Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
Licht uns schwächt.
Doch was würde geschehen, wenn ich ständig der Sonne ausgesetzt wäre? Wenn ich ein Leben führte wie ein normaler Mensch, in der Nacht schliefe und am Tage wachte – was würde aus mir werden? Die Sonne scheint unsere Sinne zu schwächen, sie auf menschliches Niveau abzusenken.
Kann man daraus schließen, dass uns ein Leben in der Sonne wieder der Sterblichkeit ausliefern würde? Würden wir altern und schließlich sterben?
Dies wiederum führt mich zu einem anderen Gedanken. Beziehen wir unsere Unsterblichkeit, unsere exotische Macht, vom Mond?
Für eine Art Sachbuch, von dem man Antworten erwartet hätte, stellte es ganz gute Fragen. Peter fand kaum wissenschaftlich fundierte Ursachen für die Wirkung der Sonne auf Vampire. Er führte jedoch seine eigene Untersuchung durch, inwieweit Sonne ihn wieder sterblich machen oder zumindest altern lassen könnte.
Einen Monat lang wachte er am Tag und schlief in der Nacht, konnte jedoch lediglich feststellen, dass er müde, schwach und unverhältnismäßig hungrig war. Mindestens einmal am Tag musste er etwas zu sich nehmen, was dazu führte, dass er beinahe drei Menschen umgebracht hätte. Am Ende des Monats beendete er seinen Selbstversuch, ohne eine nachhaltige Veränderung an sich festgestellt zu haben.
Ich rollte mich zum Fenster und spähte durch die Vorhänge in den heller werdenden Himmel. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, doch der Himmel war bereits blau, was bedeutete, dass ich es nicht geschafft hatte, wie von Jack vorgeschlagen, früher ins Bett zu gehen. Ich legte das Buch zur Seite und versuchte ein wenig zu schlafen.
Ich verschlief den ganzen Tag, sogar die glühend heißen Mittagsstunden. Als ich endlich aufstand und den Fernseher anmachte, hieß es in den Nachrichten, das Thermometer sei an diesem Tag auf über 35 Grad Celsius gestiegen. Am liebsten wäre ich einfach in der Unterwäsche im Bett geblieben, doch Mom war zu Hause und beschwerte sich über die Hitze, ihre Arbeit und das Leben im Allgemeinen.
Nachdem sie zur Arbeit gegangen war, starrte ich mein Handy an und hoffte, dass mich jemand aus der stickigen Hitze der Wohnung erlösen würde. Doch dieses Glück blieb mir versagt.
Den Abend verbrachte ich vor dem Ventilator und dem Fernseher, sah mir Arsen und Spitzenhäubchen an und wartete darauf, dass mich ein Hitzschlag niederstreckte.
Kapitel 16
» Hier ƒ ehlt eindeuti g eine Klimaanlage! « Milo riss die Wohnungstür auf.
Ich setzte mich auf und sah ihn über die Rückenlehne des Sofas hinweg an. Er hatte mehrere Einkaufstüten in den Armen . Sein Gesicht war rot, wahrscheinlich von der Hitze.
» Was machst du denn hier? « , fragte ich, erstaunt über sein plötzliches Auftauchen.
» Was denn? Freust du dich etwa nicht, mich zu sehen? « Er stellte die Tüten auf die Arbeitsplatte und grinste mich an.
» Quatsch. Ich wollte nur … « Ich brach ab und betrachtete die vielen Einkaufstüten. » Was ist das alles? Und was tust du hier? «
» Ich habe mir überlegt, dass du seit meinem Auszug wahrscheinlich nichts Anständiges mehr zwischen die Zähne bekommen hast und vor Langeweile und Hitze umkommst. « Milo wühlte in den Taschen, zog Eiscreme und andere Tiefkühlwaren heraus und verstaute sie im Gefrierschrank. » Ich weiß doch, dass ihr nicht einkaufen geht. Ohne mich würdest du glatt verhungern. «
» Da hast du wahrscheinlich recht « , gab ich zu.
Während er weiter einräumte, öffnete ich den Gefrierschrank und holte mir ein Orangeneis heraus.
» Hast du keine Angst, dass Mom dich erwischt? «
» Sie ist doch bei der Arbeit « , sagte Milo achselzuckend. » Jack auch. Es war so still im Haus, da musste ich mal raus. «
» Jack ist bei der Arbeit? « Ich schwang mich auf die Arbeitsplatte und sah Milo beim Aufräumen zu. » Ich dachte, Ezra wäre wieder zu Hause. «
» Ist er auch. « Er langte über mich hinweg, um die Froot Loops ins oberste Regalfach zu stellen. » Jack ist allein unterwegs. Die Arbeit scheint ihm so langsam Spaß zu machen. «
» Du meinst, Jack übernimmt Verantwortung? « Ich schlürfte an meinem Eis und versuchte erfolglos zu verhindern, dass es mir auf die Beine tropfte.
» Ja. Überrascht dich das? « Milo lachte über meine erstaunte Reaktion.
» Nein, nein. « Ich wischte mir einen Orangenfleck vom Oberschenkel. » Ich wusste nur nicht, dass er so erfolgreich ist. Ich weiß nicht. Ich meine, ich weiß ja nicht einmal, was er genau tut. «
» Ich auch nicht.
Weitere Kostenlose Bücher