Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
Gesichtsausdruck war plötzlich ernst geworden.
» Ja. Sorry, du hättest das alles nicht hören sollen«, sagte ich beschämt.
» Bist du von hier?«, fragte Leif.
» Das ist ein weiterer Grund, weshalb du deinen Namen ändern solltest«, warf Jack ein. » Damit dich die Leute nicht mit deinem alten, menschlichen Ich in Verbindung bringen.«
» Ich bin eigentlich gar nicht von hier, ätsch …« Ich streckte Jack die Zunge heraus und stellte das ganze Ausmaß meiner Reife zur Schau. » Ich wurde in Idaho geboren. Wir sind hier erst hergezogen, als ich ungefähr fünf war, weil meine Großmutter hier gewohnt hat. Aber sie ist gestorben, also habe ich sonst keine Verwandten, die nach mir suchen könnten.«
» Ist Milo dein echter Bruder?«, fragte Leif, und obwohl er mich ansah, hatte ich das Gefühl, er schaue durch mich hindurch. » Nicht wie … nicht wie Vampire.«
» Nein, er ist mein echter Bruder. Wir haben die gleiche Mutter. Aber hör mal, ist alles okay mit dir?«, fragte ich. Er sah plötzlich irgendwie merkwürdig aus.
» Ja, alles okay. Ich glaube, ich bin … nur müde.« Er schenkte mir ein gezwungenes Lächeln, das ihn jedoch nur noch kränker aussehen ließ.
» Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?« Sogar Jack klang besorgt und das sollte etwas heißen.
» Es geht schon.« Leif schluckte und ging ins Wohnzimmer.
» Glaubst du, er ist wirklich okay?«, flüsterte ich Jack zu. » Ich meine, kann es Vampiren schlecht gehen?«
» Ich weiß es nicht.« Jack schüttelte den Kopf und schien ebenso verblüfft wie ich. Als sich unsere Blicke trafen, wurde sein Ausdruck sanfter.
» Ich will darüber nicht mehr streiten«, sagte ich. » Ich liebe dich. Können wir es für den Moment nicht einfach dabei belassen?«
» Ja. Es tut mir leid.« Er trat zu mir und legte mir den Arm um die Schultern. » Ich verstehe das zwar nicht, aber … ich habe versprochen, alles zu tun, um dich glücklich zu machen. Und wenn es das ist, was du willst …?«
» Das ist es.« Ich lehnte mich an ihn.
Als ich am nächsten Tag aufstand, war Leif schon gegangen, aber das war nichts Ungewöhnliches. Er kam und ging, ohne viel Aufsehen zu erregen.
Immer noch fiel Schnee, der die Landschaft in eine weiße Decke hüllte. Jack ging nach draußen, um die Terrasse zu räumen. Und weil seine Schneefräse auf der Steinterrasse nicht recht funktionieren wollte, war er fast den ganzen Nachmittag mit Schneeschippen beschäftigt. Wobei er bestimmt auch viel Zeit darauf verwendete, mit Matilda zu spielen, die ihm bei seiner Arbeit Gesellschaft leistete.
Während Jack sich draußen seiner Arbeit widmete, machte ich mich daran, das Wohnzimmer in Ordnung zu bringen, wo Bobby mit dem Laptop auf dem Schoß auf dem Sofa saß.
» Wo ist Milo?« Ich nahm die Decke, die zusammengeknüllt neben Bobby lag, und legte sie zusammen.
» Ähm, in der Schule.« Bobby war ganz auf seinen Computer konzentriert, und als ich einen Blick auf den Bildschirm werfen wollte, klappte er ihn hastig zu. » Er nimmt an einer Rhetorikgruppe oder so teil. Du kannst ihn anrufen, wenn du es genauer wissen willst.«
» Was hast du dir gerade angeschaut?« Ich musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.
» Wer ich? Ähm, nichts.« Er schnippte seinen schwarzen Pony aus der Stirn und mied meinen Blick. » Hab nur im Internet gesurft.«
» Du bist so ein Perversling«, sagte ich. » Lädst du etwa Pornos runter?«
» Ja genau, weil ich im Wohnzimmer Pornos schauen würde«, sagte er verächtlich. Ich schaute ihn so lange an, bis er genervt stöhnte und seinen Laptop öffnete. » Ich dachte nur, du musst das nicht unbedingt sehen.«
» Was?« Ich griff nach seinem Computer, drehte den Bildschirm zu mir und sah dann, was er meinte.
Kapitel 7
Es war ein bildschirmfüllendes Farbfoto, doch der trübe Tag, der graue Beton und der dreckige Schnee darauf ließen es fast wie ein Schwarzweißfoto erscheinen – wären da nicht in der Mitte des Bildes die dunkelroten Flecken und daneben die braunen Schuhe eines Polizisten gewesen.
Die Überschrift des Fotos lautete » Polizei von Minneapolis bestreitet Spekulationen über Serienkiller«, und in kleinerer Schrift stand darunter: » Der dritte Mädchenmord in Folge, die Bevölkerung von Minneapolis fürchtet um ihre Sicherheit.«
Doch ich erfasste kaum den Sinn dieser Worte. Stattdessen waren meine Augen auf das Blut auf dem Gehsteig fixiert. Die Gebäude auf dem Bild sagten mir, dass es sich um die Hennepin Avenue
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