Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
handelte, wo Jane gefunden worden war. Das war ein Bild ihres Fundortes.
» Das ist … das ist Janes Blut?«, fragte ich wie betäubt und sank neben Bobby auf die Couch.
» Tut mir leid.« Bobby wollte den Bildschirm zuklappen, doch ich hinderte ihn daran und nahm den Laptop an mich. » Bist du sicher, dass du das sehen willst?«
» Nein«, sagte ich, klickte aber trotzdem auf den Link, um den Artikel zu lesen.
Doch darin stand nicht viel mehr, als Jack mir bereits gesagt hatte. Die Leichen dreier Mädchen im Alter von achtzehn und neunzehn Jahren waren in den frühen Morgenstunden im Zentrum von Minneapolis gefunden worden. Da es an den Fundorten der Leichen so gut wie keine Spuren gab, ging die Polizei davon aus, dass die Mädchen woanders umgebracht und später an den Fundorten abgelegt worden waren.
Das Unwirklichste daran war, über Jane, die ich seit zehn Jahren kannte, in einer so sachlichen Art und Weise zu lesen, als sei sie kein Mensch aus Fleisch und Blut gewesen.
» Jane Kress, 18, ist das vermutlich jüngste Opfer. Ihre Leiche wurde am 16. Januar um 4:35 Uhr gefunden. Wie die anderen beiden Opfer erlitt sie zahlreiche Stichverletzungen.
Kress frequentierte häufig die Nachtclubs der Gegend und war am 14. Januar aus einer Entziehungskur entlassen worden. Geplant war ein neunzigtägiger Aufenthalt, doch Kress verließ die Einrichtung nach nur vierundzwanzig Tagen. Weder die Entziehungseinrichtung noch die Eltern der Toten gaben Auskunft darüber, weshalb sie in Behandlung war und was zu ihrer vorzeitigen Entlassung geführt hatte.«
Ich las den Artikel dreimal, während Bobby schweigend neben mir saß, und lehnte mich dann auf der Couch zurück, den Blick noch immer auf den Bildschirm gerichtet, als könnte ich dadurch mehr erfahren.
» Warum hast du dir das angesehen?«, fragte ich.
» Im Unterricht wurde heute darüber gesprochen«, sagte Bobby entschuldigend und zog die Bündchen seiner Ärmel über seine Hände. » Ich wusste nicht viel über den Fall, also habe ich nur … Es tut mir leid. Das hätte ich nicht tun sollen.«
» Nein, schon okay.« Ich schüttelte den Kopf. » Ich bin dir deshalb nicht böse.«
» Sicher?«
» Ja. Wie hast du den Artikel gefunden?«, fragte ich.
» Einfach über Google«, sagte er schulterzuckend. » Warum?«
» Glaubst du, es gibt da noch weitere Informationen?« Fest entschlossen, mehr über den Mord an Jane herauszufinden, ging ich auf Google.
» Ja, da gibt es eine Menge Infos.« Er rückte näher, um gemeinsam mit mir auf den Bildschirm zu schauen. » Viele wichtige Nachrichtensender berichten über die Morde, vor allem nachdem Jane ermordet wurde.«
» Warum?« Ich warf ihm einen kurzen Blick zu und ging dann weiter die endlose Liste durch, die mir Google anzeigte.
» Weil sie reich und schön war. Die beiden anderen Mädchen kamen aus armen Verhältnissen und eine von ihnen war angeblich sogar eine Prostituierte«, sagte Bobby. » Aber wonach suchst du?«
» Ich will Janes Mörder finden.« Ich zögerte einen Moment, während Bobby mich erwartungsvoll ansah. » Ich werde ihn töten.«
» Das ist ein bisschen sexistisch, findest du nicht?«
» Was ist an der Vergeltung eines Mordes sexistisch?« Ich sah ihn scharf an.
» Du gehst von vornherein von einem männlichen Mörder aus«, sagte er. » Dabei könnte es doch genauso gut auch eine Frau gewesen sein.« Ich dachte an Violet, verdrängte den Gedanken aber sofort wieder.
» Serienmörder sind in der Regel keine Frauen, aber gut, meinetwegen.« Ich zuckte mit den Schultern. » Egal wer Jane umgebracht hat, ich werde ihn oder sie töten.«
» Glaubst du, dass sie von einem Menschen umgebracht wurde?«, fragte Bobby.
Ich war angenehm überrascht, dass er nicht versuchte, mir die Sache auszureden. Er stellte es nicht einmal infrage, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, einem Serienkiller nachzujagen. Es waren diese Dinge, die mir Bobby so sympathisch machten.
» Ich weiß nicht, was ich glauben soll.« Ich klickte auf einen Link und beugte mich zum Bildschirm vor, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln. » Ich meine, zuerst war ich mir sicher, dass es ein Vampir war. Aber jetzt … in keinem dieser Artikel steht etwas von Bisswunden.«
» Das heißt gar nichts«, sagte Bobby und sah mich an.
» Wie meinst du das?«
» Die Polizei gibt nie alle Details bekannt«, erklärte er. » So prüfen sie die Aussagen von Verdächtigen und Zeugen. Ein Detail, das nur der Mörder
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