Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
mich bereit. On the Road war nicht so übel, wie ich angenommen hatte, und ich machte es mir auf dem Sofa gemütlich, um es zu lesen.
» Wie findest du das Buch?«, fragte Ezra, als er ins Wohnzimmer kam, um zu sehen, wie ich vorankam.
» Es ist okay«, antwortete ich schulterzuckend. Ich setzte mich auf und legte das Buch beiseite. » Nach welchen Kriterien suchst du die Bücher für mich aus?«
» Ich wähle nach dem Zufallsprinzip aus den von der Kritik am meisten gefeierten Büchern des letzten Jahrhunderts.« Er nahm den abgegriffenen Band von In einem anderen Land und blätterte gedankenverloren darin. » Das hier ist eines meiner Lieblingsbücher. Ich hatte insgeheim gehofft, du würdest es als Erstes lesen.«
» In der Highschool habe ich Der alte Mann und das Meer gelesen und wäre vor Langeweile beinahe gestorben. Seither halte ich mich von Hemingway fern, wenn ich kann.«
» Nun, da musst du jetzt durch.« Er legte das Buch zurück und setzte sich auf einen Stuhl.
» Was ist mit dem Jura-Buch? Wie bist du darauf gekommen?«, fragte ich und deutete auf das neue Lehrbuch.
» An Anatomie schienst du nicht sonderlich interessiert zu sein. Also dachte ich, Jura liegt dir möglicherweise eher.«
» Was ist dein Plan? Willst du alles ausprobieren, bis du etwas findest, was mich interessiert?«
» Mein Plan ist es, für deine Bildung zu sorgen.« Er lächelte. » Es liegt an dir, herauszufinden, wofür du dich interessierst.«
» Mit Jura könntest du da gar nicht so falschliegen.« Ich beugte mich, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, vor.
» Warum?«, fragte Ezra zögernd, als sei er unsicher, ob er die Antwort wirklich wissen wollte.
» Die Sache ist die …« Ich überlegte, wie ich es ausdrücken sollte. » In der Disko geht das Gerücht um, dass ein Vampir Mädchen brandmarkt – menschliche Mädchen.«
» Wer sagt das?«
» Ich habe bei Olivia davon gehört«, sagte ich. » Aber was spielt es denn für eine Rolle, von dem ich es weiß?«
» Es spielt eine Rolle, weil ich genau weiß, dass du wieder mal an einer Theorie bastelst. Und ich möchte wissen, ob es dafür überhaupt eine Grundlage gibt.« Ezra lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah mich gleichmütig an.
» Die gibt es sehr wohl. Zumindest glaube ich das.« Ich senkte den Blick. Ich wollte nicht zugeben, dass ich selbst meine Zweifel an Violets Glaubwürdigkeit hatte. Vielleicht machte sie sich nur einen Spaß aus der Sache und wollte mich für dumm verkaufen. Doch ich verdrängte diesen Gedanken sofort wieder, entschlossen, der einzigen Spur zu folgen, die ich hatte. » Können wir nicht einfach mal annehmen, dass alles, was ich sage, der Wahrheit entspricht?«
» Nein.« Er schüttelte den Kopf.
» Ezra!«, stöhnte ich. » Lass mich einfach ausreden, okay?«
» Das hat sicher wieder mit Jane zu tun, und ich habe dir bereits gesagt, dass ich dir damit nicht weiterhelfen kann«, sagte Ezra bedauernd. » Niemand kann das.«
» Ein Vampir, der Mädchen brandmarkt?« Ich ignorierte seine Abweisung. » Da stimmt doch was nicht.«
» Den Eindruck habe ich auch.«
» Nein, nicht weil es nicht wahr wäre, sondern weil …« Ich schüttelte den Kopf. » Es ist nur so ein Gefühl. Ich glaube, dass es da einen Zusammenhang gibt, aber vielleicht irre ich mich auch. Und bevor ich mich auf die Suche nach diesem Vampir mache, würde ich mir gerne sicher sein.«
» Und wie soll das funktionieren?«, fragte Ezra.
» Wenn es sich um den Mörder handelt, hat er wahrscheinlich auch die Mädchen mit einem Brandzeichen versehen, die er getötet hat.« Ich atmete tief ein. » Wahrscheinlich auch Jane.«
» Das ist eine ganz schön gewagte These.« Er spitzte die Lippen und sah zu Boden. » Viele Vampire sind böse und tun grausame Dinge mit Menschen, weil sie die Macht dazu haben. Nur weil ein Vampir Menschen brandmarkt, heißt das deshalb noch lange nicht, dass er ein Serienmörder ist. Und selbst wenn, ist es nicht gesagt, dass er Jane gekennzeichnet hat.«
» Das stimmt«, gab ich widerwillig zu. » Trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Morde mit Vampiren zu tun haben. Ich habe mir die Fundorte angeschaut …«
» Du hast was?«, fragte Jack und erschreckte mich damit so sehr, dass ich beinahe aufgesprungen wäre.
Ich war so sehr darauf konzentriert gewesen, Ezra von meiner Theorie zu überzeugen, dass ich Jack nicht hatte kommen hören. Er stand mit empörten, weit aufgerissenen Augen am Eingang des Wohnzimmers. Ich schluckte
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