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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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bitte sachlich bleiben«, sagte Klara.
    »Sachlich? Wenn es um eine Frauengeschichte geht?«
    »Was hättest du denn gemacht?«, fragte Otto. »Sie hat ihre ganzen Ersparnisse zusammengekratzt und ist mit dem Zug von Budapest gekommen, um ihn zu treffen. Aber er warständig unterwegs, verschwieg ihr, was er vorhatte, wen er traf. Ihr einziger Anlaufpunkt waren die Genossen von der Arbeiterunion. Da hab ich sie getroffen.«
    »Klingt alles mehr als fadenscheinig«, brummte Rinke.
    »Van der Lubbe war mal in Ungarn«, stellte Klara fest.
    »Ja, dort hat er sie kennengelernt«, fügte Otto hinzu.
    Rinke rümpfte die Nase. »Schwachsinn! Jemand hat sie auf ihn angesetzt, so sieht es aus.«
    »Nein«, widersprach Otto. »Sie hatte Briefe von ihm bei sich. Damit konnte sie sich sozusagen bei den Genossen ausweisen. Und sie sind ja auch zusammen gekommen …«
    »Aber van der Lubbe hat seine Mission über die Frauengeschichte gestellt«, sagte Rinke. »Das solltest du auch tun, du Idiot.«
    »Halt doch den Mund«, murmelte Otto vor sich hin.
    »Und warum hat sie mich verfolgt?«, fragte Klara.
    »Zwei Möglichkeiten gibt es«, sagte Rinke. »Entweder hat jemand sie auf dich angesetzt oder sie ist geistig genauso minderbemittelt wie ihr. Wahrscheinlich trifft beides zu. Eins steht jedenfalls fest: Sie weiß, wo wir sind, und wenn sie ein Lockvogel ist oder ein Spitzel oder eine Verrückte, dann bringt sie uns in Gefahr, dann sind wir längst in Gefahr. Und deshalb werden wir jetzt sofort unsere Sachen packen und ein Ausweichquartier aufsuchen … auch wenn wir dadurch im Zeitplan zurückfallen. Bevor sich die Kripo oder Stapo oder Sipo einen Spaß daraus macht, uns hier zusammenzuschießen.«
    »Wir sind doch nicht in Chicago«, sagte Otto.
    »Eben, es ist viel schlimmer.«
    »Sie sucht vielleicht Verbündete, sicherlich will sie van der Lubbe helfen«, überlegte Klara laut.
    »Soll sie sich an die AAU wenden oder an die Syndikalisten, was weiß ich. Wir segeln auf einem anderen Schiff.«
    Klara wandte sich an Otto. »Und du, was sagst du dazu?« Otto hob die Schultern und schwieg.
    »Wir packen zusammen und ziehen ab!«, kommandierte Rinke. »Ich hab einen Wagen organisiert. Wir sind mobil.«
    »Ich bleibe hier«, entschied Klara.
    »Was soll das denn heißen?« fuhr Rinke sie an.
    Sie stand auf und strich sich über das Nachthemd. »Mir ist kalt. Ich geh wieder ins Bett.«
    Die Männer rumorten bis zum Morgengrauen und trugen schließlich einige Kisten und Kartons hinaus. Als sie ihr ein knappes »Wiedersehen, mach’s gut« zuriefen, war sie fast eingeschlafen. Der Muff der ungarischen Freundin des holländischen Brandstifters lag unter ihrem Kopfkissen.

    »Post für Herrn Otto! Wo sind die Herren denn?« Der Postbote hielt ihr einen Brief hin und warf einen neugierigen Blick über ihre Schulter in die Werkstatt. Das Wort »Herren« sprach er mit deutlich hörbarem ironischen Unterton aus. Klara hatte sich den Mantel über das Nachthemd geworfen und war vom Tisch aufgesprungen, wo sie vor einer großen Kanne mit heißem Kaffee gesessen, geraucht und vor sich hin gebrütet hatte.
    »An Herrn Otto« stand in schiefer, ungelenker Frauenschrift auf dem Umschlag, die Adresse sehr ausführlich inklusive »2. Hinterhof, Souterrain, Werkstatt, Treppe hinunter«. Säuberlich abgeschrieben von einer Notiz, die offenbar als Wegbeschreibung gedacht gewesen war. Eine Frau, die, darauf wies die Neigung der Buchstaben hin, Linkshänderin sein musste.
    »Ich kann’s ihm ja geben«, sagte Klara und nahm den Brief entgegen.
    Der Postbote musterte sie neugierig. »Tut mir leid, dass ich Sie aus dem Bett geholt habe. Ist wohl spät geworden gestern Abend.« Er zwinkerte ihr zu.
    »Im Gegenteil.«
    »Die Herren haben mir versprochen, einen Briefschlitz in die Tür zu machen«, fuhr der Postbeamte fort, noch immer neugierig glotzend. »Dann müsste ich nicht mehr klingeln. Wo sie sich doch immer gestört fühlen.«
    »Danke«, sagte Klara und schloss die Tür.
    Sie riss den Umschlag auf und setzte sich an den Tisch. Ein zweifach zusammengefaltetes Blatt, einseitig beschrieben, die gleiche Schrift wie auf dem Umschlag.
    »Verehrter Herr Otto«, stand da geschrieben, »ich habe Angst. Der Mann, mit dem R. nach Hennigsdorf im Asyl war, W., hat mich erschreckt. Ich bin vor ihm weggelaufen. Was soll ich jetzt machen? Vielleicht will er mir Schaden zufügen. Ich habe auch kein Geld mehr und muss wieder arbeiten. Also können Sie mich treffen in

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