Unter dem Teebaum
ihn dafür, dass er Jonahs Tod nicht verhindert, dass er die Schwarzen stets schlecht behandelt hatte. Aber nun gab es außer Aluunda und Saleem keine Schwarzen mehr hier.
Amber stand auf. »Such du das Zimmer aus. Es ist mir gleich«, sagte sie, und jetzt war es ihre Stimme, die weniger kratzbürstig klang als bisher.
»Danke, Amber«, sagte Steve, und diese Worte klangen aus seinem Mund so ungewohnt wie ein Wasserfall in der Wüste.
Amber nickte, drehte sich um und verließ die Veranda und den Frühstückstisch.
Als sie am Abend zurück ins Haus kam, sagte Aluunda: »Ich habe euch ein Zimmer hergerichtet. Möchtest du es sehen?«
Amber nickte.
»Steve hat mir dabei geholfen«, teilte Aluunda zu Ambers Verblüffung mit. Sie stieg vor ihr die Treppe in den ersten Stock hinauf und öffnete die Tür zum Eckzimmer, dem schönsten im ganzen Haus, das genau über Walters Arbeitszimmer lag und ebenfalls einen Kamin besaß.
Amber stand starr und betrachtete hingerissen den Raum. Die Fenster, die sich über zwei Wände hinzogen, waren von seidenen Vorhängen bedeckt, die die grelle Sonne Australiens milderten und ihren harten Glanz in einen weichen Goldschimmer verwandelten. In der Mitte stand das Bett, in dem einst Ambers Eltern gelebt und sich geliebt hatten.
Aluunda hatte es mit einer bunten Patchworkdecke verschönert. Ambers Schleiflackkommode stand an der Wand, daneben Steves Schaukelstuhl und einer der bequemen Rattanstühle, die auch auf der Veranda standen.
»Gefällt es dir?«, fragte Aluunda.
Amber nickte und roch an dem Blumenstrauß, der in einer kleinen Vase auf der Kommode stand.
»Die Blumen sind von Steve«, sagte Aluunda. Kein Wort mehr. Dann ging sie.
Es dauerte nur wenige Wochen, bis die anderen Ambers Schwangerschaft bemerkten.
Sie saßen auf der Veranda und kosteten einen Wein vom Nachbargut, als Walter Jordan sich plötzlich zu seiner Tochter neigte und ihr die Hand auf den Bauch legte. Seine Hand fühlte sich so warm an, dass Amber ihre Hand auf die seine legte und fest an ihren Bauch presste. Der alte Gutsbesitzer lächelte.
»Du bist nicht mehr allein, nicht wahr?«, fragte er.
Amber nickte und lächelte zurück, dann streichelte sie ihren Bauch. Steve, der ihnen gegenübersaß und in einer Zeitung blätterte, sah auf.
»Ist das wahr?«, fragte er. »Ist das wirklich wahr? Wir bekommen ein Kind?«
Amber schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen. »Nicht wir, ich bekomme ein Kind«, sagte sie, doch Steve verstand sie nicht. Amber hoffte, er würde selbst merken, dass das Baby in ihrem Bauch nicht von ihm sein konnte, doch Steve, der sich mit trächtigen Kühen wunderbar auskannte, wusste nicht viel über werdende Mütter.
Von diesem Tag an war Steve wie ausgewechselt. Er bemühte sich um Amber, brachte ihr Blumen mit, einen besonders schönen Stein oder ein Stück Obst. Er trug ihr den Wäschekorb zum Trockenplatz und schob ihr am Abend ein Kissen in den Rücken. Amber ließ sich das alles gefallen, ohne eine Regung zu zeigen. Und eines Abends lächelte sie sogar, als er die Veranda betrat.
Sie saß in einem Rohrstuhl und sah ihm entgegen, doch dann stöhnte sie leise auf und presste eine Hand in ihren Rücken.
Sofort sprang Steve auf. »Ist alles in Ordnung? Möchtest du noch ein Kissen? Ein Glas Wasser vielleicht?«
Er stand vor ihr und sah auf ihren Bauch, dessen Wölbung inzwischen deutlich hervortrat. Seine Hand zuckte, und Amber sah, dass er sie liebend gern auf ihren Bauch legen würde. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, Jonah stünde vor ihr. Mit geschlossenen Augen griff sie nach der Hand, die sie in ihrer Nähe fühlte, und drückte sie sanft auf ihren Bauch.
»Es bewegt sich«, hörte sie eine Männerstimme sagen. Doch es war nicht die Stimme, die sie zu hören wünschte.
Sie riss die Augen auf, sprang beinahe aus ihrem Stuhl, sodass die Hand von ihrem Bauch fiel wie ein welkes Blatt.
Sie sagte kein Wort, sah Steve nur an, dann verließ sie die Veranda und kümmerte sich nicht um ihren Ehemann, der wie ein getretener Hund zurückblieb und ihr seelenwund nachsah.
Im gleichen Maße, wie das Kind in Amber wuchs, wuchs in Walter Jordan die Hoffnung. Er war klug genug, um zumindest den Gedanken, dass Ambers Baby von Jonah sein könnte, in Erwägung zu ziehen. Im Grunde wünschte er sich sogar, dass es so war. An seinem Enkel konnte er, nein, nicht gutmachen, was er dem Vater zugefügt hatte, aber er konnte dafür sorgen, dass das Kind in Ruhe aufwuchs,
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