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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Haut prickelte unter der Berührung.
    »Darf ich bleiben?« fragte Faraday und fürchtete halb, zuviel zu verlangen. Doch sie kannte die Antwort, bevor er sie aussprechen konnte.
    »Ihr werdet eines Tages zurückkehren«, entgegnete der Gehörnte, »sobald Ihr Euer Werk vollbracht und Euer Leben gelebt habt. Dann dürft Ihr bleiben, solange Ihr wollt.« Seine Worte klangen wie eine Segnung.
    Die Augen der neuen Baumfreundin füllten sich mit Tränen. Nein, dieses Wesen würde sie niemals belügen.
    »Aber bis dieser Tage gekommen ist, mögt Ihr uns besuchen, sooft Ihr wollt.«
    »Danke«, hauchte Faraday, und der Gehörnte ließ ihre Hände los. Er wandte sich an einen seiner Begleiter und nahm ihm etwas aus der Hand.
    »Baumfreundin, wir überreichen Euch den Talisman, der Euch dabei helfen soll, zu jener Person heranzuwachsen, die Ihr werden sollt. Er versetzt Euch auch in die Lage, uns wiederzufinden, wenn Ihr Euch nicht in der Nähe der Mutter aufhaltet. Wachst an Stärke und Verstehen, meine Tochter, und vergeßt nie, daß Ihr der Mutter dient.«
    Der Silberne reichte der jungen Frau eine breite, flache Schale, die so aussah, als sei sie nicht in diese Form geschnitzt worden, sondern zu ihr gewachsen. Das Holz wies einen tiefen Rotton auf, glühte im nächtlichen Dunkel und fühlte sich warm an.
    »Danke«, sagte Faraday voller Ehrfurcht angesichts dieses kostbaren Geschenks. Und im selben Moment blitzte am Himmel eine Sternschnuppe auf.
    Der Gehörnte wandte sich an den Priester. »Die Zeit läuft uns davon, junger Bruder. Gehet hin in Frieden. Paßt auf Euch und die Kleine auf. In diesen Zeiten der Not finden sich zu wenige von Eurer Art.« Er ging vor Schra in die Hocke. »Friede sei mit dir, kleine Schwester. Diene der Mutter wohl und lerne, den Jahreszeiten und dem Land zu singen. Wenn du dir alles gut einprägst, wird deine Stimme vielleicht den Ausschlag geben.«
    Die Kleine nickte ergriffen. »Das will ich tun«, flüsterte sie, und der Silberne und Ramu lächelten sie liebevoll an.
    »Sie wird ihre Aufgabe erfüllen«, erklärte der Silberne, ehe er noch einmal Faraday betrachtete. »Seid stark und Eurer Sache treu.« Der Gehörnte berührte sie an der Stirn, und etwas von seiner Macht ging auf sie über. »Das ist Eure Bestimmung.«
    Damit wandte er sich von den dreien ab, und im nächsten Moment befanden sie sich allein auf der Lichtung.
    »Kommt«, forderte der Priester sie sanft auf, »Zeit, zurückzukehren.«
    Diesmal rettete die Schwärze Timozel nicht. Er spürte den irrsinnigen Haß des Wesens, das in der Finsternis nach ihm suchte, und unmittelbar darauf legten sich krallenbewehrte Hände um die Kehle des Jünglings und zogen ihn in die Eishöhle zurück, welche der Kreatur als Heim diente. »Kein Entkommen«, flüsterte das Ungeheuer. »Für Euch gibt es kein Entkommen. Wenn Ihr nicht mein Freund sein wollt, müßt Ihr mir so dienen wie die anderen.« Die Macht des Wesens zwang Timozel in die Knie, und eine ganze Minute lang kauerte er vor dem Gewaltigen. Dann riß eine Hand an seinem Kopf, so daß er aufsehen mußte. Die Kreatur beugte sich über den Jüngling, gelbe Schleimpfropfen glitten von der herausgefahrenen Zunge und platschten auf den Eisboden. »Timozel«, krächzte das Wesen, und bei dem Klang des Namens lief ihm weiterer dicker Speichel im Mund zusammen. »Was seid Ihr doch für ein hübscher junge. Ja, ganz gewiß. Und Ihr werdet mir getreulich dienen.« Der Jüngling spürte eine übermächtige Macht, wie er ihr noch nie begegnet war und die ihn dazu zwang, diesem garstigen Wesen vor sich den Treueid zu leisten. Gegen diese Gewalt konnte er nicht den geringsten Widerstand leisten. Bis auf … »Nein!« würgte Timozel hervor. »Was?« erregte sich das Ungeheuer, und seine Augen verfärbten sich rot. »Was soll das heißen, nein?«
    »Ich tue es nicht!« flüsterte der Jüngling mit der letzten Kraft, die ihm verblieben war. »Habe mein … Leben und … meine Treue … bereits verpfändet …« Die Kreatur heulte auf und schrie vor Zorn. Timozel, der sich immer noch in ihrem festen Griff befand, wurde wie ein nasser Lappen hin und her geschleudert. Seine Muskeln und Sehnen schrien unter der qualvollen Behandlung. Das Wesen kreischte und fragte geifernd vor Zorn: »Wem? Wem habt Ihr Euer Leben und Eure Treue versprochen?« Der Jüngling schüttelte matt das Haupt. Selbst die Macht dieses Ungeheuers konnte ihn nicht dazu zwingen, darauf zu antworten – denn damit hätte er den

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