er ist durchs Fenster geklettert.«
    »Und hat das ganze Ding allein angesteckt? Ha!«
    Klara deutete auf die roten Fahnen. »Also Kommunisten?« »Sie werden sich wundern.« Henßler schob die Fahrertür auf. Klara folgte ihm in den Innenhof. Hier waren nur noch Hakenkreuzfahnen zu sehen. Wenn er mich reinlegen will … und warum trage ich eigentlich keine Waffe bei mir?
    Endlos viele Treppen hoch bis unters Dach, Klara brach auf halbem Weg der Schweiß aus. Kindergeschrei im Haus. Kohldunst und Kartoffelgeruch hingen in der Luft. Schmutzige Treppenstufen, hier war schon Monate nicht mehr gefegt oder gewischt worden. Eine

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