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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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die den Himmel bedeckten. Der Regen und der Hagel, die sie in der Ebene von Tare so geplagt hatten, waren glücklicherweise vergangen, aber die Wolken ballten sich erneut zusammen, so als trügen sie neues Eis und neuen Haß heran und warteten nur auf den günstigsten Moment, um ihre Last auf den Zug der Axtschwinger zu entladen.
    An diesem Abend nahm Faraday mit ihrer Mutter wie gewohnt die Mahlzeit am Lagerfeuer des Kriegers zu sich, wo sich auch Belial und die beiden alten Mönche einfanden. Doch nach einer Weile hielt sie es dort nicht mehr aus, entschuldigte sich und zog sich in die Nacht zurück, um irgendwo ganz allein sitzen zu können. Axis entging dies keinesfalls. Die Edle hatte sich seit seiner Rückkehr aus dem Wald der Schweigenden Frau überhaupt sehr merkwürdig verhalten.
    Der Krieger hoffte, daß nicht er es gewesen war, der sie so verstört hatte. Während der vergangenen Wochen hatte Axis nämlich so etwas wie brummige Zuneigung zu dem Mädchen gefaßt. Anders als ihre Mutter hielt Faraday beim Ritt tapfer mit, beschwerte sich nie und unterließ auch die üblichen weiblichen Beschwerden, man möge doch darauf Rücksicht nehmen, daß es sich bei ihr um eine Dame handle. Bislang hatten die Frauen dem Zug der Axtschwinger keine besonderen Schwierigkeiten bereitet. Axis dachte mit einem Lächeln daran, daß Merlion auch auf ihre beiden Zofen ein wachsames Auge hatte. Sehr zum Verdruß seiner Soldaten, von denen so mancher sich schon darauf gefreut hatte, etwas zusätzliche Wärme für sein Nachtlager zu gewinnen.
    Den Krieger hatte es ziemlich überrascht, von Bornhelds Verlobung mit der jüngsten Tochter des Grafen Iseand von Skarabost zu erfahren. Während der letzten zehn Jahre war der Oberste Feldherr des Reiches allen Eheversprechungen tunlichst aus dem Weg gegangen und hatte sich mit drallen Geliebten begnügt, die er sich in seiner Burg Sigholt, in der Festung Gorken im Norden und im Palast von Karlon hielt – je nachdem, wohin ihn sein Weg gerade führte. Axis hatte immer geglaubt, Bornheld werde irgendwann auf das Angebot einer der reichsten Familien des Landes eingehen – und jenen gehörte Faraday ganz gewiß nicht an, auch wenn sie vom Großvater riesige Ländereien geerbt hatte. Seine Verblüffung legte sich erst, als das Mädchen ihn einmal am abendlichen Lagerfeuer angelächelt hatte. Faraday war jetzt schon hübsch, und eines Tages würde sie zu einer ausgesuchten Schönheit herangereift sein, die noch dazu über Anmut und Feingefühl verfügte.
    Aber was soll’s? dachte der Krieger, während er seinen leeren Becher abstellte. Was ging es ihn an? Trotzdem eine Schande, daß Isend sich ausgerechnet an Bornheld gewandt hatte. Sein verhaßter Stiefbruder verdiente eine Frau wie Faraday nicht. Und ganz gewiß wußte er nicht, wie man eine solche Dame zu behandeln hatte. Faraday war eine sehr lebendige und gebildete junge Frau, und in der Wildnis von Ichtar würde sie sich kreuzunglücklich fühlen. Axis wußte, daß seine Mutter das Leben in der Provinz gehaßt hatte, und konnte nur hoffen, daß Faraday an Bornhelds Seite ihre Offenheit und Ehrlichkeit nicht verlöre. Während der Krieger in die Nacht hinausschaute, merkte er plötzlich, daß er sich zu sehr in seinen Gedanken verloren und darüber gar nicht mitbekommen hatte, wie sich die anderen am Feuer erregt darüber unterhielten, ob Baron Isgriff von Nor einen Teil seiner Jugend wirklich als Seeräuber im Piratennest verbracht hatte oder nicht. Axis lächelte in sich hinein, verließ die Runde und entfernte sich in der Richtung, in der auch das Mädchen verschwunden war.
    Er fand die junge Edle auf einem Felsen außerhalb des Lagers. Dort saß sie, kehrte ihm den Rücken zu und betrachtete die Silhouetten der Grabhügel, die sich schwarz vor dem Nachthimmel abzeichneten.
    »Faraday?« sagte er leise, und sie fuhr erschrocken hoch. Sie hatte anscheinend geweint.
    »Verzeiht mir«, murmelte sie und versuchte, an ihm vorbei zurück ins Lager zu laufen. Aber Axis hielt sie am Arm fest.
    »Faraday, was ist los mit Euch? Was habe ich getan, daß Ihr so bedrückt seid?«
    Sie hob den Kopf und sah ihn an. Ihre Augen schimmerten feucht. »Das hat nichts mit Euch zu tun, Axtherr«, flüsterte sie. »Bitte, laßt mich gehen.« Eine Träne rollte ihr langsam über die Wange.
    »Faraday«, drängte Axis, »warum weint Ihr?« Mit der freien Hand wischte er ihr die Träne von der Wange. Ohne nachzudenken, ließ er den Finger bis zum Hals

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