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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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für einen Augenblick aus dem Takt, doch dann schlug er noch viel schneller und kräftiger in die Hände. Er klatschte zweimal hintereinander in die Hände, um sich vom Klatschen der anderen zu unterscheiden.
    Lambert drehte sich um, kam neugierig zurück, stellte sich demonstrativ neben Steve und stimmte in sein Klatschen ein.
    Ralph Lorenz stand nun ebenfalls auf und stellte sich neben Emilia. Die anderen erhielten Verstärkung von einigen alten Hahndorfern.
    Die, die noch saßen, sahen unsicher von einer Partei zur anderen. Einige von ihnen standen nun auch auf und traten zu denen, die ihre Ansicht vertraten.
    Das Ganze hatte nicht länger als zwei oder drei Minuten gedauert, doch plötzlich schien es, als wäre das ganze Gebiet Barossa Valley in zwei Lager gespalten. Die meisten Älteren gesellten sich zu Steve und Lambert, die jungen Leute suchten ihren Platz bei Jonah und Emilia.
    Amber stand etwas abseits. Sie brauchte keine Entscheidung zu fällen. Seit sie denken konnte, stand sie für das, was ihre beiden Kinder jetzt in der Öffentlichkeit verkörperten. Alle, die sie liebte, standen dort: Emilia, Jonah, Ralph.
    Walter, der in seinem Rollstuhl neben ihr stand, zupfte sie am Arm. »Schieb mich neben meine Enkel«, sagte er.
    »Willst du das wirklich?«, fragte Amber. »Deine Freunde stehen alle bei Steve.«
    Walter nickte. »Dann habe ich eben ab jetzt neue Freunde.«
    Amber gab ihm einen Kuss auf die Wange und tat, wie er ihr geheißen. Emilia umarmte ihren Großvater, und Jonah ließ sich von ihm einen freundlichen Klaps versetzen. Sie klatschten, was das Zeug hielt.
    Nur wenige Leute saßen noch.
    Amber sah Maggie, die neben Jake saß. Ihre Tochter Diana hatte sich als eine der Ersten zu Jonah und Emilia gestellt. Jetzt stand ihr Mann auf. Er ging mit steifen, aber festen Schritten zu Steve und begann, so kräftig er konnte, in die Hände zu klatschen.
    Auch die anderen hatten sich nun erhoben. Nur Maggie stand noch unschlüssig. Sie sah aus, als würde sie am liebsten weinen. Immer wieder sah sie von einer Partei zur anderen. Amber hatte Mitleid mit ihr. Sie wusste, wie es war, sich zwischen dem Mann und dem Kind entscheiden zu müssen. Am liebsten wäre sie zu ihr gelaufen und hätte sie auf ihre Seite gezogen. Sie hatte nicht vergessen, dass Maggie damals als einzige Mutter für den schwarzen Schüler Jonah gesprochen hatte. Aber sie hatte auch nicht vergessen, dass Maggie sich den Schwarzen gegenüber früher sehr überlegen gefühlt hatte.
    Amber hielt den Atem an. Wie würde die ehemalige Freundin entscheiden?
    Endlich tat Maggie einen Schritt auf die Partei zu, zu der ihre Tochter gehörte.

»Maggie, komm sofort her!«, ertönte der bellende Befehl ihres Mannes Jake. Als hätte Maggie nur darauf gewartet, rannte sie plötzlich los. Sie rannte auf Amber zu, und Amber breitete die Arme aus, fing die Freundin aus Kindertagen auf und presste sie ganz fest an sich.

21
    Du liebst mich nicht mehr«, klagte Peena unterwürfig.
    Steve schüttelte die junge Frau, die sich an seinen Arm gehängt hatte, ab.
    »Das hat nichts mit dir zu tun, Peena. Ich bin ein weißer Mann. Ich habe dir nie versprochen, dich zu heiraten oder Kinder mit dir zu wollen. Fahr in die Stadt, fahr nach Adelaide, und lass das Kind abtreiben. Ich zahle die Kosten.«
    »Aber ich möchte das Kind, Steve. Es ist unser Kind.«
    »Ich kann keinen schwarzen Bastard brauchen«, knurrte er und ignorierte ihre Tränen. »Und überhaupt: Wie kann ich wissen, dass das Kind von mir ist? Schließlich warst du eine Hure. Einmal Hure, immer Hure. Ich sehe doch, mit welch lüsternen Augen dir die Arbeiter nachstieren. Was machst du eigentlich, wenn ich in Adelaide bin? Wie verbringst du die einsamen Abende ohne mich?«
    Er sprach die Worte, wartete nicht auf eine Antwort, sondern setzte sich auf Peenas Bett, angelte nach der Zeitung und begann zu lesen, als wäre das Thema für ihn abgeschlossen.
    Peena sah ihn an. Als er über das Kind sprach, hatte sie die Hände schützend über ihren Bauch gelegt. Noch sah niemand, dass sie schwanger war, doch sie wusste es.
    »Es ist dein Kind, Steve, und du weißt es«, sagte sie leise. »Ich kenne dich besser als jeder andere. Ich weiß, dass du dir immer eine Familie gewünscht hast. Lass uns fortgehen von hier und zusammen ein neues Leben beginnen. Amber wäre nicht böse, ich weiß es. Bitte, Steve, gib dir selbst eine Chance, endlich das zu bekommen, was du dir am meisten wünschst.«
    Sie hielt inne.

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