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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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zwischen weißen Rosen wirkte. Amber hätte ihr dieses Lächeln am liebsten aus dem Gesicht geschlagen. Plötzlich fiel ihr ein, dass es ein ungeschriebenes Gesetz gab, das grüne Kleidung auf Hochzeiten verbot. Die meisten Einwohner von Tanunda und Barossa Valley stammten aus England und Deutschland. Sie lebten schon lange in Australien, doch die Bräuche ihrer Heimat hatten sie nicht vergessen. Grüne Kleidung trug man nicht auf einer Hochzeit, weil grüne Kleidung Unglück brachte. Amber kannte diesen Aberglauben, und sie hielt sich für gewöhnlich an die Bräuche. Aber eine Frau, der das größte Unglück überhaupt widerfahren war, scherte sich wenig um das Unglück der anderen, schon gar nicht, wenn es nur spekulativer Natur war.
    Unglück macht egoistisch. Unglück macht aus einem prallen, großen Herzen ein Herz, das so klein und schrumpelig ist wie eine Traube, die zu lange am Stock gehangen hat.
    Amber verspürte eine große Genugtuung. Sie war unglücklich und nicht in der Lage, Maggie ihr Glück zu gönnen. Ihr erschlichenes Glück, das so austauschbar war wie der Bräutigam. Sie hatte Jonah geliebt. Sie hatte ihn sich nicht »geangelt«, weil er vermögend und gut aussehend war. Warum war Jonah tot und Jake am Leben? Warum war Maggie glücklich und sie nicht?
    Die junge Braut musste das grüne Kleid als Affront auffassen. Amber stand dort in ihrem Unglückskleid, und die Gäste starrten sie an, tuschelten miteinander und fragten sich, warum Amber ihrer Freundin kein Glück wünschen konnte.
    Maggie war eine Braut wie aus dem Magazin. Ihr Kleid, angefertigt nur für diesen einen Tag, musste ein Vermögen gekostet haben. Es war weiß und über und über mit Spitzen besetzt. Der Schleier reichte bis zum Boden und wurde oben vom Jungfernkranz gehalten.
    Amber hatte schon mehrmals festgestellt, dass sie die Braut auf einer Hochzeit kaum wiedererkannte. War es die Kleidung oder der neue, gerade errungene Familienstand, der die Freundinnen so veränderte, ihnen eine lächerliche Würde verlieh, die von den Frauen mit Rührung verwechselt und beweint wurde? Sie wusste es nicht, doch sie ahnte die Lüge und den Selbstbetrug, der dahintersteckte.
    Ihre Blicke huschten durch die Kirche, die mit Blumen und roten Bändern geschmückt war.
    Scotty, Jakes Cousin, hatte sie erkannt und kam auf sie zu. »Wie geht es dir?«, fragte er.
    Ich muss jetzt lächeln und sagen, dass es mir gut geht, dachte Amber. Niemand darf etwas merken, sonst muss mein Vater ins Gefängnis. Ab sofort werde ich mich durch das Leben lügen müssen. Zuerst werde ich nur die anderen belügen, aber bald schon auch mich selbst. Und das Schlimmste daran ist, dass ich es nicht einmal bemerken werde, und irgendwann wird die Lüge zur Wahrheit geworden sein.
    »Es geht mir gut, Scotty«, sagte sie und lächelte so breit sie nur konnte. »Freut mich, dich wiederzusehen.«
    »Ehrlich?«, fragte der junge Mann.
    Amber nickte. »Ja. Ehrlich. Ich hätte gern im Pub auch mal mit dir getanzt.« Sie lachte. »Aber ich kann schließlich keinen Jungen zum Tanzen auffordern, nicht wahr?«
    Scotty strahlte. »Ich habe mich nicht getraut«, gab er zu. »Du hast so schön ausgesehen, und alle Jungs haben über dich gesprochen. Außerdem hast du einen Collegeabschluss und bist Winemaker. Ich dachte nicht, dass du dich mit einem abgeben würdest, der kein Diplom und auch sonst nicht viel vorzuweisen hat.«
    Orgeltöne brausten durch das Kirchenschiff und gaben das Signal. Alle hasteten zu ihren Plätzen und setzten eine gesammelte und feierliche Miene auf. Scotty nickte Amber zu, dann lief er nach vorn, um seinen Platz bei der Familie des Bräutigams einzunehmen.
    Amber betrachtete den gesamten Hochzeitsgottesdienst wie jemand, der darüber zu berichten hat. Sie vermerkte jede Einzelheit an Maggies Kleid, sah den leisen Hauch von Überdruss schon jetzt in Jakes Gesicht, den Stolz von Maggies Mutter und die Unzufriedenheit von Jakes Vater, der sich unter den geladenen Gästen umsah, als suchte er nach einer Frau, die besser zu seinem Sohn und Erben passte als diese Maggie, die zwar recht hübsch, aber weder besonders klug noch besonders vermögend war. Er sah aus wie ein Mann, der bei einem Geschäft über den Tisch gezogen worden war.
    Als die Gäste schließlich hinter dem frischvermählten Paar aus der Kirche traten und sich die Tränen der Rührung oder des Bedauerns über das eigene Unglück ihrer Ehe aus den Augen wischten, kam Wind auf.
    Amber sah in die Ferne

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