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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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errichtete ihm das Volk einen solchen Hügel und versah ihn natürlich mit einer Kammer wie dieser. Unter dem Boden befindet sich eine lange Treppe, die zum Sternentor führt. Nachdem man dies alles errichtet hatte, wurde der Leichnam des Zaubererkönigs auf diesen Tisch gelegt, und danach versiegelte man die Anlage. Sobald dies geschehen war, begab sich der Fürst die Stufen hinunter, gelangte vor das Tor und trat hindurch. Jedes Grab besitzt seinen eigenen Zugang. Insgesamt gibt es demnach sechsundzwanzig davon, für jeden König einen. Der Sage nach soll der Zauberer warten, sobald er das Sternentor durchschritten hat.«
    »Er wartet? Aber worauf denn?« fragte Faraday mit geröteten Wangen. Sie hätte nie gedacht, daß die verrufenen Unaussprechlichen etwas so Schönes, Schlichtes geschaffen hatten. Trotz ihrer strengen religiösen Erziehung verlor sie zunehmend ihr Unbehagen an allem, was mit Zauberei zu tun hatte. Und die Geschichten von Sternenreisenden und Sternentoren faszinierten sie immer mehr.
    »Wer weiß das schon, liebe Kleine?« Die Katzenfrau hob die Schultern. »Irgend etwas gibt es sicher, worauf sie warten.«
    Timozel gefiel die ganze Geschichte immer weniger. Wie konnten Zaubererkönige sich nach ihrem Tod noch fortbewegen? Zu Recht verwarf der Seneschall alle Magie als böse. Yr gesellte sich zu ihm, legte ihm vertraulich eine Hand auf die Schulter und lehnte sich an ihn. »Wer vermag schon zu wissen, wie tote Fürsten die Treppe hinunterkamen? Ich muß gestehen, daß die Lebenden mir viel näher sind.« Sie strich ihm mit der anderen Hand über die Brust und kam ihm immer näher.
    Timozels Miene verhärtete sich, und er entfernte Yrs Hand von seiner Brust. Bewirkte die Katzenfrau gerade einen Zauber an ihm? Yr hob noch einmal die Schultern, entfernte sich von ihm und schloß den Umhang, der sich wie von selbst geöffnet hatte.
    »Genug geredet«, entschied Jack. »Wir sollten uns an den Abstieg machen. Schließlich haben wir keine Vorräte dabei. Je eher wir hindurchgeschritten sind, desto schneller können wir uns auf die Suche nach Wasser und etwas Eßbarem begeben.«
    Er hob seinen schweren Stab auf, hielt ihn in der Linken und fuhr mit der Rechten leicht über den Metallaufsatz. Faraday sah genau hin. Die Oberfläche war von Linien überzogen, die komplizierte Muster ergaben, und der Knauf selbst besaß die Größe und Dicke einer Männerfaust. Das Metall wies eine eigenartige dunkle Färbung auf, so als sei es im Laufe vieler Jahre matt und stumpf geworden. Aber dann zog Jack selbst ihre Aufmerksamkeit auf sich. Er schien tatsächlich mit dem Stab zu sprechen. So leise zwar, daß Faraday kein Wort verstand, aber mit einer auf- und abschwellenden Stimme, als sänge er. Blasses hellgrünes Licht pulsierte im Rhythmus des Lieds in seinen Fingerspitzen. Yr trat leise hinter das Mädchen. »Tretet einen Schritt zurück, liebes Fräulein. Ihr dürft nicht im Weg stehen.«
    Die beiden Frauen gesellten sich zu Timozel, der sich an eine Wand zurückgezogen hatte. Er starrte den Wächter mit mißtrauischen Blicken an, und seine Hand ruhte auf dem Schwertgriff.
    Plötzlich ergriff Jack den Stab mit beiden Händen, drehte sich um die eigene Achse und wirbelte ihn in Schulterhöhe herum. Dann klopfte er mit der Metallspitze auf den Boden.
    »Eorez dontai, Sternenreisender!« rief er, und im selben Moment senkte sich ein großes Stück des Bodens und schob sich unter den Rest. In der Lücke zeigten sich die Stufen einer Wendeltreppe, die sich bis in die dunkle Tiefe fortsetzte.
    »Ich bin beeindruckt, Jack«, schnurrte Yr leise. »Offenbar hast du während der langen Wartezeit auf den Sternenmann viel gelernt.« Der Schweinehirt, der nachdenklich die Treppe betrachtet hatte, hob den Kopf. Was seine juwelenhellen Augen erblickt hatten, schien ihn nicht ganz befriedigt zu haben. Aber er nickte, um der Katzenfrau für ihr Kompliment zu danken.
    »Gehen wir. Timozel, Ihr bildet mit einer der Lampen den Schlußmann. Ich führe die Gruppe mit der anderen. Die Frauen nehmen wir zwischen uns. Uns steht bestimmt ein langer Abstieg bevor. Bitte seid vorsichtig. Die Stufen sind nicht immer eben.«
    Sie kamen nur langsam vorwärts. Die Treppe erwies sich tatsächlich als steil. In engen Spiralen wand sie sich tief hinunter in den Bauch der Erde. Jack, Faraday und Yr mußten ihre Umhänge anheben, um nicht auf den Saum zu treten und so ins Stolpern zu geraten. Der Schweinhirt gab bald die Lampe an die Katzenfrau

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