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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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ausschließlich aus Aborigine-Gerichten bestand, hatte Steve jedoch zu früh bemerkt. Er hatte alle Speisen und Getränke weggeworfen und in aller Eile im besten Restaurant von Tanunda neu geordert.
    Amber hatte danebengestanden, die Arme vor der Brust verschränkt, und gelächelt. Seit dem Abend, an dem sie in Steves Zimmer gekommen war, hatte sie kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Er hatte getobt, er hatte geschrien, er hatte ausgeholt, um ihr eine Ohrfeige zu verpassen, doch es hatte nichts genutzt. Seit der angedrohten Ohrfeige trug Amber gut sichtbar ein Messer in einer Lederhülle an ihrem Gürtel.
    Sie war noch blasser und schmaler geworden.
    Auch jetzt, Seite an Seite mit ihrem frischgebackenen Ehemann und einem Blumenstrauß aus weißen Lilien – Totenblumen – im Arm, schwieg sie.
    Steve hatte einen Arm um ihre Hüfte gelegt, doch sie machte sich steif wie ein Brett.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Maggie, deren Schwangerschaft bereits sichtbar wurde und ihr das Aussehen einer glücklichen jungen Ehefrau verlieh, und fügte hinzu: »Möge dir das Glück vergönnt sein, das du verdienst.«
    Amber nickte nur. Seit der Hochzeit der Freundin hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Es war, als hätten die Ereignisse der letzten Wochen einen unüberwindlichen Graben zwischen Ambers und Maggies Welt gezogen. Einen Graben, der nicht durch Worte oder Gesten zu überbrücken war.
    Amber ließ diese Entwicklung gleichgültig, doch Maggie schien sie nun zu hassen. Amber hatte darüber nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass sie Lichtjahre von Maggie entfernt war. Die ehemalige Freundin kam ihr vor wie ein kleines Mädchen, das von einem Puppenhaus träumte, von einer Puppenküche und einem winzigen Puppenkind in einer Puppenwiege, dazu einen ausdruckslosen Puppenmann, der nicht eigentlich gebraucht wurde, doch als Dekoration unerlässlich war. Maggie war das Kind geblieben, das sie mit acht Jahren gewesen war. Nur die Puppenstube war größer geworden, ansonsten hatte sich nichts geändert.
    Amber aber war erwachsen geworden. Sie wusste, dass es kein Puppenleben gab, wusste, dass Leid und Schrecken zum Leben gehörten wie Freude und Glück. Und sie wusste, dass man auf Glück und Unglück nur sehr begrenzt Einfluss hatte.
    »Lächle!«, befahl Steve und stieß ihr leicht in die Seite. »Los, lächle!«
    Sie wandte sich ihm zu, zog die Lippen auseinander und bleckte die Zähne. Sie wusste, dass sie aussah wie einer der Wildhunde, die nach einem Knochen gierten.
    »So?«, fragte sie und zog die Lippen breit.
    »Ich werde dir zeigen, was ich meine. Noch heute Nacht wirst du mich anflehen, lächeln zu dürfen.«
    Niemand hatte diesen Satz gehört, doch Aluunda kam am Abend, als die ersten Gäste bereits gegangen waren und die Hochzeitsnacht näher rückte, zu ihr und sagte: »Ich werde wach sein. Und ich werde alles hören und alles sehen. Wenn du mich brauchst, so denke an mich, und ich werde da sein.«
    Amber nickte dankbar und strich der alten schwarzen Frau sanft über die Wange. »Und noch etwas, Amber, muss ich dir sagen. Du trägst ein Kind unter dem Herzen. Es ist Jonahs Kind.«
    Amber riss die Augen auf, dann stieß sie einen kleinen Schrei aus und presste sogleich die Hand auf ihren Mund. »Ist das wahr?«, fragte sie. »Ist das wirklich wahr? Jonah wird leben? In mir, in unserem Kind weiterleben?«
    Aluunda nickte. »Ja, du bekommst ein Kind. Doch dieses Kind wird es nicht leicht haben. Steve Emslie wird alles tun, um ihm das Leben schwer zu machen.«
    Die alte Frau nickte noch einmal bekräftigend, dann ging sie langsam in die Küche zurück und begann damit, das Geschirr der Gäste aufzustapeln. Amber sah ihr nach und war wieder einmal über die Fähigkeit der Aborigines erstaunt, Dinge lange vor der Zeit wahrzunehmen.
    Steve saß inmitten der anderen Winzer. Er hatte schon wieder ein Whiskyglas vor sich und paffte bedeutungsschwer an einer Zigarre. Hin und wieder erteilte er den Aborigines, die zum Helfen gekommen waren, barsche Anweisungen. Es störte ihn nicht, dass die meisten Gäste schon gegangen waren und Walter ebenfalls begann, sich zu verabschieden.
    Er sah Ambers Müdigkeit und schien ein ganz besonderes Vergnügen daran zu finden, sie zu langweilen und mit überheblichen Männergesprächen zu quälen.
    Als sie endlich aufstand, sich von den vier Nachbarn verabschiedete, die noch da waren, zwang Steve sie auf seinen Schoß.
    Seine Hand umschloss ihre Hüfte wie eine

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