Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
verfluchten Vampir gebissen worden! Und jetzt soll ich mich in Chemie setzen und mit Jungs rumflirten und so tun, als sei nie etwas passiert? « Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie biss sich auf die Lippe. » Ich habe das Gefühl, dass mein ganzes Leben eine Lüge war. Ich meine, was gibt es denn noch alles, von dem ich nichts weiß? «
» Jane, wir wissen so gut wie nichts « , sagte ich. » Es gibt alles Mögliche da draußen. Aber das hat nichts mit uns zu tun. Oder wir wissen gar nichts davon. Diese eine Sache hat uns zufällig berührt, nur eine Minute lang, aber damit ändert sich doch für uns gar nichts. «
» Es ändert alles! « , rief Jane theatralisch.
Genau deshalb hatte ich niemandem von den Vampiren erzählen wollen. Für normale Menschen war es schwer zu akzeptieren, denn es beeinflusste ihre Wahrnehmung der Realität radikal. Wenn Dinge, die eindeutig Fiktion sein sollten, zur Tatsache wurden, so veränderte das alles.
» Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll « , erwiderte ich.
» Du kannst mir also nicht helfen? « Jane lächelte schief und schnippte die Zigarette in ein Waschbecken. » Ich hätte mehr von dir erwartet. « Sie holte ihre prall gefüllte Schminktasche hervor und stellte sich neben mich vor einen Spiegel.
» Was meinst du damit? « , fragte ich.
» Du nimmst einfach alles schicksalsergeben an, egal, was es ist. « Sie entfernte die Wimperntusche unter den Augen, die durch die Tränen verschmiert worden war. » Du kämpfst nie für etwas, das du willst. «
» Das stimmt doch gar nicht « , sagte ich, doch ihre Worte taten mir weh.
» Wirklich? « Janes Spiegelbild lächelte mich an, während sie sich den Lidstrich erneuerte. » Wenn das nicht stimmt, warum bist du dann hier auf der Highschool, immer noch als Mensch? Du willst doch bestimmt unbedingt zum Vampir werden. « Als sie den Eyeliner wegsteckte, fiel ihr mein Gesichtsausdruck im Spiegel auf, und sie lachte düster. » Das habe ich mir gedacht. «
» Es ist alles sehr kompliziert. « Doch meine Worte klangen hohl, sogar für mich.
» Ja, klar. « Sie legte noch eine Schicht Lipgloss auf und drehte sich dann zu mir um. » Ich gehe jetzt in die Klasse. Wir können so tun, als hätten wir diese kleine Unterhaltung nie geführt, da du dieses Spielchen wohl am liebsten so spielen willst. «
» Ich spiele überhaupt nichts! «
» Ja, ja. « Jane zwinkerte mir zu, warf sich die Büchertasche über die Schulter und schlenderte aus dem Raum. Sie stolzierte schon wieder daher wie auf dem Catwalk. Ich sah ihr mit offenem Mund nach.
Es war, als hätte Jane einen inneren Schalter. Wenn sie ihn umlegte, konnte sie vorübergehend echte Gefühle zeigen. Doch sobald es unbequem wurde, schaltete sie sie einfach wieder ab. Die Angst hatte ihr im Gesicht gestanden, und dann – klick – hatte sie ihr Make-up in Ordnung gebracht, mich zusammengestaucht und war hinausmarschiert in den Sonnenuntergang.
Ich lehnte mich zurück, legte den Hinterkopf an den Spiegel und versuchte, ihre Worte zu widerlegen. Ich kämpfte für das, was ich wollte. Immer wieder hatte ich versucht, Ezra davon zu überzeugen, dass ich besser bald zum Vampir wurde.
Jack hatte ich nie genau erzählt, was ich eigentlich fühlte, und ich hatte noch lange nicht alles mit ihm geklärt. Aber ich versuchte, aus einer chaotischen Situation das Beste zu machen . Das hieß noch lange nicht, dass ich alles stoisch ertrug.
An diesem Tag döste ich im Unterricht ziemlich viel vor mich hin. In der Mittagspause legte ich mich im Krankenzimmer auf eine Liege, um noch ein wenig zu schlafen. Nach der Schule machte mich der Nachhauseweg von der Bushaltestelle völlig fertig. Zu Hause angekommen, ließ ich mich aufs Sofa fallen und schlief sofort ein.
Milo hatte sich per SMS nach mir erkundigt, und ich hatte noch rasch geantwortet, ehe ich einschlief. Es fiel mir schwer, am nächsten Morgen rechtzeitig zur Schule aufzustehen, obwohl ich zweimal so viele Vitamine nahm, wie Mae mir geraten hatte.
Als ich an der Schule aus dem Bus stieg, ging ich noch rasch über die Straße zur Tankstelle und kaufte mir mehrere Dosen Red Bull. Ich war wild entschlossen, gegen die Müdigkeit anzukämpfen, und wenn ich dabei umkam.
Tatsächlich stellte sich eine Besserung ein. Jane ging mir aus dem Weg, doch das war mir nur recht. Es war besser, wenn sie Abstand zu allem gewann, ehe ihr noch Schlimmeres zustieß.
Nachdem ich mich durch den zweiten Tag meines Abschlussjahres gekämpft
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