Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
habe.«
»Es gibt vieles, das du mir noch nicht erzählt hast.«
»Das ist aber wichtig.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und ließ den Blick unruhig wandern. »Hast du schon mal etwas über Werwölfe gehört?«
Mir drehte sich der Magen um. Klar, ich war ein Vampir, aber deshalb vertrug ich noch lange nicht jede Gruselgeschichte dieser Erde. Sollte das heißen, dass es außer uns noch alle möglichen Monster und Fabelwesen wirklich gab? Vielleicht mussten wir es mit einem Yeti aufnehmen oder mit dem Ungeheuer von Loch Ness schwimmen gehen oder wir bekamen es mit einem Troll zu tun?
Es musste doch einen Punkt geben, ab dem Märchen auch Märchen blieben. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre das direkt nach den Vampiren gewesen.
»Nein, nein, nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Jack hat mir gesagt, dass es keine Werwölfe gibt.«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, stimmte Ezra mir zu. »Es ist unmöglich, die Gestalt zu verändern. Zumindest, soweit ich weiß.«
»Also ...« Mein Herzschlag beruhigte sich ein wenig, doch er hatte mir noch nicht alles gesagt.
»Warum ich davon anfange? Du hast wahrscheinlich die Geschichten darüber gehört, oder?« Seine tiefgründigen braunen Augen blickten mich eindringlich an.
»Ja«, antwortete ich unsicher.
Das Wenige, das ich über Werwölfe wusste, beschränkte sich mehr oder weniger auf Michael J. Fox’ Darstellung in Teenwolf . Ich hatte die Serie nicht besonders ernst genommen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass man wirklich auf einem Van skaten kann, egal ob als Werwolf oder als Mensch. Hängen geblieben war mir aus den Teenwolf -Folgen, dass Werwölfe gut Basketball spielen können. Diese Information schien jedoch unter den gegebenen Umständen nicht besonders hilfreich zu sein.
»Dass sie bei Vollmond ohne Bedenken Menschen angreifen?«, fuhr Ezra fort. »Sie verwandeln sich in bösartige Tiere ohne Gewissen oder logisches Denken.«
»Ja, klar.« Ich nickte und hoffte, dass er bald auf den Punkt kam.
»Weißt du noch, wie ich dir von den Vampiren erzählt habe, die ich kurz nach meiner Verwandlung kennengelernt habe?« Er klang jetzt ernster. »Das waren ... tollwütige Tiere.«
»Du willst doch nicht ... Das sind doch nicht ...« Ich zögerte. »Was willst du damit sagen?«
»Manche Vampire führen kein zivilisiertes Leben - die einen, weil sie es nicht wollen, die anderen, weil sie es nicht können«, erklärte er vorsichtig. »Diejenigen, die gänzlich primitiv bleiben, kommen rasch zu Tode. Nicht einmal Vampire ertragen solche blutrünstigen Monster. Doch manche wählen gezielt ein anderes Leben, abseits der Menschen und der Menschlichkeit. Wir glauben, dass die frühen Geschichten von Werwölfen auf solchen Vampiren beruhen.« Er atmete tief ein und blickte in den Nachthimmel. »Sie jagen in kleinen Rudeln und leben mehr wie Tiere als wie Menschen. Obwohl sie keine Beute machen müssen, jagen und töten sie. Sie jagen Großwild wie Bären und Elche und sogar Wölfe. Nicht als Nahrung, sondern zum Zeitvertreib.«
»Das tun Menschen auch«, warf ich ein.
»Wir nennen sie Lykane. Lykan ist die Abkürzung für Lykanthrop, was nichts anderes als Werwolf bedeutet. Das ist so eine Art Insiderwitz unter den Vampiren.« Ezra lächelte mich an, doch ich fand es nicht sonderlich komisch. »Lykan heißt, glaube ich, auf Griechisch einfach Wolf.«
»Soll das jetzt eine Griechischstunde werden?«, fragte ich trocken.
Ezra ignorierte meinen Einwurf. »In Lappland gibt es ein Rudel Lykane«, sagte er. »Ich bin ihnen schon begegnet, aber die Gruppe verändert sich ständig, und nur der Anführer ist immer derselbe. Er ist ein Sadist und die Lebenserwartung der Rudelmitglieder ist nicht annähernd so hoch wie die eines durchschnittlichen Vampirs oder auch nur eines anderen Lykans. Sie sind bekannt für ihre Brutalität, denn sie töten Menschen und Vampire gleichermaßen.«
Ich schluckte und konzentrierte mich auf die Lichter draußen auf dem Flughafengelände. Mittlerweile hatte ich erraten, wie die Geschichte ausgehen würde: Wir warteten auf ein Flugzeug, das uns zu den Lykanen brachte.
»Letzte Woche hat Peter ein Mitglied des Rudels getötet. Sie haben Rache geschworen und werden keine Ruhe geben, bis sie ihn haben. Und Peter scheint in seinem derzeitigen Zustand bereit zu sein, sich ihnen zu opfern«, sagte Ezra leise. »Wir müssen ihn finden, ehe das geschieht.«
Ich, die sich noch schwertat, ihre Blutgier in Schach zu halten,
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