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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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solche in der SA … unzufrieden mit der verbürgerlichten Tendenz der NS-Führung …«
    Klara nickte mechanisch vor sich hin. Sie fühlte sich gut. Es gab nichts Schöneres als eine Verschwörung zum Wohle des deutschen Volkes … was war schon der Reichstagsbrand … ein Lagerfeuer verglichen mit dem Brand von Rom, dem Untergang von Pompeji … eine Lappalie … es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass es schöner ist, tausend Männern beim Hitlergruß zuzuschauen, als zwanzig Tänzerinnen, die ihre Beine schwungvoll in die Höhe werfen im Takt eines …
    Die Mädchen auf der Bühne tanzten jetzt schräg nach oben, die Wand hinauf, dann über die Decke, verdoppelten ihre Zahl und vervielfachten sich wie durch ein Kaleidoskop betrachtet, und als wäre es ein Kinofilm, sauste Klara wie eine Kamera in voller Fahrt nun auf die Hübscheste von allen zu, die ihr einen Muff entgegenhielt, in den die Kamera hineinsauste wie in einen Tunnel, ein schwarzes Loch, eine leere Unendlichkeit, in der jemand laut rief: »Es werde Licht!« Und tatsächlich blitzte vor Klaras apathischen Augen das Feuerzeug von Berghaus auf und beleuchtete, während er sich nonchalant eine Finas der Gebrüder Kyriazi anzündete, einen dicken Ring, den er am Finger trug. Der schwarze Schmuckstein hing merkwürdig zur Seite. Klara ruckte nach vorn, stierte den Goldklunker an, das Ding war aufgeklappt, ein Giftdepot … Wie es sich für einen Adeligen gehört …hinterhältiger Anschlag … und das Opfer bin ich. Eine Fingerkuppe näherte sich dem Deckel und klappte ihn zu.
    Vergiftet … das ist witzig … man fürchtet, von einer barbarischen Horde mit Knüppeln erschlagen zu werden … aber es kommt ein Von und streut ein Betäubungsmittel in den Moselwein … nun wird es immer dunkler.
    Berghaus zog den Ring vom Finger und steckte ihn in die Tasche. Henßler fing Klaras Kopf auf, der beinahe auf den Tisch geprallt wäre. Ein paar Geldscheine segelten auf die weiße Decke, Klara wurde in den Mantel gezwängt, ihre Hände in den Muff gesteckt … was für eine ausgezeichnete Fessel für die Dame von Welt … und von zwei Armen umfangen, schob, besser trug man sie zum Ausgang.
    Ein Wagen kam gefahren, hielt an. Klara wurde hineingedrückt.
    Erst als sie schmerzhaft spürte, wie ihre Lippe verbrannte, spuckte sie die brennende Kippe aus. Sie wollte etwas sagen, eine scherzhafte Bemerkung machen, zum Beispiel darüber, dass da draußen weiße Fledermäuse flatterten. Aber da fing die schwarze Katze in ihren Händen an zu schnurren. Sie legte den Kopf darauf und schlief ein.

    »Ein bisschen Gegengift«, sagte der dicke Mann mit dem Schnurrbart und den Schweinsäuglein. »Keine Angst, gnädige Frau, ich bin Arzt.«
    Der Stich war nicht der Rede wert, aber dann schienen sich Klaras Nerven zu straffen, peitschte ein Wecksignal durch sämtliche Muskeln, gab ihr innerlich einen heftigen Stoß, und schon saß sie kerzengerade da, hellwach, aufmerksam, ihr Herz arbeitete im Brustkorb mit der Vehemenz und Beharrlichkeit einer Dampframme.
    »Sehen Sie, es gibt immer eine Medizin.« Der angebliche Arzt warf die Spritze in seine Ledertasche, klappte sie zu und stand auf.
    Henßler trat neben das Sofa, auf dem Klara eben noch gelegen hatte, und reichte ihr ein Glas Wasser. Ihr Mund war trocken, ihre Zunge rau und schwer.
    »Es tut mir leid, er war einfach übereifrig.«
    »Was?«
    »Berghaus. Er hat einen Hang zur Kolportage. Dies wäre nicht nötig gewesen. Und ich sagte ihm noch, es genügen Worte.«
    Klara trank in kleinen Schlucken, bekam kurz Angst, es könnte wieder ein Gift im Glas sein, trank dennoch weiter, weil ein ungeheurer Durst sie quälte. Hinter dem angeblichen Arzt fiel die Tür zu.
    »Worte, wozu?«, fragte sie.
    »Um Sie, dich, zu überzeugen, Genossin.«
    Das Glas war leer. Henßler schenkte ihr aus einer Kristallkaraffe nach. Klara schaute sich um. Sie saß auf einem Biedermeiersofa in einem bürgerlichen Wohnzimmer mit einem aus Hirschgeweih gefertigten Lüster unter der Decke. Blümchentapete, eine Anrichte, ein Schrank mit Glastüren, darin Geschirr und Gläser.
    Ich bin in der Hölle und leider mit Henßler, diesem hinkenden kleinen Teufel. Wäre er in diesem Kabarett ein paar Minuten früher aufgetaucht, säße diese seltsame Frau mit den Netzhandschuhen jetzt wahrscheinlich neben mir, das zumindest hätte es interessanter gemacht.
    Henßler bemerkte ihr Stirnrunzeln. »Schau mich nicht so gelangweilt und abfällig an, du wirst gleich

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