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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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vom Deck der »Horizont 2« nach unten auf einen Fischkutter, der sich hob und senkte und manchmal bedrohlich weit vom Frachter entfernte. Dann klaffte unter ihr eine Lücke, in der kabbelige Wellen schäumten, und ein bisschen sah es aus, als wollte das Meer nach ihr schnappen. Lieber schaute sie angestrengt nach oben. Neben ihr wurden einige mit Flugblättern und Propagandabroschüren gefüllte Kisten und ihr Koffer herabgelassen. Der Motor der Seilwinde jaulte leise vor sich hin.
    »Darf ich mal«, sagte der Fischer, als sie unten ankam und schon wieder bedrohlich über dem kalten, bleckenden Wasser hing. Er packte sie an den Hüften und hob sie an Bord. Zwei andere zerrten die Kisten und den Koffer aus der Plane, die sofort wieder hochgezogen wurde.
    Kutter und Frachter entfernten sich voneinander. Keine Abschiedsworte, keine Gesten.
    Positionslichter waren zu sehen, Schattenrisse von größeren und kleineren Schiffen näher und weiter entfernt, die Silhouetten der Kräne im Überseehafen. Auf dem Deck des Kutters stapelten sich Kisten mit Fisch. Zwei Fischer waren damit beschäftigt, die Netze zusammenzulegen. Klara spürte das Klopfen des Motors unter den Sohlen.
    »Runter in die Kombüse!« Der Fischer nahm den Koffer und stieg die steile Treppe hinab.
    Ein enger Raum, in dem Herd, Geschirrschrank und ein Tisch mit Stühlen untergebracht waren. Das Ofenrohr endete unterhalb einer offenen Luke. Kein Feuer im Herd. Es war eiskalt.
    Der Steuermann hob den Koffer hoch. »Mehr hast du nicht?«
    Klara schüttelte den Kopf.
    »Dich sollen wir im Stadthafen abliefern. Wir sind spät dran.« Er zog ein kleines Stück Pappe aus der Tasche. »Hier deine Fahrkarte. Wenn du den Zug nicht schaffst, nimmst du den nächsten. Wäre aber riskant. Die SA kontrolliert den Bahnhof. Die spielen jetzt Polizei. Hast du gute Papiere?« Klara nickte.
    »Ein bisschen auffällig, wie du so herumläufst.«
    »So sehe ich immer aus.« Klara holte die Zigarettenschachtel aus der Manteltasche.
    »In Berlin kannst du das machen, aber in Rostock fällst du auf.«
    »Ich hab noch was zum Umziehen im Koffer.«
    »Ist deine Sache, aber …«
    Sie steckte die Zigaretten wieder weg und stand auf. »Ich zieh mich um.«
    Der Fischer nickte und kletterte an Deck.
    Klara holte den Tweedrock und die Wollstrümpfe aus dem Koffer. Dann die Brille, die sie nie trug, aus Eitelkeit, so ein rundes Ding mit schwarzem Rand, billig, hatte ihr ein Optiker in London aufgeschwatzt. Sie fand sich lächerlich damit, und viel besser konnte sie damit auch nicht sehen. Aus dem schmalen Spiegel über dem Ausguss schaute sie eine Person an, die sie entfernt an ein Mädchen erinnerte, das nie gerne Röcke getragen hatte und Wollstrümpfe schon gar nicht. Der Fischer kam wieder runter. »Los jetzt. Wenn wir längs gehen, springst du auf die Schute. Wir halten nicht an. Den Koffer nehme ich und werfe ihn hinterher. Ein Genosse erwartet dich oben am Kai.«
    Klara folgte ihm an Deck.
    Eine hohe Hafenmauer, der Kutter steuerte auf die Schute zu, Klara sprang und landete auf einem Haufen Kohle, der Koffer segelte durch die Luft und blieb neben ihr liegen. Sie packte ihn, schaute sich um, sah, wie der Kutter einen Bogen beschrieb und eilig verschwand. Der Schein einiger Laternen und die beginnende Dämmerung halfen ihr, sich zu orientieren.
    Eine eiserne Leiter führte nach oben. Aber wie klettert man hinauf mit einem Gepäckstück in der Hand?
    Irgendwie ging es. Der Kopf eines jungen Kerls mit Pudelmütze tauchte auf, eine derbe Hand schnappte sich den Koffer.
    Als sie oben ankam, schnürte er den Koffer auf dem Gepäckträger fest. Klara rutschte auf der vereisten Kaimauer aus. »Und du willst nach Berlin?«, fragte er heiser.
    »Wenn ich den Zug noch kriege.«
    »Dass du eine Frau bist, ist gut.«
    Na ja, dachte Klara, wie man’s nimmt.
    »Setz dich auf die Stange. Uns hält keiner an.« Er lachte.
    Er roch nach Alkohol und Zigarettenrauch. Ab und zu musste er die Füße von den Pedalen nehmen, wenn das Fahrrad ins Rutschen geriet, einmal wären sie beinahe auf den vereisten Untergrund gestürzt.
    Sie fuhren an einem SA-Trupp vorbei, der Passanten anhielt.
    »Die kontrollieren vor allem Leute, die vom Bahnhof zum Hafen gehen. Ich weiß nicht, wen sie eigentlich suchen. Wollen vielleicht nur zeigen, dass sie jetzt das Sagen haben.« Er lachte abfällig. »Aber ich hab auch schon gesehen, wie sie jemanden mitgenommen haben.«
    Klara schwieg. Es war anstrengend genug, auf der

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