Unter dem Vampirmond 01 - Versuchung
wütend war. Sie hatten doch behauptet, es würde weder wehtun noch töten, wenn sie einen Menschen bissen. Was wäre also so schlimm daran gewesen, wenn Jack mich gebissen hätte?
» Es war nicht meine Schuld!«, verteidigte sich Jack. » Sie hat völlig durchgedreht, weil sie an Peter gedacht hat. Und soll ich dir noch was sagen? Ich habe sie nicht gebissen, du brauchst mich also gar nicht so anzuschauen!«
» Warum bin ich denn appetitlicher für euch, wenn ich an Peter denke?«, fragte ich, und beide senkten den Blick. » Kommt schon! Ich weiß, dass ihr Vampire seid! Was solltet ihr mir da bitte noch verschweigen?«
» Appetitlicher«, wiederholte Jack nachdenklich. » Das trifft es ziemlich gut.«
» Warum erzählt ihr mir das überhaupt?« Ich sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. » Warum habt ihr mir erzählt, dass ihr Vampire seid? Ist das nicht ein Geheimnis?«
» Ach was«, schnaubte Jack. » Ich hasse es, wenn sie in den Filmen sagen, du darfst es ja keinem erzählen, dass wir Vampire sind, sonst wird der Hohe Rat der eingebildeten Vampire uns alle töten! Es gibt keinen Hohen Rat oder eine große Vereinigung der Vampire. Genauso wenig wie es einen Rat gibt, der über alle Menschen herrscht. Und weißt du was?«, fuhr Jack fort. » Die Leute glauben nicht an Vampire. Oder meinst du vielleicht, wir müssten irgendetwas an uns verheimlichen? Habe ich je wirklich versucht, etwas vor dir zu verheimlichen?«
» Nein, aber du wolltest mir vieles nicht sagen«, sagte ich spitz.
» Ja, weil ich dich mochte. Wenn ich dir gleich am ersten Tag gesagt hätte, dass ich ein Vampir bin, hättest du mich für verrückt gehalten und nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.«
» Aber warum hast du so lange damit gewartet, es mir zu sagen?«
» Ich wollte sicher sein, dass du mir vertraust.« Dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich traurig, und er seufzte. » Ich wollte es dir an dem Abend im Park erzählen. Aber dann ist das mit diesem blöden Hund passiert. Und du warst so schockiert darüber, dass ich ihn getötet habe. Also dachte ich, wenn du es mir so übel nimmst, dass ich einen Hund töte, wie würdest du dann erst reagieren, wenn du erfahren würdest, dass ich Menschen beiße?«
» Oh.« Ich dachte an jenen Abend zurück und erinnerte mich daran, dass er damit gedroht hatte, unsere Freundschaft zu beenden, wenn ich nicht aufhören würde zu weinen. Das schien damals ziemlich hart, aber im Nachhinein betrachtet, konnte ich ihn verstehen, denn meine Reaktion musste ihn sehr verletzt haben. » Na ja, jetzt weiß ich es. Und ich halte dich nicht für ein Monster.«
» Gut«, sagte Jack sichtlich erleichtert und rieb sich dann über seine nackte Haut. » Ich werde mir mal ein T-Shirt überziehen. Bin gleich wieder da.« Jack schoss aus der Küche, und ich hörte ihn die Treppe hinaufeilen.«
» Geht es dir gut, nach alldem?« Mae sah mich ernst an, und ich nickte. Sie legte mir sanft ihre Hände auf die Wangen und küsste mich auf die Stirn. » Gut. Möchtest du noch Wasser?«
» Ja, gerne«, sagte ich, und sie nahm mein Glas und ging zum Kühlschrank, um mir nachzuschenken.
» Da ist nur eine Sache, die mir keine Ruhe lässt.« Das war gelogen. Es gab ungefähr fünfzig Dinge, die mir keine Ruhe ließen, aber es gab vor allem eines, was mich an diesem Abend beschäftigte.
» Und was ist es, Liebes?« Sie gab mir das Glas Wasser und schaute mich erwartungsvoll an.
» Warum ist Peter fortgegangen?«, fragte ich, und sie senkte zögernd den Blick. » Jack hat gesagt, er sei wegen mir gegangen.«
» Jack weiß nicht, wovon er spricht«, antwortete Mae knapp.
» Mae.« Ich starrte sie an, bis auch sie mich ansah und seufzte.
» Das ist wirklich eine Unterhaltung, die wir an einem anderen Tag führen sollten.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. » Ich hatte einen sehr langen Tag und würde jetzt einfach gerne ein heißes Bad nehmen. Ich bin sicher, du und Jack findet etwas, womit ihr euch amüsieren könnt.«
» Immer doch!«, rief Jack, der plötzlich mit einem frischen T-Shirt und sauberen Shorts in die Küche kam.
» Und benimm dich«, warnte ihn Mae im Vorbeigehen. » Das meine ich ernst.«
» Ja, ja«, murmelte er und streckte ihr die Zunge raus, als sie ihm den Rücken zugekehrt hatte.
Dann schlenderte er mit einem dummen Grinsen auf dem Gesicht zu mir herüber. » Ich bin so froh, dass du es weißt. Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie schwer es ist, dir etwas zu
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