Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
kann das Rollo wieder runtermachen, wenn dir das hilft.«
»Das weißt du doch«, erwiderte ich.
Ezra tat mir den Gefallen. Da er immer noch mit dem Handy beschäftigt war, hoffte ich, dass er eine Spur hatte. Seine Hälfte des Zimmers war aufgeräumt, das Bett gemacht, und ich fragte mich, wann er wohl aufgestanden war.
»Ich wünschte, ich könnte noch Kaffee trinken oder Red Bull oder so was«, sagte ich, als ich aus dem Bett stieg und zum Badezimmer taumelte. (Kaum zu glauben, aber Vampire müssen echt pinkeln. Blut ist schließlich immer noch eine Flüssigkeit.)
»Geh am besten unter die Dusche. Das bringt dich in Schwung«, sagte Ezra.
Ich folgte seinem Rat und nahm eine kurze kalte Dusche. Erfrischt zog ich mich an und föhnte mir rasch die Haare, damit ich draußen nicht fror. Da das Hotel voller Menschen war, zog ich mir den Schal über Mund und Nase, um den Geruch zu dämpfen. Auf dem Weg nach draußen fiel mir auf, dass das Haus innen überwiegend in Grüntönen gestaltet war. Überall standen Topfpflanzen, wahrscheinlich als Kontrast zu den langen Wintern und dem vielen Weiß draußen. Ich mochte den Winter, konnte mir aber nicht vorstellen, in einem Land zu wohnen, in dem es acht Monate im Jahr dunkel war.
Obwohl es gar nicht so kalt war, etwa um den Gefrierpunkt, hatte ich mich warm eingepackt in Wintermantel und Stiefeln, wie es jeder normale Mensch auch getan hätte. Es lag gerade so viel Schnee, dass er unter den Schuhen ein wenig knirschte.
»Wie lautet der Plan?«, fragte ich Ezra, als wir über den Parkplatz zu dem silberfarbenen Rover gingen, den er am Vortag gemietet hatte.
»Wir fahren mit dem Auto«, antwortete Ezra vage. Ich fragte mich, ob er mich absichtlich auf die Palme bringen wollte oder ob das einfach nur seiner Art entsprach. Wortlos setzte ich mich neben ihn auf den Beifahrersitz.
Ohne sich umzusehen, stieß er mit dem Auto zurück und raste aus der Ausfahrt des Hotels. Ich kannte Ezra nur als gelassenen Fahrer, doch langsam wurde mir klar, wo Jack seinen Fahrstil herhatte. Während wir über die Landstraße jagten, zog ich mir zum Schutz vor der Sonne die Kapuze über den Kopf und ließ mich tief in den Sitz sinken.
»Wie geht es denn jetzt weiter?«, fragte ich gähnend, als wir etwa zehn Minuten unterwegs waren. Ich war schläfrig und wusste, dass meine Müdigkeit nicht nachlassen würde, solange es Tag war.
»Wir werden die meiste Zeit im Schutz der Bäume unterwegs sein.« Er deutete auf die dichten Kiefernwälder, die die Landschaft beherrschten. »Du hast deine Kapuze und die Sonnenbrille, und wenn wir morgen früh zurückkommen, nehmen wir beide etwas zu uns. Alles kein Problem.«
Nach etwa einer halben Stunde bog er von der Straße ab und hielt auf einer kleinen Lichtung. Ich hatte ein wenig gedöst, war jedoch aufgewacht, als das Auto auf einen Schotterweg abgebogen war. Ich betrachtete das Navi am Armaturenbrett, in der Hoffnung, dass es mir einen Hinweis auf unseren Aufenthaltsort geben würde. Doch aus dem finnischen Kauderwelsch wurde ich nicht schlau.
»Gut. Was machen wir hier?«, fragte ich, doch Ezra stellte nur den Motor ab und stieg eilig aus. »Danke.«
Beim Aussteigen rutschte ich auf dem vereisten Schnee aus. Bei dem Versuch, mich am Auto abzustützen, hinterließ ich eine Delle in der Tür. Es war unheimlich, so wenig Macht über den eigenen Körper zu haben. Ich konnte es kaum erwarten, bis ich meine Kraft endlich im Griff hatte.
»Kommst du?« Ezra wartete, bis ich mich gefangen hatte und ihm hinterherhastete.
»Ja, wo gehen wir denn hin?«, fragte ich, als ich ihn eingeholt hatte.
»In den Wald.« Da wir schon von einem Haufen Bäume umgeben waren, war mir das eigentlich nicht neu.
»Du bist echt auf dem besten Weg, dich unbeliebt zu machen«, murmelte ich, als ich fast über einen umgefallenen Baum stolperte.
»Ich weiß nicht genau, wo wir hingehen«, gab er widerstrebend zu. »Ich weiß nur, dass wir hier in der richtigen Gegend sind, aber das war’s dann auch schon.«
Dass wir uns im Schutz der Bäume halten konnten, war doch zumindest schon mal etwas. Der Waldboden war mit Efeu und Farnen bedeckt und vor mir hörte ich einen Fluss rauschen.
Davon abgesehen hatte ich keine Ahnung, wie Ezra sich orientierte, und woher er wusste, wo wir waren. Er kannte sich in der Gegend besser aus als ich, doch mir war schleierhaft, wie er sich in dem Einerlei aus Bäumen zurechtfand.
»Wo sind wir?« Ich blieb stehen und starrte durch die Bäume
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