Unter dem Zwillingsstern
Juden engagiert.«
Robert hörte auf, sich hinter den Ohren zu kratzen, wo die zwischenzeitlich entfernten Fischschuppen im m e r noch juckten, und starrte ihn an.
» W as? Aber Peter, du bist doch selbst…«
»Ja, ich weiß, und er ist Halbjud e , wie m an das heutzutage nennt.« We r m ut zündete sich eine Zigarette an und fuhr sarkastisch fort:
»Mein lieber Robert, die besten W itze gegen Juden sind schon i m m er von Juden gekommen. Was Michael angeht: Wenn du mich fragst, sind Hel m ut und Brigitte nicht dieje n igen, die ihn stören, er s ucht nur einen Vorwand, um St r eit m it dir anzufangen. Bis jetzt ging ihm einfach alles zu glatt, um wahr zu sein. Und du weißt doch, wie Trink e r sind.«
»Ja«, sagte Robert, »das weiß ich. Und du, Peter ? «
We r m ut hätte vorgeben können, nicht zu verstehen, was er m einte, doch er ließ es bleiben.
»Man braucht keine Vorwände, wo m an Gründe hat«, sagte er, warf seine Zigarette auf den Bod e n, trat sie aus und nahm seinen Hut. Ehe er ging, zwangen die Aufrichtigkeit und der selbstquälerische Stolz, den er in bezug auf Robert e m pfand, ihn noch zu einer Ergänzung: »Aber ich zweifle nic h t daran, daß der Film außergewöhnlich werden wird.«
»Ich wußte es«, erklärte Käthe triu m phierend. »Vierunddreißig Mandate weniger! Der Ans t r e ich e r i s t e r ledi g t !«
Obwohl die Reichstagswahl am 6. Nove m ber nun schon eine W eile zurücklag, zehrte sie i mm er noch v on der Freude darüber, daß die NSDAP den ersten m assiven Verlu s t an W ählerstim m en seit Jahren hatte hinneh m en m üss e n. Ihr Besuch in Berlin bei Carla sollte das Mädchen da m it versöhnen, daß sie nic h t zu ihrer Fil m pre m i ere hatte kom m en können. In einem Fi l m m i t einem so groschenhe f tverbundenen The m a wie Vampiris m us m it z uwirken entsprach zwar nicht unbedingt Käthes Vorstellung von einer sinnvollen Art und Weise, sein Geld zu verdienen, aber s ie a kz epti e rte m ittlerweile, da ß es Ca r la glücklich m achte. Üb e rdies ließ sich nicht leugnen, daß sich Carlas ökono m i sche Situation verbessert hatte, was zweifellos auf die Menschenschlangen zurückzuführen war, die vor den Kinos, die Carmilla zeigten, standen. Als ihre ehe m alige Schülerin sie vom Bahnhof in ihre neue Wohnung, eine richti g e W ohnung, brachte, fragte Käthe zuerst b esorgt, ob Carla etwa ihr E rbe dafür aufgebraucht habe.
Carla lachte. »Nein, Kathi, das geht auch gar n i c ht, weil m ein Erbe aus Aktienpapieren bestand, die nach dem Börsenkrach nichts m ehr wert waren. Aber ich ha be m ittler w eile eini g es g espart, und der Vertrag m it Universal hat sich für m i ch wirklich gelohnt.«
Die Geschichte m it den Aktien k l ang nicht unwahrscheinlich, doch Käthe konnte nicht ver g essen, daß Philipp Bach m aier den Nachlaß des unsäglichen Heinrich Fehr an seine jüngere Tochter bis zu deren Volljä h rigkeit verwaltet hatte, und trauri g e E r fahrung hatte sie belehrt, daß Verwandte zu allem fäh i g waren, wenn es um das Aufteilen eines Erbes ging. Sie äußerte die s en Verdacht vorsichtig, denn sie hatte Carl a s let z ten Aus b ruch hin s ic h tlich i h res S chwagers nicht v e rgessen.
Zu ihrer Verwunderung entgegnete Carla m it einer leichten Gri m asse: »Nein, ich glaube nicht, daß er etwas u n terschlagen h at. Das ist nicht s ein Stil.«
» W ieso nicht? W enn du dem Mann zutraust, daß er uns von drei Schlägern verfolgen läßt…«
Carla zögerte, dann erwiderte sie: » E r weiß schließlich, daß ich m it der Heirats u rkunde m einer Eltern a u f wesentlich m ehr klagen könnte.«
»Carla«, sagte Käthe argwöhnisch, »er hat dich doch nicht etwa eine Verzichtserklärung u n terschreiben lassen ? «
»Nein«, antwortete Carla und wirkte leicht verblüfft. »Hat er nicht, aber du hast recht, das läge nahe.« Sie runzelte die Stirn, dann lächelte s i e wie d er. »Mach dir kei n e S o rgen. Ich würde nie etwas unterschreiben, was Philipp mir vorlegt, aber ganz ehrlich, ich brauche das Geld nicht. Es ist m i r viel lieber, wenn ich von m ein e m eigenen lebe. Das verstehst du doch, oder ? «
Käthe hatte ihr, als sie einundzw a nzig wurde, das Du angeboten.
»Selbstverständlich«, meinte Käthe gerührt und stolz, dieses wichtige Prinzip so tief in ihr e r Schüle r in v e rankert zu haben. Sie ließ sich die Kriti k en zeigen, unterdrückte je d e B e m erkung über deren Stil und hörte m it Freude, daß Carla,
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