Unter dem Weihnachtsbaum in Virgin River (German Edition)
gehen”, sagte sie. „Das würde mir gefallen.”
Annie hatte sich immer für unscheinbar und stämmig gehalten, bis Nathaniel Jensen sie berührt und geküsst hatte. Er war so viel mehr, als sie je erwartet hätte. Gut aussehend, klug, humorvoll, voller Mitgefühl, unabhängig, stark, sexy … die Liste war endlos. Und er gab ihr das Gefühl, so viel mehr zu sein als ein bodenständiges Mädel vom Lande, auf das man sich verlassen konnte. Sie fühlte sich sexy, hübsch und liebenswert, wenn er sie küsste und es dabei wagte, sie ein wenig intimer anzufassen als sie ihm erlaubt hatte, die Hände aber gleich wieder wegnahm, sobald sie ihm sagte: „
Noch nicht.”
Er war ein Mann, bei dem sie sich darauf freute, ihn näher kennenzulernen, und sie ließ ihn langsam an sich heran, und das mit dem größten Vergnügen.
Deshalb sagte sie Rose, dass sie mit dem Tierarzt zu einem Ausritt verabredet war, und natürlich wurde sie begeistert vom Backen und dem Abendessen auf der Farm entschuldigt. „Bitte, nun steigere dich da nicht so hinein”, bat sie ihre Mutter. „Es ist nichts weiter Besonderes. Wir sind Freunde geworden wegen der Welpen.”
„Ach richtig”, meinte Rose. „Aber trotzdem. Könntest du nicht etwas Farbiges tragen, das deine Haare und die Augen besser zur Geltung bringt?”
„Ich hab dir doch gesagt, immer mit der Ruhe”, betonte Annie. „Und sprich mit niemandem darüber. Ich will nicht, dass der ganze Bezirk über mich redet wie über diese dünne Hollywoodfrau.”
Doch Annie selbst nahm es ganz und gar nicht so gelassen. Sie war ziemlich aufgeregt vor lauter Vorfreude. Auch versuchte sie, sich ein wenig attraktiver anzuziehen. Zum Reiten trug sie ihre besten Jeans, ihre neuesten Stiefel und die älteste Jeansjacke über einem roten Rollkragenpullover. Dazu dann noch einen schwarzen Schal. Für das anschließende Abendessen packte sie eine schicke Hose ein, Stiefel mit hohen Absätzen, eine Seidenbluse und ihren besten Blazer aus Wildleder.
Sie redeten über Pferde, während sie auf zwei der Besten aus Nates Stall saßen. Zwei wertvolle Vollblüter, diszipliniert und mit gerade dem richtigen Temperament, wenngleich zu alt für den Rennsport. Ihr Gespräch über Zucht, Training, Rennen und Dressur war so anregend, dass Annie eine Weile fast ganz vergessen konnte, dass sie versuchte, sich nicht in ihn zu verlieben.
„Ich habe nicht mehr genug Kontakt zu Leuten, die mit Pferden zu tun haben”, sagte sie. „Solange ich als Mädchen noch an Wettkämpfen teilgenommen habe, reichte das, um mich vierundzwanzig Stunden am Tag zu beschäftigen. Kein Wunder, dass mir das College keinen Spaß gemacht hat. Da bin ich nicht geritten.”
„Du machst eine gute Figur auf dem Pferd”, sagte er. „Du solltest jeden Tag reiten. Das sollte ich auch … es ist das Beste an meinem Beruf.”
Sie ritten in die Gebirgsausläufer hinter Nates Stallungen und folgten einem Pfad, der viel genutzt wurde, auch wenn er von einer dicken Schicht Schnee bedeckt war. Über ihnen ragten die Bäume in den Nachmittagshimmel, während die Sonne sich langsam senkte. Sie redeten darüber, wie es war, als jüngstes und einziges Kind seines Geschlechts in der Familie aufzuwachsen. Annies Brüder hatten sie wie einen Fußball behandelt, während Nathaniels ältere Schwestern mit ihm gespielt hatten, als wäre er eine Babypuppe, die sie anziehen konnten, wann und wie es ihnen gefiel. „Es ist schon erstaunlich, dass ich nicht eigenartiger geworden bin, als ich bin”, sagte er. „Die Zweitjüngste ist Patricia, sie ist jetzt siebenunddreißig. Dann kommt Susan und schließlich Christina, die Älteste. Alle im Abstand von zwei Jahren. Meine Eltern wollten schon aufgeben, als so lange nichts mehr geschah, und dann, Bingo”, er grinste, „kam ich. Ich habe den Rhythmus ganz schön durcheinandergebracht.”
„Ich glaube, etwas Ähnliches ist auch auf der Farm passiert”, berichtete Annie. „Meine Brüder sind heute dreiunddreißig, vierunddreißig und siebenunddreißig. Als ich kam, habe ich die Schlafzimmerbelegung völlig umgestellt. Meine Eltern hatten entschieden, dass ich ein eigenes Zimmer brauchte, weshalb nur noch eins für die Jungs übrig war. Und dann habe ich einen Stier aufgezogen. Hatte ich schon erwähnt, dass er das Blaue Band gewonnen hat?”
„Ich glaube, schon mehrfach.”
„Wir brauchten ihn wirklich, denn wir hatten nur zwei alte Stiere, die der Herausforderung nicht mehr gewachsen waren, du
Weitere Kostenlose Bücher