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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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uns vorbei.«
    » W enn Sie sich nicht noch ein blaues Auge einhandeln wollen«, fügte Carla hinzu. »Ich h a be Jiu-Jitsu gelernt.«
    Das war gelogen; sie kannte den B e griff nur aus den Abenteuerhörspielen im Rundfunk, in denen sie g e legentlich m itwi r kte. Aber sie sagte es beiläufig, selbstverständ l ich, wie die m eisten ihrer Lügen, und die Männer schauten einen M o m ent lang irritiert drein. Dann faßte sich i h r Anführer wieder.
    »Gehen S’ her«, antwortete er wegwerfend. »Ein zartes Frauenzim m er wie Sie.«
    Käthe blickte sich u m . Auf der Straße befand sich außer ihnen nie m and m e hr, denn über die Aufräu m arbeiten war es spät geworden. Aber sie konnte ein Motorgerä u sch hören. Gerade, als der Mann m it d e m blaugeschlagenen Auge C a rla unter das Kinn faßte, bog ein Wagen um die Ecke. Ohne zu zög e rn, brach K äthe aus dem kleinen Kreis aus und rannte winkend auf die Straße. Der W agen hielt an. Je m and auf dem Fahrersitz kurbelte sein Fenster nach unten, und sie hörte eine Männerstimme fra g en, ob sie Hilfe benötige.
    »Ja«, keuchte sie und schaute zu Carla zurück. Die Männer hatten den W agen ebenfalls be m erkt. Als der Chauffeur ausstieg, liefen sie weg wie a u fgescheuchtes W ild. Was für Fei g linge, dachte Käthe, aber darauf hatte sie gehofft. Sol c he Kerle waren nur stark, wenn sie ihre Opfer für wehrlos und allein hielten. Sie ging zu Carla zurück.
    »Ist dir auch nichts passiert ? «
    »Nein«, entgegnete Carla, sehr kühl, was Käthe überraschte und ein wenig verletzte, bis sie be m erkte, daß Carla an ihr vorbei zu dem Besitzer des W agens blickte, der i n zwischen e b enfalls a u s g estiegen war. Er k a m ihr bekannt vor, aber nicht sehr; als er sich näherte und der Schein der Straßenlaterne auf sein Gesicht fiel, erinnerte sie sich wieder, obwohl sie ihn nur ein paar m al gesehen hatte: während seiner Verlobung m it Marianne Fehr.
    »Guten Abend, Fräulein Brod«, sagte er zu ihr, und Käthe wunderte sich, daß er ihren Na m en noch w ußte; sie hätte darauf gewettet, daß er noch nicht ein m al die sei n er eigenen Angestellten kannte.
    »Guten Abend, Herr Bach m aier«, erwiderte sie for m ell. Er schaute zu Carla, obwohl er sich weiter an Käthe wandte.
    »Sie benötigen also Hilfe, Fräulein Brod ? «
    »Jetzt nicht m ehr«, sagte Carla e i sig. »Die Vo r stellung ist vorbei, und genau m it deinem Eintreffen. Was für ein Zufall.«
    »Ja, m anche Leute wissen eben, wann sie zu kommen und zu gehen haben«, entgegnete Philipp. »Trotzdem möchte ich anbieten, dich und Fräulein Brod nach Hause zu bringen. Man kann nie wissen, was sonst noch passiert.«
    »Gut«, willigte Käthe ein, ehe C a rla den Mund öffnen konnte. Ihr war heute nicht nach noch m ehr Herois m us, und sie konnte auf weitere Konfrontationen mit nationals o zialistischen Schlägern verzichten. W enn sie dazu d ie Hilfe eines reaktionären Kapitalisten akzeptieren m ußt e , dann sei dem so. Er konnte sein Benzin für schlim m ere Dinge verbrauchen.
    Sie nannte dem Chauffeur ihre Adr e sse und setzte sich auf den Beifahrersitz, um ihm nötigenfalls den Weg zu we i sen. Carla ignorierte die Tür, die ihr Philipp Bach m aier a u fhielt, ging um das Auto herum und stieg absichtlich auf der anderen Seite ein, was Käthe ein kleines Lächeln abrang. Als sie Carla heute auf der Bühne erlebt hatte, wie sie m it Erika Mann da stand und sich von dem allge m einen Chaos und der Gefahr nicht einschüchtern ließ, war ihr ihre Schülerin zum ersten M al als erwachsene Frau erschienen. Aber offenbar hatte s i ch Carla ein paar ihrer kindlichen Abneigungen und Gesten im vollen Umfang erhalten.
    Während der Fahrt wec h selte Carla k ein W ort m i t i h rem Schwager, der ebenfalls von sich aus nicht spr a ch, so daß sich Käthe schließlich zu ein paar höflichen Sätzen über das W etter be m üßigt fühlte. Außerdem bemühte sie sich, eine U n terhaltung m it d e m Chauffeur in Gang zu bringen, weil sie nicht d e m Laster der herrschenden Klassen verfallen und Menschen als Teil der m echanischen Ausrüstung behandeln wollte, doch der Mann erwies sich als einsilbig. Als sie endlich vor dem Mietshaus anka m en, in dem K ä the wohnte, war sie m ehr als erleichtert.
    »Auf W ied e rsehen, Herr Bach m aier, und vielen Dank.«
    »Auf W i ed er sehen, Fräulein Brod.«
    Carla sagte immer noch nichts, w a s Käthe zu einer Be m erkung veranlaßte, als sie erst ein m al d i e Tr e

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