Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
Vom Netzwerk:
ganz rot geworden war. Den ganzen Tag über schwieg sie, die Katze folgte ihr auf Schritt und Tritt, und die Fragen und Blicke ihrer Mutter überging sie geflissentlich.
    Nach der Rückkehr des Kriegers gingen die Soldaten daran, das Lager abzubrechen und alle Vorbereitungen für den Weitermarsch zu treffen. Gilbert erhielt keine Gelegenheit, sich auszuruhen. Axis wollte, daß er so rasch wie möglich verschwand. Er stellte ihm fünf Soldaten zur Seite, die ihn zum Turm des Seneschalls geleiten sollten, und erklärte dem Anführer unmißverständlich, daß sie auf geradem Weg dorthin zu reiten hätten und er alles unternehmen solle, den Mönch sicher dort abzuliefern. Des weiteren übergab Axis dem Offizier die Dokumente und Papiere, die Ogden und Veremund zusammengestellt hatten, mit der strikten Anweisung, sie nur dem Bruderführer auszuhändigen.
    Am folgenden Tag rückte das ganze Heer noch vor der Dämmerung aus. Die beiden Alten ritten an der Spitze des Zuges mit, und ihre weißen Esel hielten sich erstaunlich gut. Offenbar konnten sie ihre Schritte tatsächlich denen der Pferde anpassen. Doch Axis ertrug die Unart der beiden, sich ständig über irgendwelche Nebensächlichkeiten in die Haare zu geraten, nur sehr schwer. Deshalb schickte er Veremund irgendwann nach hinten zu den Frauen und behielt nur Ogden bei sich, damit der ihm mehr über die Bedeutung der Prophezeiung verriet.
    Der Hagere schien nichts dagegen zu haben, von nun an bei den Damen zu reiten. Faraday und Merlion empfanden ihn rasch als angenehmen Reisebegleiter. Während der beiden nächsten Tage gesellte sich auch Timozel zu ihnen, und wenn Faraday zusammen mit ihm und dem alten Mönch ritt, fand sie mehr als einmal Gelegenheit zu lächeln. Doch die garstige Vision im Wald der Schweigenden Frau wollte einfach keine Ruhe geben und stellte sich regelmäßig dann ein, wenn der Axtherr zu ihnen kam und mit ihnen plauderte. Faraday spürte natürlich, daß ihr Verhalten Axis verwirrte. Aber jedesmal, wenn sie ihn vor sich sah, erblickte sie gleichzeitig auch wieder die Szene, als sein Schwert klappernd über den Boden des Mondsaals rutschte. Und dann erschien der Mann ihr auch wieder voller Blut. Blut in den Haaren, überall auf dem Körper und die Hand flehentlich nach ihr ausgestreckt.
    Am Morgen des dritten Tages versuchte Timozel, das Fräulein aus seiner Verdüsterung zu befreien, und erzählte ihm von der Prophezeiung. Diese hatte bei ihm einen so starken Eindruck hinterlassen, daß er sich jedes Wort eingeprägt hatte. Allerdings bis auf den letzten Vers, dessen Sinn allzusehr im Nebelhaften verborgen blieb. Faraday zeigte sich von der Weissagung so fasziniert, daß die abscheuliche Vision sich zum ersten Mal an den hinteren Rand ihres Bewußtseins verdrängen ließ. Sie stellte dem Jüngling tausend Fragen und wollte auch von Veremund alles über die Unaussprechlichen und das alte Land Tencendor erfahren.
    Im kalten Wind hielt das Mädchen die Kapuze vor dem Gesicht zusammen und lenkte sein Roß enger an den ältlichen Mönch heran, der auf seinem weißen Esel auf und ab hüpfte. »Glaubt Ihr wirklich, daß unser Volk und die Unaussprechlichen einmal friedlich in Achar zusammengelebt haben?«
    »Damals nannte man das Land noch Tencendor«, verbesserte Veremund sie, um gleich darauf hinzuzufügen: »Und was Eure Frage angeht, meine Teure, jawohl, ich bin fest davon überzeugt, daß sie über Jahrtausende gut miteinander auskamen.«
    Faraday wollte das nicht glauben. »Aber wie konnten die Unseren denn mit diesen Kreaturen zusammenleben, die doch allen Berichten zufolge garstig und schrecklich sind?«
    »Der Seneschall lehrt, daß es sich bei den Ikariern wie bei den Awaren um gräßliche Wesen handelt. Aber erst nachdem der Seneschall in Tencendor an Macht gewonnen hatte und die Lehre vom Pflug verkündete, kam es zum Bruch zwischen den Völkern.«
    Dem Mädchen gefiel überhaupt nicht, was der Hagere da anzudeuten schien. »Wollt Ihr damit etwa sagen, daß …« Ihre Zunge weigerte sich, diese Ungeheuerlichkeit auszusprechen. »… daß die Ikarier und die Awaren nicht die Hauptschuld am Ausbruch der Kämpfe mit den Gläubigen des Pflugs trugen? Daß am Ende der Seneschall den Krieg auslöste?«
    »Die Unaussprechlichen waren verdorben und böse, und deswegen half der Seneschall den Heeren Achars, sie aus dem Land zu vertreiben, ihre Hinterlassenschaft auszurotten und die Wälder zu roden«, warf Merlion mit hartem Unterton ein.
    Die Worte

Weitere Kostenlose Bücher