Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
Nicht anders herum.
»Du musst dir um uns keine Sorgen machen«, sagte Bobby gerade und riss mich aus meinen Gedanken. Er hatte es aufgegeben, sein Haar zu glätten, und warf sich stattdessen die Kapuze seiner Jacke über den Kopf. Ich hatte ihm nicht richtig zugehört, sondern nur ins Leere gestarrt, und hoffte nun, dass er fortfahren würde. »Ich meine, Milo ist nicht wie der Typ, mit dem Jane zusammen war, und ich bin nicht wie Jane. Bei uns ist das anders.«
Ich nickte. »Ja, ist schon klar.« Ich hatte diesen Vergleich zwar auch gezogen, aber ebenfalls verworfen.
»Ich verstehe, was Jane an ihrem Lebensstil gefällt. Man kann da ganz leicht reinrutschen.« Bobby drehte an der Kordel seiner Kapuze und starrte abwesend zu Boden.
Ich hatte das Gefühl, dass er trotz aller gegensätzlichen Beteuerungen dem Leben einer Bluthure gefährlich nahe gekommen war. Wenn die Beziehung zu Milo vorbei war, stieg die Chance, dass er genau so enden würde. Dank Milo wäre er dann noch abhängiger von dem Gefühl, gebissen zu werden.
»Dann weißt du ja, wie das ist, wahrscheinlich besser als jeder andere hier im Haus.« Ich lehnte mich gegen die Kücheninsel und musterte ihn. »Du weißt, wie es mit Jane so weit kommen konnte. Wenn du eine Bluthure wärst, welche Argumente würden dich dann überzeugen, es sein zu lassen?«
»Das ist eine gute Frage.« Er stieß den Atem aus und ließ den Blick nachdenklich durch die Küche schweifen. »Ich weiß es wirklich nicht. Solange man noch ein gutes Gefühl hat, ist es ziemlich schwierig, dass einen jemand überzeugt. Ich glaube, es muss anfangen, ihr richtig wehzutun. Dann hat man eine Chance.«
»Wie meinst du das, dass es ihr wehtut?«, fragte ich. »Ich weiß, es bringt sie langsam um, aber das merkt sie doch gar nicht. Jedes Mal wenn es ihr schlecht geht, lässt sie sich einfach beißen, und dann geht es ihr wieder blendend, oder nicht?«
»Nicht ganz«, sagte Bobby kopfschüttelnd. »Unmittelbar danach geht es einem gut. Aber später ist man richtig am Boden. Der Blutverlust macht einen fertig. Und man hat die Nachwirkungen von dem Vampir, mit dem man zusammen war. Wenn sie die Typen in der Disko willkürlich aufreißt, sind das wahrscheinlich echte Vollidioten. Das bedeutet, dass keine Euphorie zurückbleibt, sondern nur die dürftigen Empfindungen dieser Vampire, und das ist dann wohl ziemlich beschissen.
Erst nach und nach lassen die miesen Gefühle nach. Dann kommt man langsam zu Kräften und geht wieder in die Disko«, fuhr er fort. »Man vergisst, wie schlecht man drauf war, und erinnert sich komischerweise nur noch an das gute Gefühl, wenn man gebissen wird.«
»Aha.« Ich musterte ihn interessiert, und als er es bemerkte, zuckte er verlegen die Schultern. »Nicht dass deine Informationen mir nicht weiterhelfen würden, aber ich überlege mir gerade, ob du nicht viel mehr Vampire aufgerissen hast, als du zugibst.«
»Bei Milo ist es anders«, sagte Bobby mit einem verletzten Gesichtsausdruck. »Ehrlich. Du musst es mir ja nicht glauben, aber da geht es nicht nur ums Beißen und Herummachen. Also ... erzähl es ihm bitte nicht, ja? Er weiß, dass er nicht der erste Vampir ist, mit dem ich zusammen bin, aber er weiß nicht, wie viele es waren. Ich will nicht, dass er denkt, es sei so wie bei den anderen, denn das stimmt nicht.«
»Ich erzähle es ihm nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Also sorge einfach dafür, dass es sich vermeiden lässt«, sagte ich und sah ihn unverwandt an. Er nickte.
»Hier ist es echt fantastisch«, wechselte Bobby das Thema. Er machte sich gerade einen Kaffee mit einer Maschine, die nagelneu aussah. Mae hatte sie wahrscheinlich extra für ihn besorgt. Wenn sie ihn akzeptierte, konnte er eigentlich nicht so schlimm sein. »Und Mae ist einfach fantastisch. Wie geht es ihr heute?«
»Ich habe sie noch nicht gesehen.« Ich sah über die Schulter in den Flur und versuchte, über das Gurgeln der Kaffeemaschine etwas zu hören. »Du?«
»Nein, aber wenn Ezra weggefahren ist, kann es eigentlich nicht so schlimm sein, oder?«, sagte Bobby.
Die Küche war von Kaffeeduft erfüllt, und es gab mir einen kleinen Stich zu wissen, dass ich keinen trinken konnte. Aber eigentlich hatte ich sowieso nie den Kaffee, sondern nur den Geruch gemocht.
Plötzlich schien Bobby stärker zu riechen, doch ich schob die Empfindung von mir. Sie entsprang nur dem Versuch meines Körpers, mich davon zu überzeugen, dass ich Durst hatte. Doch das konnte nicht
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