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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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stehen. Als sie nach unten schaute, erkannte sie, daß ihre Füße sich durch knöchelhohes weiches Gras bewegten. Die grünen Schemen vor und neben ihr entpuppten sich beim Näherkommen als hohe Bäume. Das grüne Schimmern nahm ab, und nach einem letzten Aufglühen verschwand der See hinter ihnen. Ramu, Faraday und Schra bewegten sich nun auf einem schmalen Pfad durch einen dunklen Wald. Über ihnen zogen die Sterne ihre Himmelsbahn so erhaben und mit einer solchen Macht, wie sie kein Mensch jemals in Händen hielt.
    Die Edle fühlte sich glücklich und vollkommen gelöst. Sie tat einen schwindelerregenden Atemzug und hätte nur noch jubeln mögen. So vieles hatte sie auf dieser Reise schon zu sehen bekommen: erst das Sternentor und nun auch die Mutter, den Farnbruchsee. Und mehr noch, diesmal durfte sie sogar mitten hinein in eines dieser Wunder gelangen. Sie fühlte sich wahrhaft gesegnet. Ramu, der ihre Hand hielt, spürte ihr Entzücken. Er zog ihre Rechte an sich und preßte sie mit seiner Hand für einen Moment an die Brust. Schra streckte die kleinen Hände aus, bis sie die großen der beiden Erwachsenen erreichte. Alle drei lachten vor schierer Lebenslust.
    Der Pfad führte sie, wie sie es schon fast vermutet hatte, auf die Lichtung, die sie im Traum gesehen hatte. Der Priester blieb am Rand des freien Platzes zwischen den Bäumen stehen und gebot ihnen zu warten. Dann trat er allein auf die Lichtung hinaus, blieb in der Mitte stehen, hob die Arme und hielt die Handteller in den Nachthimmel. Dazu sprach Ramu mit klarer, starker Stimme: »Gesegnete Gehörnte, ich überbringe Euch Grüße aus Awarinheim und führe vor Euch Schra und Faraday, die ihren Weg durch den Schrecken des Waldes fanden und im gesegneten Licht der Mutter gereinigt wurden.« Damit wandte der Priester sich zu den beiden um und streckte die Hände zu ihnen aus, auf daß sie zu ihm kämen. »Die erste wird groß und stark heranwachsen, die schattigen Pfade von Awarinheim beschreiten und der Mutter und Eurem geheiligten Selbst dienen. Die zweite aber wird im Schatten der Prophezeiung vom Zerstörer wandeln und uns, falls ihre Stärke dazu ausreicht, auf die andere Seite bringen. Bitte, Geheiligte, tretet vor und gewährt sowohl Schra als auch Faraday die Gnade Eurer Stärke und Eures Segens.«
    Die Edle, die neben Ramu stand, fing an zu zittern, als der Wald vor Energie brodelte. Sie erkannte Schatten und Schemen, die zwischen den Bäumen am Waldesrand umherhuschten, und spürte Blicke, die über ihren nackten Körper wanderten. Aber sonderbarerweise erfüllte sie dies nicht mit Schrecken, sondern mit noch mehr Begeisterung. Sie spürte, daß der Zauberer von einer ähnlichen Erregung erfüllt war, streckte eine zitternde Hand aus und berührte seinen Haaransatz dort, wo sie vorhin die beiden Hornsprossen entdeckt zu haben glaubte. Tatsächlich … die Ansätze eines Geweihs wie bei einem Hirschjungen … Ramu wandte sich langsam zu ihr um. »Ich hoffe und bete darum, eines Tages meinen Platz bei den Gehörnten einnehmen zu dürfen«, flüsterte er ihr zu, und die junge Frau strahlte ihn an. »Den Platz werdet Ihr einnehmen, ganz gewiß werdet Ihr das.«
    Als die Edle die Hand zurückzog und wieder nach vorn sah, entdeckte sie neun Gehörnte, die aus dem Wald getreten waren und im Halbkreis vor ihnen standen. Bis auf einen Lendenschurz trugen sie nichts am Leib, so daß Faraday die kraftvollen Körper erkennen konnte. Die brauchten sie auch, um den mächtigen Hirschkopf mit dem gewaltigen Geweih tragen zu können. Fast allen wuchs ein brauner oder schwarzer Pelz auf dem Rücken, der sich bis tief den Rücken hinunter fortsetzte. Einer der Fremden indes trug ein silbernes Fell. Schwarze Augenpaare, denen von Ramu und Schra sehr ähnlich, schauten sie an, und aus jedem Blick sprach unglaubliche Macht.
    Der Silberne trat vor den Halbkreis und hob zum Zeichen seiner friedlichen Gesinnung die Hände. »Willkommen, Schra, willkommen, Faraday Und auch Euch sehen wir gern wieder bei uns, Ramu, der Ihr uns sowohl in Awarinheim als auch bei der Mutter dient.« Der Gehörnte und der Priester rieben sich zum Gruß die Wangen. Dann hob der Silberne das kleine Mädchen hoch, um es auf die gleiche Weise zu herzen. Und schließlich stand er vor Faraday.
    »Baumfreundin«, erklärte er, »wir freuen uns über alle Maßen, daß Ihr endlich bei uns seid.« Er nahm ihre Hände und beugte sich vor. Seine pelzigen Wangen strichen sanft über ihr Gesicht, und ihre

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