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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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weiter, weil er sonst den Mantel und den schweren Stab nicht hätte halten können.
    Faraday wandte ihre ganze Aufmerksamkeit auf, um nicht auszugleiten oder zu fallen. Die Stufen schienen kein Ende zu nehmen, und sie wußte irgendwann nicht mehr, wieviel Zeit verstrichen war. Knie und Waden schmerzten schon nach wenigen Minuten, und je tiefer sie gelangte, desto stärker wurde der Schmerz. Als Yr unvermittelt stehenblieb, prallte sie gegen die Katzenfrau.
    »Paßt doch auf!« fauchte Yr. »Jack hat gerade angeordnet, eine Rast einzulegen.«
    Faraday murmelte eine Entschuldigung und setzte sich hin, um sich die Waden zu massieren. »Wie weit noch, Jack?«
    »Wir haben etwa die Hälfte geschafft«, antwortete der Schweinehirt. Das Mädchen bemerkte mit Genugtuung, daß auch die beiden Wärter sich die Beine rieben. Offensichtlich bewahrte selbst Magie nicht vor überanstrengten Muskeln. Timozel hingegen stand da, als bereitete ihm der Abstieg nicht die geringste Mühe.
    Die Katzenfrau kämmte Faraday mit den Fingern das nasse und zerzauste Haar. Das Mädchen ließ sich diese Behandlung mit einem wohligen Lächeln gefallen und schloß die Augen. Sie hätte zwei Jahre ihres Lebens für ein warmes Bad gegeben. Yrs Berührungen entspannten sie so sehr, daß sie fast eingeschlafen wäre.
    Während die Edle die Augen geschlossen hielt, streckte der Jüngling heimlich die Beine, und die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen, als auch bei ihm die Schmerzen endlich nachließen. Er seufzte und lehnte sich an die Steinwand.
    Für eine Weile sah Timozel der Katzenfrau zu, wie sie Faradays Haar behandelte, dann fielen auch ihm die Augen zu.
    Er saß auf einem Riesentier, keinem Roß, sondern einem anderen Wesen, das am Himmel auf und ab tauchte. Und es schrie mit der Stimme eines …
    Der Jüngling riß die Augen weit auf und straffte seine Gestalt. Für einen Moment hatte er tatsächlich geglaubt, daß …
    »Was ist denn?« fragte Jack leise, aber mit hörbarer Besorgnis. Yr und Faraday waren viel zu beschäftigt miteinander, um auf den Jüngling zu achten.
    »Nichts«, gab Timozel schroff zurück. »Gar nichts.«
    Der Schweinehirt sah ihn noch eine Weile an und wandte sich dann wieder der dunklen Tiefe zu, die vor ihnen lag. Kein Wunder, daß der Axtschwinger so fahrig wirkt, dachte er. Die Treppe ist voller Erinnerungen an fremde Schritte. Jack versuchte, Ruhe zu bewahren, und wünschte, das Schicksal hätte sie nicht ausgerechnet zu diesem Grabhügel geführt. Bei der Prophezeiung!
    Behutsam lehnte sich Timozel wieder an die Wand und senkte erneut die Lider.
    Er stritt für einen großen Fürsten, und im Namen dieses Herrn befehligte er ein gewaltiges Heer, das sich viele Meilen weit in jede Richtung erstreckte …
    Wieder riß der Jüngling erschrocken die Augen auf, doch mehr ließ er sich nicht anmerken. Befehligte ein gewaltiges Heer? Was hatte das zu bedeuten? Timozel hätte beinahe gegrinst. Er sollte an der Spitze einer großen Streitmacht stehen?
    Nicht, solange Axis den Befehl hat, dachte er säuerlich. So sehr bemüht, mich den anderen nicht vorzuziehen, bloß weil er mit meiner Mutter das Bett teilt. Da kann ich von Glück sagen, wenn ich im Alter von fünfzig Jahren einen Reitertrupp befehligen darf. Schmerzliches Bedauern durchfuhr ihn, tiefer, als er es je zuvor gespürt hatte. Bei den Axtschwingern stand ihm keine glänzende Zukunft bevor.
    Die Augen fielen ihm noch einmal zu.
    Der kalte Wind wehte ihm in den Rücken, als Hunderttausende seinen Namen riefen und sich bereithielten, jeden seiner Befehle auszuführen. Vor ihnen war ein anderes Heer aufmarschiert, der bemitleidenswerte Feind, dem bereits die Knie schlotterten. Was vermochte der schon gegen Timozels Feldherrengenie auszurichten? Der Befehlshaber der Gegenseite lag im Bett, vermutlich weil er nicht den Mut aufbrachte, ihm in ehrlichem Zweikampf gegenüberzutreten.
    Artor mußte ihm diese Vision geschickt haben. Vermutlich zur Belohnung dafür, vor Faraday den heiligen Schwur der Ritterlichkeit abgelegt zu haben.
    Bedeutende Siege erwarteten ihn …
    »Ja …«, flüsterte der Jüngling.
    Im Namen seines Herrn sollte er Achar von dem Gewürm reinigen, das es überfallen hatte …
    »Genau!« entfuhr es Timozel laut. Er glaubte, schon die Macht zu spüren, die er in Händen halten würde. Seine Fäuste ballten sich erwartungsvoll.
    Sein Name würde auf alle Zeit in den Sagen fortleben … »Timozel?« Das Mädchen berührte ihn an der Hand. »Ist

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