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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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sich das Türchen wieder. »Ihr seid nicht der Axtherr«, erklärte die krächzende Stimme angriffslustig. »Dieses Amt hat nämlich Fingus inne.« Die grauen Augen starrten Gilbert an. »Und der da ist weder der Berater noch sonstwer des Bruderführers, weil ich nämlich dieses Amt bekleide.«
    Das Türchen schloß sich ein weiteres Mal.
    Axis lehnte sich erschöpft gegen das Tor und rieb sich die müden Augen. Fingus war vor vielen Jahrzehnten der Axtherr gewesen. Aber man durfte nicht vergessen, daß diese Männer seit dreiundneunzig Jahren keine Nachrichten mehr erhalten hatten, was jenseits des Waldes geschah.
    Irgendwie brachte der Krieger die Kraft auf, ein drittes Mal anzuklopfen.
    »Geht weg!« verlangte die Stimme von innen.
    »Wir sind hungrig und müde, und irgendwo müssen wir heute nacht bleiben«, erklärte Axis in einem – wie er hoffte – höflichen Tonfall. »Bitte, wollt Ihr uns nicht helfen?«
    Nach einer Weile hörten sie das Geräusch von Riegel und Bolzen, die zurückgeschoben wurden. Axis richtete sich gerade noch rechtzeitig auf, sonst hätte er den Halt verloren, als das Tor plötzlich nach innen aufschwang. Ein beleibter kleiner Mönch von fortgeschrittenem Alter erwartete sie. Mißtrauen verdunkelte den Blick der runden Augen in dem puttenhaften Gesicht. Ein weißer Haarkranz umgab den Kopf wie ein Heiligenschein. »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt?« fragte er gereizt. »Nun tretet ein, tretet schon ein!«
    Timozel nahm die Pferde und band sie an einer Reihe von Eisenringen an, die in die Mauer eingelassen waren. Dann folgte er den anderen. Der alte Bruder warf hinter ihnen das Tor ins Schloß.

14 In der Burg der Schweigenden Frau
    »Nun? Was hat Euch hierhergeführt? Warum wandert Ihr im Wald der Schweigenden Frau umher?« wollte der Alte wissen.
    Axis sah sich um. Sie befanden sich in einem großen, schwach beleuchteten und kreisrunden Raum, der das gesamte Erdgeschoß des Baus einzunehmen schien. An der einen Seite führte eine eiserne Wendeltreppe in die oberen Stockwerke. Verschiedene Truhen und Kisten standen aufs Geratewohl herum und bedeckten die halbe Fläche. In der anderen Hälfte hatte man eine Art Küche eingerichtet und Sitzgelegenheiten aufgestellt. Ein Vorratsschrank lehnte gefährlich wacklig an der Wand, und ein grob gezimmerter Tisch erhob sich vor einem Feuerrost, dessen Schein die einzige Lichtquelle darstellte. Ein kleiner und völlig unzureichender Abzug leitete einen Teil des Rauchs durch ein Rohr in der Holzdecke; der Rest des Qualms verteilte sich gleichmäßig in dem Raum.
    Der Krieger entbot dem Mönch den Gruß der Axtschwinger. Er sah keinen Sinn darin, ihn weiter zu erzürnen. »Bruder Ogden?«
    Dies entlockte dem Alten ein Grunzen. Ohne den Blick von den Gästen zu wenden, meinte er dann: »Ja, so werde ich genannt.«
    »Bruder Ogden, ich bin Axis, der Axtherr der Axtschwinger. Nein, wartet!« Als der Alte schon anfing, den Kopf zu schütteln, hob der Krieger die Hand und trat einen Schritt auf ihn zu. »Bruder, beinahe hundert Jahre sind vergangen, seit Ihr zum letzten Mal etwas von der Außenwelt gehört habt. Seitdem Ihr Euch zum letzten Mal im Turm des Seneschalls aufgehalten habt, hat sich einiges in der Welt verändert. Fingus ist schon vor vielen Jahren gestorben. Heute bin ich der neue Axtherr. König Karel hat man ebenfalls schon vor einiger Zeit zur letzten Ruhe gebettet. Inzwischen sitzt Priam auf dem Thron von Achar.«
    »Der war ein rotznasiger Knirps, als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe«, murmelte Ogden. Timozel mußte ein Grinsen unterdrücken, während er sich den König als rotznasigen Knirps vorstellte, komplett mit kastanienroten Löckchen. »Und wer soll jetzt der Bruderführer sein?« fragte der Alte und sah Axis ernst an. »Dieser Jayme?«
    Axis nickte. Ogden runzelte die Stirn und lächelte plötzlich, so als sei ihm etwas eingefallen. »Was sagt man dazu? Da hat der Bauernbursche es aber weit gebracht, was? Ich frage mich, welche Freunde Jayme gewonnen hat, um eine so hohe Stellung zu erreichen.« Er murmelte noch etwas Unverständliches vor sich hin, bis ihm das Lächeln vergangen war. Dann begab er sich zu dem Tisch. »So setzt Euch doch, nehmt Platz. Ihr werdet wohl kaum davon satt, wenn Ihr herumsteht wie gaffende Bauerntölpel, die es an den Hof verschlagen hat.« Mit dem Fuß zog er einige staubige Bänke unter dem Tisch hervor. »Die Gastfreundschaft gebietet es, daß wir Euch etwas zu essen vorsetzen, während

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