Unter dem Weltenbaum - 01
zur Seite steht. Ausgezeichnet, meine Herren. Dann sollten wir die Sitzung schließen. Ich vermute, jeder von uns hat genug zu tun. Furche weit, Furche tief, meine Fürsten, und möge Artor in den nächsten Wochen und Monaten unsere Schritte lenken.«
Als die Männer den Raum verließen, näherte sich Graf Isend Bornheld und faßte ihn leicht am Arm, um seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. »Herzog, auf ein Wort, bitte. Es dauert nicht lange.«
Bornheld zog verärgert und brüsk den Arm fort und schritt rascher aus. Der Graf war ihm für seinen Geschmack viel zu affektiert.
Isend leckte sich unruhig über die Lippen und bemühte sich, draußen auf dem Gang mit dem obersten Kriegsherrn Schritt zu halten. »Herzog, es geht um meine Tochter … Faraday.«
Bornheld blieb unvermittelt stehen, drehte sich zu dem Grafen um und sah ihn erwartungsvoll an. Isends Tochter war ihm natürlich gestern abend beim Namenstagsbankett des Königs ins Auge gefallen. So wie eigentlich jedem Mann im Mondsaal.
7 Im Palastgemach des Bruderführers
Axis nahm in der Vorkammer seine Axt wieder an sich und folgte Jayme und Moryson. Mit jedem Schritt wuchsen sein Zorn und sein Widerwille gegen den Entschluß des Kirchenfürsten. Warum war der Bruderführer bereit, die Axtschwinger dem Befehl eines weltlichen Kriegers zu unterstellen? So etwas hatte es doch seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben! Und dann auch noch Bornheld! Der Axtherr schob seine Waffe voller Wut in den Gurt. Nur sehr selten war er anderer Meinung als sein Mentor, und nie zuvor hatte er ihm ernstlich widersprochen. Aber nun hatte Jayme eine verheerend falsche Entscheidung getroffen, und darauf wollte Axis ihn mit aller Deutlichkeit hinweisen, ob Bruderführer oder nicht!
Axis schob sich an Bornheld und Isend vorbei, die sich im Gehen leise unterhielten. Dieser Geck von einem Grafen hatte doch wohl nicht ernstlich vor, Seite an Seite mit dem obersten Kriegsherrn zu kämpfen. Soweit der junge Mann wußte, hatte Isend, was Waffen betraf, höchstens das Obstmesser in die Hand genommen, das er ständig mit sich trug. Die kleine Klinge steckte in einer silbernen Scheide, die ihm vom perlenbesetzten Gürtel hing. Axis bog hinter den Kirchenmännern um die Ecke, während die beiden gerade das Für und Wider besprachen, Gilbert an der Reise zur Burg der Schweigenden Frau teilnehmen zu lassen. Dem Krieger der Axtschwinger hätte nichts weniger beschäftigen können. Ihm ging es doch nur darum, den Befehl über seine Truppe zu behalten.
Die fette weiße Katze, die Axis schon beim Frühstück um die Beine geschlichen war, lief nun auf dem Gang hinter ihm her.
Als er in Jaymes Gemach die Tür hinter sich schloß, wäre dem Tier fast der buschige Schwanz eingeklemmt worden, als es mit hereinglitt. Der Kirchenfürst und sein erster Ratgeber drehten sich mit ausdruckslosen Mienen zu dem Axtherrn um.
»Vater, ich werde in Gorken den Befehl über meine Soldaten nicht an Bornheld abtreten!«
»Mein Sohn«, begann der Bruderführer, aber Axis war so wütend, daß er ihn nicht weiterreden ließ. »Habt Ihr den Verstand verloren? Ist Euch überhaupt bewußt, was Ihr da vorgeschlagen habt? Ihr werdet dem obersten Heerführer mitteilen, daß es zu einem bedauerlichen Irrtum gekommen sei und der Befehl über die Axtschwinger selbstverständlich bei ihrem Krieger bleibe!« Jayme, der schon auf Axis zugegangen war, blieb nach wenigen Schritten stehen. Rote Flecke erschienen auf seinen Wangen, und seine Augen funkelten fast so zornig wie die seines Schützlings.
»Vergeßt nicht, wen Ihr vor Euch habt, Axtherr! Euch steht es nicht zu, die Anordnungen des Bruderführers in Frage zu stellen. Und noch weniger, ihm Befehle zu erteilen!«
Axis atmete vernehmlich ein, reckte die Schultern und sah dem Kirchenfürsten trotzig entgegen. Aber seine geballten Fäuste hingen an den Seiten. Morsyon trat besorgt zu den beiden, um einzugreifen, falls sich dies als erforderlich erweisen sollte.
»Ich habe mein Leben nicht bei den Axtschwingern verbracht, um tatenlos zuzusehen, wie ein anderer sie in die Schlacht führt! Auch habe ich die Männer nicht fünf Jahre lang herumgescheucht und aus ihnen die schlagkräftigste Truppe des Reichs geschmiedet, nur um zu erleben, wie Ihr gedankenlos ihre Fähigkeiten vergeudet!« Den jungen Mann hatte eine solche Wut gepackt, daß es ihn nicht mehr scherte, wen er vor sich hatte oder ob seine Worte beleidigend wirken könnten. »Wißt Ihr überhaupt, was
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