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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Plötzlich erinnerte sich Rob e rt an etwas, das ihm Jean-Pierre vor Jahren erzählt hatte, etwas, das die Griechen in besonders glücklichen Mo m enten zu sagen pflegten: Stirb j e tzt. Stirb jetzt, denn es kann nichts Besseres m ehr kom m en. Er fröstelte. Es war albern, aber er m ußte daran denken, daß Carla gerade den Durchbruch zum Fi l m ruhm geschafft hatte, daß ihm selbst alle Möglichkeiten offenstanden. Sogar Philipp, ein Mann m it dem ausgesprochenen Talent, sich und andere unglücklich zu m achen, sah zur Abwechslung ein m al fast zufrieden dr ein, währe n d er m it Carla zu d en s c hweren, trä g en Klängen eines langsa m en Foxtrotts tanzte. Jede Glückssträhne hat einmal ein Ende.
    Stirb jet z t.
    Stirb, bevor die Götter es sich anders überlegen und dich ins Unglück stürzen.
    »Robert, was ist denn los m it dir ? « fragte Nina, die ihn endlich ausfindig ge m a cht hatte. »Du schaust aus, als sei je m and über dein Grab gelaufen.«
    Er fand ein passables L ächeln für sie. »So was Ähnliches. Hast du Lust zu ta nz en?«
    »Klar, Chef«, lachte sie, und bald vergaß er das bedrohliche Gefühl einer W arnung, das ihn für einen Mo m ent heimgesucht hatte, und begann sie davon zu überzeugen, das Schillertheater zugunsten der ersten F il m produktion des Her m es-Ense m bles zu verlassen.
     

16. KAPITEL
     
    Michael Maitgers weitgehend nüchte r ne Periode hatte ihr endgültiges Ende gefunden, aber vorher gelang es ihm noch, den R a h m en für ihre Gesc hi chte zu zim m ern, nach dem Robert vergeblich gesucht hatte. In den bisherigen Fassungen erzählten Heinz Ifflands Freunde und Feinde Perioden aus seinem Leben einem Biographen als Material für sein Buch. In der letzt e n F assung, die er ablieferte, ehe er Peter W e r m uts Aufsicht entkam und eine dreitägige Sauftour durch die Stadt begann, um seine Rückkehr nach Berlin zu feiern, wurde aus dem Biographen ein Journalis t , der heraus f inden will, was das Wort zu bedeuten hat, das der ste r bende Iffland angeblich geflüstert haben sollte: W underhold. Keiner d e r Menschen, die er befragt, kann ihm m itteilen, ob es s i ch um eine Person, eine Sache oder einen Ort handelt; erst a m Schluß des Fil m s, während des Räu m ung s verkaufs von Josefsstätten, dem Leopoldskron des Fil m s, zeigt sich dem Zuschauer, und nur ih m , daß es sich um Ifflands erste Mari o nette handelte, die ihm seine Mutter vor ihrem Tod geschenkt hatte.
    » W underbar«, verkündete Robert und rieb sich die Hände. »Jetzt können wir anfangen, Kinder!«
    Es war ihm gelungen, den größten Teil seiner alten Truppe wieder zusam m en z ubekommen. Genau wie ihm selbst und dem Rest der Mitspieler, m it Ausnah m e von Carla und Hugo, fehlte ihr jede Leinwanderfahrung.
    »Junge«, sagte Tim B e rger halb bel u stigt, halb ehr f ürchtig, »hast du eigentlich kein bißchen Angst, m it so vielen Neulingen in dieses Geschäft einzusteigen?« Und das e nor m e Budget aufs Spiel zu setzen, das Astoria in d ies e n Film steckt, wollte er hinzu f ügen, aber e r ließ es, denn er hatte bereits die E r fahrung ge m acht, daß R obert von Geld nur einen sehr vagen Begriff und gegenüber Schulden eine gänzlich unbekümmerte Einstellung hatte.
    »Nein. Sie sind alle gut, und«, Robert zwinkerte ihm zu, »sie tolerieren m i ch.« Er schaute sich m it glänzenden Augen in dem Studio u m , wo gerade Ifflands Büro entstand, seufzte und schloß: »Ganz ehrlich, das ist die schönste Spie l zeugeisenbahn, die je einem Jungen geschenkt w urde.«
    So blieb es auch während der Dre h arbeiten. R o bert ler n te m it seiner raschen Auffassungsgabe sehr schnell, was Berger ihm erklärte, doch er akzeptierte nie, daß es D i nge gab, die man m it einer K a m era nicht fertigbringen konnte, und das t r ieb Tim Berger zu im m e r neuen Experi m enten. Kleinigkeiten wie e i n verstauchter Knöchel hielten Robert nicht im geringsten auf; er drehte einfach alle von Hugos Szenen ohne Iffland zuerst. Hugo spi e lte den Kritiker Gregor Greifer, Mait g ers zie m lich durc h sichtige Parodie auf Karl Kra u s, d e r bis h er noch jede Reinhardtsche Aufführung verrissen hatte. In ihrer Jugend hatten sie ein m al g e m einsam auf d e r Bühne gestanden, in den Räubern, ein A uftritt, der für Karl K r aus zu einem völligen F i asko und dem Ende s einer kurzen Bühnenlaufbahn wurde. Maitger hatte das ausgebaut; in seinem Drehbuch waren Iffland und Greifer Jugendfreunde, bis Greifer sich

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