Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
sie mit Vampiren verkehrt.«
» Mhm«, murmelte ich, während es mir kalt den Rücken hinunterlief.
» Egal. Ich dachte nur, ich sage es dir, weil du mich nach dem Mord an dem Mädchen gefragt hast«, sagte Violet beiläufig und wandte sich wieder ihrem Becher zu.
Kaum hatte Violet ausgesprochen, spürte ich schon Milos fragenden Blick auf mir und beschloss zu gehen, bevor Violet und Olivia noch weitere Details über mein Interesse an Janes Mörder ausplauderten.
Obwohl ich mich bei Olivia und Violet so ungezwungen wie möglich für ihre Hilfe bedankte, bemerkte Milo meine plötzliche Eile. Und kaum waren wir im Aufzug und hatten die lange Fahrt in den Keller angetreten, begann er auch schon mit seinem Verhör.
» Was meinte Violet damit, als sie sagte, du hättest dich nach dem Mord an dem Mädchen erkundigt?«, fragte Milo, den Blick fest auf mich geheftet. Bobby machte sich neben ihm ganz klein, in der Hoffnung, dass Milo von seiner Rolle bei der ganzen Sache nichts erfuhr.
» Sie war meine beste Freundin, Milo.« Ich starrte an die Decke. » Hast du wirklich geglaubt, ich interessiere mich überhaupt nicht für den Mord?«
» Nein, aber du stellst besser nicht zu viele Nachforschungen an«, warnte mich Milo. » Darum kümmert sich schon die Polizei.«
» Ich stelle keine Nachforschungen an, aber wenn die Polizei sich um die Sache kümmert, was macht es dann aus, wenn ich es auch tue? Wenn sie damit fertig werden, dann kann ich es allemal«, konterte ich.
» Alice, du hast weder die Kenntnisse noch die Mittel, um den Fall zu lösen«, sagte Milo müde. » Du bringst dich nur selbst in Schwierigkeiten. Was würdest du tun, wenn du tatsächlich den Mörder finden würdest und nicht beweisen könntest, dass er es war? Solange du dir nicht sicher bist, würdest du ihn nicht töten wollen. Was würde es also bringen, ihn aufzuspüren?«
» Nichts«, sagte ich. » Deswegen tue ich es ja auch nicht. Ich habe nur ein paar Fragen gestellt, was nicht heißt, dass ich Ermittlungen angestellt hätte oder so.«
» Gut. Das will ich dir auch raten.«
» Warum?« Ich sah ihn an. » Was würdest du denn tun, wenn es nicht so wäre?«
» Dann erzähle ich Jack von den sehnsüchtigen Blicken zwischen dir und Peter in Australien«, sagte Milo gelassen, und mir blieb vor Fassungslosigkeit der Mund offen stehen.
» Wir … ich … grrr!«, stammelte ich und wandte mich wütend von ihm ab. » Das ist nicht fair!«
» Ich habe es satt, dass du dich immer in Lebensgefahr bringst, Alice!«, brüllte Milo. » Und wenn du nicht selbst schlau wirst, dann muss ich dich eben dazu zwingen! Halt dich aus dieser Sache raus, okay?«
» Na schön!«, brüllte ich zurück und drückte ungeduldig auf den Fahrstuhlknopf, in der Hoffnung, die Fahrt auf diese Weise zu verkürzen.
Milo, der mich bei Jack für etwas verpfiff, das überhaupt nicht … oder zumindest kaum passiert war – das hätte mir gerade noch gefehlt! Ich war unschuldig und ich wollte keinen weiteren Streit darüber riskieren. Ich hatte Jack versprochen, treu zu sein, und daran hielt ich mich auch.
Andererseits wollte ich aber auch Janes Mörder nicht ungeschoren davonkommen lassen. Vor allem nicht jetzt, da ich einen neuen Anhaltspunkt hatte. So vage Violets Hinweis auch sein mochte.
» Versprich mir, dass du dich da raushalten wirst«, insistierte Milo.
» Ich verspreche es«, sagte ich, überzeugt davon, dass ich mein Versprechen bei der nächsten Gelegenheit brechen würde.
Kapitel 12
Mein Lektürepensum wuchs von Tag zu Tag. Wenn ich im Vergleich dazu sah, wie wenige Bücher Milo nach Hause brachte, bereute ich es, mich von Ezra unterrichten zu lassen, anstatt eine echte Schule zu besuchen.
Ich hatte Wer die Nachtigall stört und die Kapitel in dem Geschichtsbuch gelesen, das Anatomiebuch allerdings links liegengelassen. Offenbar war mein Interesse an Medizin doch nicht so groß wie gedacht.
Trotz alledem fand ich die Zeit, um mit Bobby unter vier Augen zu sprechen. Wir waren beide der Meinung, dass es mit dem Vampir, der seine Bluthuren mit einem Brandzeichen kennzeichnete, etwas auf sich hatte, und wollten der Sache unbedingt nachgehen. Das musste allerdings vor Milo geheim bleiben, schließlich hatte er uns mehr als deutlich zu verstehen gegeben, was er von unseren Nachforschungen hielt.
Als ich nach dem Aufstehen ins Wohnzimmer kam, lagen dort On the Road von Jack Kerouac, In einem anderen Land von Ernest Hemingway sowie ein juristisches Fachbuch für
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